Shakran
Wie eine Champagnerflasche, die geöffnet wird. Er hat zu mir gesagt, dass er mich ganz stark liebt, und dann hat er mich gezwungen, durch das Badezimmerfenster zu steigen und wegzulaufen. Hätte ich mich nicht so lange gewehrt, hätte er auch fliehen können ...«
Nasreen weinte. Ann nahm sie in die Arme und strich ihr über die Haare. Es war ein seltsames Gefühl nach all den langen Jahren, aber es war ein richtiges Gefühl. Sie schloss die Augen und atmete den Geruch ihrer Tochter ein. Eigentlich wollte sie zusammenbrechen, alles hinwerfen, aber ihre Tochter in den Armen zu halten gab ihr Kraft.
»Ich glaube, er wollte gar nicht fliehen«, murmelte Nasreen an Anns Schulter.
»Das glaube ich auch. Er war ein großartiger Mensch«, antwortete Ann.
»Ich habe gehört, dass er dieses Miststück getroffen hat. Stimmt das?«
»Es scheint so ...«
Nasreen befreite sich aus Anns Umarmung. Ihre Augen glänzten, und Genugtuung schwang in ihrer Stimme mit. »Ich hoffe, Shakran verreckt wie ein dreckiger Hund.«
Ann lehnte sich zurück. »Er hat dir alles erzählt?«
Nasreen nickte und lächelte zaghaft. »Er hat gesagt, es würde ihm leichter fallen als dir ... War es schlimm für dich?«
»Jetzt nicht mehr.« Ann wischte sich über die Augen. »Wenn er dir alles erzählt hat, dann weißt du, dass ich mein Leben an diesen Shakran verschwendet habe.« Sie atmete tief durch. »Wäre ich nicht so verbohrt gewesen, wäre der Admiral noch am Leben.«
»Shakran hat meinen Großvater und meinen Vater auf dem Gewissen. Beide Großväter ...« Nasreen sah Ann entschlossen an. »Es war deine Pflicht.« Nasreen sagte es so, als glaubte sie es wirklich.
Ann lachte bitter. »Dein Großvater konnte dir nicht alles erzählen, weil er nicht alles gewusst hat. Du bist mit einer Lüge aufgewachsen, du hast keine Mutter gehabt. Das war keine Pflichterfüllung mehr. Das war Fanatismus. Das hat dein Großvater mir vorgeworfen, und er hatte recht. Dieser Fanatismus hat deine ganze Familie umgebracht, deine Großeltern, deine Onkel und Tanten und auch deinen Vater.«
Nasreen schüttelte den Kopf. »Großvater hat gesagt, dass es Shakran war, der sie umgebracht hat, nicht dein Fanatismus. Und er hat gesagt, es wäre die Pflicht jedes Einzelnen, sich in Gefahr zu begeben, um für das einzustehen, woran man glaubt. Und so sehe ich das auch. Ich will helfen, Shakran zu erwischen!« Nasreen strich über Anns Wange. »Du hast gesagt, ich hätte keine Mutter gehabt. Aber glaub mir, ich habe immer gewusst, dass du nicht meine Tante bist. Du warst oft weg ... Ich habe immer daran geglaubt, dass du wiederkommst. Du hattest es mir ja versprochen!«
Ann nahm sie in den Arm und hielt sie fest. Lange saßen sie so da, bis Nasreen sich schließlich aus ihren Armen löste.
»Was machen wir jetzt? Ich bringe wahrscheinlich deine Pläne durcheinander.«
»Sag das nicht. Du hast keine Ahnung, wie wichtig es mir ist, dass ich dich bei mir habe. Trotzdem, ich werde dich zu einem Freund von mir bringen.«
»Damit ich aus der Schusslinie bin?«
Ann nickte.
Nasreen sah sie lange an. »Okay. Aber nicht heute. Erst will ich Mark, Val und Samson kennenlernen.«
Ann sah sie überrascht an. »Du weißt von ihnen?«
Nasreen lächelte. »Ich schaue fern und lese Zeitung. Abgesehen davon, hat Großvater mir gesagt, dass es Agent St. Clair nicht so schlecht geht, wie man offiziell sagt.«
»Das war unvorsichtig von ihm.«
Nasreen nickte. »Das hat er auch gesagt ...« Sie legte eine Hand auf Anns Arm. »Lass uns weiterfahren. Mir geht es besser.«
Ann musste lächeln, auch wenn es fast ein bisschen wehtat. »Mir geht es aber noch nicht besser.«
»Das wird schon. Jetzt, wo wir zusammen sind«, sagte Nasreen. »Lass mich fahren.«
Ann blinzelte. Nasreen war alt genug, um Auto zu fahren! Sie hatte so viele Jahre verpasst ... Sie nickte und rutschte auf den Beifahrersitz, während Nasreen um den Wagen herumging. Shakran ... Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Nicht Shakran. Moire. Sie hatte Shakran ja schon gehabt. Ohne Moire wäre das alles nicht passiert.
»Jackie?« Nasreen hatte den Motor angelassen und sah Ann besorgt an.
Es war ein seltsames Gefühl, diese Sorge in den Augen ihrer Tochter zu sehen. Ann nickte und schnallte sich an. »Es ist okay. Du kannst losfahren.« Sie öffnete das Handschuhfach und nahm ein Ledermäppchen heraus. Sie hatte die Pistole im Landhaus gefunden. Die Waffe mochte zwar alt sein, aber es war der gleiche Typ wie Normans
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