Shakran
»Ich habe für eine Abteilung der CIA gearbeitet, die illegal im Inland operiert. Angeblich ausgestattet mit Extravollmachten des Präsidenten. Ultrageheim und so weiter. Mittlerweile weiß ich nicht mehr, ob das stimmt. Vielleicht war es nur ein Vorwand.« Er nippte nachdenklich an seinem Orangensaft. »Aber wie sollte ich mir sonst erklären, dass wir an alle Informationen kommen, die dem FBI, der CIA und auch der NSA zugänglich sind? Das kann doch eigentlich nur eine Regierungsstelle sein, oder?«
»Hhm«, machte Ann. Sie trank noch einen Schluck Tomatensaft und sah Samson neugierig an. »Du bist wirklich ein Müllmann? Einer, der die Leute wegräumt, die der Regierung schaden?«
»Ich dachte, ich würde die Verfassung schützen. Was für ein Witz! Wenn einer der Verfassung geschadet hat, dann wir ...« Er sah nachdenklich in sein Glas. »Eine Zeitlang bin ich damit klargekommen, aber vor ungefähr zwei Jahren kam der erste Mord. Ich habe die Unterlagen gesehen, es sah wirklich so aus, als wäre es ein Staatsfeind, den man nicht anders bekommen konnte. Er hatte Regierungsstellen erpresst, Geheimnisse ans Ausland verraten ... Dennoch, es war Mord ...« Er sah ihr Gesicht und lachte bitter. »Nein, ich habe ihn nicht umgebracht. Tatsächlich habe ich seit meiner Zeit bei den SEALS niemanden mehr getötet. Aber ich war dabei, ich hätte es verhindern können. Das kommt aufs Gleiche raus. Aber ich bin mir sicher, dass ich deswegen nie vor Gericht stehen werde. Niemand würde zulassen, dass ich aussage.«
»Willst du damit sagen, dass man versuchen könnte, dich umzubringen?«
Samson schüttelte den Kopf. »Ich glaube, nicht. Dazu ist mein Boss zu clever. Solange ich nichts Offizielles tue, wird man mich in Ruhe lassen. Die wissen, dass ich weiß, was gut für mich ist.«
»Aber das, was du jetzt tust, ist bestimmt nicht gut für dich.«
»Aber auch nicht offiziell. Ich hoffe, dass wir das Val und Mark begreiflich machen können. Sie sind überraschend flexibel. Ich wundere mich wirklich, dass sie uns beide nicht verhaftet haben.«
»Das können sie immer noch tun.«
»Wohl wahr.« Er sah sie nachdenklich an. »Ich jedenfalls werde nicht mehr rennen. Und du?«
»Ich auch nicht. Wenn es sich vermeiden lässt.« Abrupt stand sie auf und ging ruhelos hin und her. »Erzähl mir von der Operation Tailsting.«
»Einer der vielen Einsätze von Team Omega. Der letzte. Wir waren hinter einem der Drahtzieher von 9/11 her. Der Mann nannte sich El Farain. Beraten wurde er von einem Spezialisten. Genau hinter dem warst du her. Shakran. So hieß der Kerl, zumindest war das der Name, den du angegeben hast. Ein Typ mit einer bunten Vergangenheit. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, ist Shakran noch vom persischen Geheimdienst unter dem Schah ausgebildet worden. Du weißt, was das heißt, die CIA steckt mit drin.«
»Und wie ging es weiter?«, fragte Ann ungeduldig.
»Ein Behelfsflugplatz im Südjemen war unser Ziel. Du bist mit uns zusammen ausgebildet worden. Neun Wochen harter Drill, aber du hast nicht klein beigegeben. Damit hast du nicht nur mich mächtig beeindruckt.« Er lächelte. »Keiner hat dir am Anfang den Rang abgenommen, mit dem du da rumgelaufen bist. So ein Milchgesicht und dann Major? Blödsinn! Aber am Ende ... Am Ende haben wir es geglaubt. Wir haben gelernt, dir zu vertrauen. Und dann ging alles in die Hose ...« Samsons Blick ging ins Leere.
»Was ist passiert?«, fragte sie leise.
»Es war eine Falle. Wir haben erst später herausgefunden, dass sie einen Tag vorher gewarnt worden waren. Nur einen Tag! Wir sind mit Fallschirmen mitten rein, mitten in die Scheiße. Du hast uns mit einer alten klapprigen Maschine rausgeflogen. Das Ding hatte so viele Löcher, dass es aussah wie ein Schweizer Käse. Ich kann mich noch erinnern, wie eiskalt du uns gesagt hast, dass du die Kiste neben der Independence aufs Wasser aufsetzen würdest. Wäre ich nicht so high gewesen, hätte ich mir in die Hose gemacht.«
Sie sah ihn fragend an.
»Zwei Bauchschüsse. Ich war so voll mit Drogen, dass ich fast nichts mitbekommen habe. Ich habe sozusagen über den Dingen geschwebt. Als du die Kiste aufs Wasser aufgesetzt hast, habe ich angeblich Ol' Man River gesungen.«
Ann musste lächeln.
»Ich weiß nicht, wie du es gemacht hast, aber du hast mich mehr als dreihundert Meter weit geschleift, gezerrt oder getragen. Und du warst auch verletzt.« Er sah auf ihre Beine. »Das Loch im rechten Oberschenkel. Das hast du
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