Shannara III
Unbeirrbar und seines Weges sicher führte der Druide sie weiter, mit dem Gefühl von einem, der die Gegend kennt; er zauderte nicht einmal, welche Richtung einzuschlagen war. So schweigsam wie die Schatten um sie her schlüpften die drei zwischen Bäumen und Gebüsch hindurch und verschmolzen mit der Nacht.
Was werden wir hier tun? fragte sich Brin in ihrem Innern. Welchen dunklen Absichten des Druiden dienen wir heute nacht?
Dann lichteten sich die Bäume vor ihnen. Aus der grauen Dämmerung erhoben sich steil und hoch aufragend die Felsen von Paranor, und an ihrem Rand stand die alte Burg der Druiden, genannt die Festung. Sie schob sich in die Dunkelheit empor, ein monströser, in der Erde verwurzelter Eisen- und Steingigant. Aus dem Innern der Feste und des Berges, auf dem sie stand, erklang das Dröhnen, das sie schon früher gehört hatten, und das ständig lauter geworden war, je weiter sie sich genähert hatten, das tiefe Hämmern einer Maschinerie, die in unablässigem Rhythmus die Stille zerstampfte und ringsum alles erbeben ließ. Fackeln brannten wie Teufelsaugen in schmalen, eisenvergitterten Fenstern blutrot und gespenstisch vor dem Nachthimmel, und Rauchfahnen zogen in den Nebel. Einstmals waren Druiden durch die Hallen dahinter geschritten, und es war eine Zeit der Erleuchtung und großer Erwartungen für die menschlichen Rassen gewesen. Doch jene Zeit war dahin. Nun gingen nur noch Gnomen und Mordgeister auf Paranor um.
»Hört mich an«, flüsterte Allanon plötzlich, und sie beugten sich dicht zu ihm, um zu lauschen. »Hört, was ich euch sage, und zweifelt nicht. Brimens Geist hat mich gewarnt. Paranor ist in die Hände der Mordgeister gefallen. Sie suchen in seinen Mauern die versteckten Geschichtsbücher der Druiden, um ihre eigene Macht zu stärken. Die Festung ist schon mehrmals in die Hände von Feinden gefallen und konnte jedesmal zurückerobert werden. Diesmal jedoch wird das nicht gelingen. Es bedeutet das Ende alles Vergangenen. Das Zeitalter geht seinem Ende entgegen, und Paranor wird von der Erde verschwinden.«
Der Hochländer und das Mädchen aus dem Tal starrten den Druiden an. »Was wollt Ihr damit sagen, Allanon?« fragte Brin hitzig.
Die Augen des Druiden funkelten in der Dunkelheit. »Daß nach dieser Nacht zu meinen und euren Lebzeiten - zu Lebzeiten eurer Kinder und vielleicht auch eurer Enkel - kein Mensch mehr einen Fuß in die Mauern der Druiden-Festung setzen wird. Wir werden die letzten sein. Wir werden durch die unterirdischen Gänge, welche die Geister und Gnomen, die drinnen auf der Suche sind, noch nicht entdeckt haben, in die Festung eindringen. Wir werden dorthin gehen, wo die Macht der Druiden seit Jahrhunderten ihre Heimstatt hat, und werden mit dieser Macht die Festung für die Menschheit verschließen. Doch wir müssen uns beeilen, denn alle im Innern der Burg werden heute nacht sterben - auch wir, falls wir uns als zu langsam erweisen sollten. Wenn die notwendige Zauberkraft erst einmal freigesetzt ist, wird nur noch wenig Zeit bleiben, ihrer Wucht zu entkommen.«
Brin schüttelte langsam den Kopf. »Das verstehe ich nicht. Warum ist das notwendig? Warum kann sie nach dieser Nacht niemand mehr betreten? Was wird aus Eurer Arbeit?«
Der Druide strich ihr sanft über die Wange. »Sie ist beendet, Brin Ohmsford.«
»Aber der Maelmord, der Ildatch…«
»Nichts, was wir hier tun, kann uns bei unserer Aufgabe von Nutzen sein.« Allanons Stimme war nun kaum mehr zu hören. »Was wir hier tun, dient einem anderen Zweck.«
»Und wenn wir gesehen werden?« warf Rone unvermittelt ein.
»Dann werden wir uns den Weg freikämpfen«, antwortete Allanon sofort. »Wir müssen. Denk vor allem daran, Brin zu beschützen. Bleib nicht stehen, was immer geschieht. Wenn die Magie erst einmal angerufen ist, dreht euch nicht um und zaudert nicht.« Er beugte sich nach vorn und schob sein Gesicht nahe an das des Hochländers. »Sei auch dessen eingedenk, daß du mit deinem Schwert jetzt Druidenmacht besitzt. Nichts kann dich aufhalten, Prinz von Leah. Nichts.«
Rone Leah nickte ernst und zweifelte diesmal nicht an des Druiden Worten. Brin schüttelte langsam den Kopf, und die Vorahnung tanzte vor ihren Augen.
»Talmädchen.« Allanon sprach sie an, und sie hob den Blick zu seinen Augen. »Halte dich dicht an den Prinzen von Leah und an mich. Laß dich durch uns gegen jede Gefahr beschirmen, die drohen mag. Unternimm nichts, das dein Leben aufs Spiel setzen könnte. Du mußt
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