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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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wohl nicht der Mann, der den Sklavenhandel in Bekla wiedereingeführt hat, oder?«
    Kelderek nickte stumm.
    »Ach, das gibst du also zu? Und du weißt natürlich nicht, daß Graf Elleroths ältester Sohn vor über einem Monat verschwunden ist und daß unsere Spähtrupps von Lapan bis Kabin nach ihm suchen? Nein, du weißt nichts, nicht wahr?«
    Er hob die geöffnete Hand und grinste höhnisch, als Kelderek zurückfuhr.
    »Davon weiß ich nichts«, antwortete Kelderek. »Aber warum gibst du einem Sklavenhändler die Schuld am Verschwinden des Jungen? Ein Fluß, ein wildes Tier – «
    Der Soldat starrte ihn einen Augenblick an, dann antwortete er, anscheinend überzeugt, daß Kelderek nicht mehr wußte, als er gesagt hatte: »Wir wissen, in wessen Händen der Junge ist. Es ist Genshed aus Terekenalt.«
    »Ich habe noch nie von ihm gehört. Kein Mann dieses Namens ist berechtigt, in den Provinzen von Bekla Handel zu treiben.«
    »Du könntest die Sterne wütend machen«, sagte der Soldat. »Den kennt jeder, den dreckigen Schweinehund. Nein, es ist wohl möglich, daß er keine Vollmacht besitzt – nicht einmal du würdest ihm eine geben, nehme ich an. Aber er arbeitet für andere, die bevollmächtigt sind – wenn man das Arbeit nennen kann.«
    »Und du sagst, dieser Mann hat den Sohn des Statthalters von Sarkid gefangengenommen?«
    »Vor einem halben Monat nahmen wir in Ost-Lapan einen Sklavenhändler namens Nigon zusammen mit drei Aufsehern fest, die vierzig Sklaven bei sich hatten. Jetzt wirst du uns wohl sagen, daß du auch Nigon nicht kennst?«
    »Nein, an Nigon erinnere ich mich.«
    »Er erzählte General Erketlis, daß Genshed den Jungen habe und durch Toniida auf dem Weg nach Norden sei. Seither haben die Spähtrupps Toniida bis nach Thettit durchforscht. Wenn Genshed jemals dort war, jetzt ist es nicht der Fall.«
    »Aber wie konntet ihr annehmen, daß ich das weiß?« rief Kelderek. »Wenn das wahr ist, was du sagst, weiß ich ebensowenig wie du, weshalb Elleroth mein Leben geschont hat.«
    »Er hat dich vielleicht verschont«, sagte der erste Soldat. »Er ist ein feiner Herr, nicht wahr? Wir aber nicht, du Schweinehund, du Sklavenhändler! Ich glaube, wenn jemand weiß, wo Genshed ist, bist du es. Was suchtest du in dieser Gegend, und wie konnte er so glatt verschwinden?«
    Er ergriff einen schweren Stock, der auf dem Tisch des Verwalters lag, und lachte, als Kelderek zum Schutz den Arm hob.
    »Schluß damit!« schimpfte der in der Türöffnung erscheinende Gardekommandant. »Du hast gehört, was Graf Einhand sagte. Du sollst ihn in Ruhe lassen!«
    »Wenn die ihn in Ruhe lassen«, antwortete der Soldat. »Hör sie doch an!« Er schob einen Schemel zu dem hohen Fenster, stieg darauf und blickte hinaus. Der Lärm der Menge hatte sich womöglich noch verstärkt, wenn auch die Worte unverständlich waren. »Wenn sie ihn in Frieden lassen, ist Einhand der einzige, für den sie es täten.«
    Kelderek setzte sich abseits, schloß die Augen und versuchte, seine Gedanken zu sammeln. Wie ein Schachspieler, der zu verlieren nicht ertragen kann und der immer noch auf der Suche nach der Stellung für die geringste Rettungschance ist, so saß er dort und wälzte Elleroths Worte in seinem Gehirn. Wenn Shardik sterben sollte – aber Shardik konnte nicht sterben. Wenn Shardik sterben sollte – wenn Shardik stürbe, was blieb denn ihm noch auf der Welt zu tun? Warum schien noch die Sonne? Was war nun Gottes Absicht? Er saß so versunken und reglos dort, daß die Aufmerksamkeit seiner Wächter schließlich von ihm abließ und sie ihn nicht mehr beobachteten; er betrachtete die blanke Wand, als sähe er dort eine Ähnlichkeit zu einer größeren, unverständlichen Leere, die sich von Pol zu Pol erstreckte.
    Elleroths Sohn – sein Erbe – war einem Sklavenhändler ohne Konzession in die Hände gefallen? Er wußte selbst – wer konnte es besser wissen? –, wie sehr das möglich war. Er hatte von diesen Männern gehört, hatte viele Beschwerden über ihr Vorgehen in den entfernteren Teilen der beklanischen Provinzen bekommen. Er wußte, daß innerhalb der ortelganischen Ländereien Sklaven illegal gefangen wurden, die nie den Markt in Bekla erreichten, sondern über Toniida und Kabin nach Norden oder über Paltesh nach Westen verschleppt und in Katria oder Terekenalt verkauft wurden. Trotz der schweren dafür ausgesetzten Strafen war die Wahrscheinlichkeit, einen unrechtmäßigen Sklavenhändler festzunehmen, gering, solange

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