Sharpes Flucht
Boote, und dieses Etwas musste er bedrohen. Während sie jedoch auf die Häuser zuschlichen, ließ sich nichts Geeignetes finden. Es gab kein Vieh, mit Ausnahme von ein paar Hühnern, die in einem umzäunten Garten herumscharrten, doch die Männer, die die Fremden aus dem Ort getrieben hatten, feierten in einer Taverne ihren Sieg. Ihre Prahlerei und ihr Gelächter waren laut, und Sharpe spürte, wie sein Zorn wuchs.
»Schnell rein«, sagte er zu Harper, »wir jagen ihnen einen Todesschrecken ein.«
Harper nahm die siebenläufige Salvenbüchse von der Schulter. »Bin bereit, wann immer Sie es sind, Sir.«
»Wir beide gehen hinein«, sagte er zu Vicente und den Frauen. »Und ihr drei steht hier an der Tür und stellt euch hin, als wärt ihr bereit, eure Waffen zu benutzen.«
Er und Harper sprangen über einen Zaun, rannten an zwei Reihen Bohnen entlang und stießen die Hintertür der Taverne auf. Ein Dutzend Männer waren in dem Raum versammelt, sie scharten sich um ein Weinfass, und die meisten trugen ihre Gewehre noch über der Schulter, aber Sharpe war bei ihnen, ehe einer von ihnen seine Muskete abnehmen konnte, und Harper brüllte ihnen von der leeren Feuerstelle etwas zu und zielte mit der Salvenbüchse auf die Gruppe. Sharpe sammelte die geschulterten Musketen ein, und wenn sich ein Mann widersetzte, schlug er ihm mit dem Lauf seines Gewehrs ins Gesicht. Dann trat er das Weinfass aus seinem kleinen Ständer, sodass es mit einem Geräusch wie Kanonendonner auf den steinernen Boden knallte. Sobald die Männer durch den Lärm eingeschüchtert waren, zog er sich an die Hintertür zurück und richtete das Gewehr auf sie. »Ich brauche ein verdammtes Boot«, sagte er.
Vicente übersetzte. Er hängte sein Gewehr über die Schulter, ging langsam nach vorn und sprach ruhig. Vom Krieg sprach er, von dem Entsetzen, das über Coimbra hergefallen war, und er prophezeite den Männern, dass dasselbe auch ihrem Dorf bevorstand, wenn die Franzosen nicht besiegt wurden. »Eure Frauen werden vergewaltigt werden«, sagte er. »Eure Häuser verbrannt, eure Kinder ermordet. Ich habe es gesehen. Aber der Feind kann geschlagen werden, er wird geschlagen werden, und ihr könnt dabei helfen. Ihr müsst dabei helfen.« Plötzlich war er wieder ein Anwalt, die Taverne war sein Gerichtssaal und die entwaffneten Männer seine Geschworenen, und die Rede, die er hielt, war leidenschaftlich. Er hatte nie in einem Gerichtssaal gesprochen, er hatte seinen Beruf in einem Büro ausgeübt, wo er für die Einhaltung der Verordnungen zum Handel im Hafen sorgte, aber er hatte davon geträumt, als Verteidiger aufzutreten, und jetzt sprach er mit Eloquenz und Aufrichtigkeit. Er appellierte an den Patriotismus der Bürger, und da er wusste, was für Männer er vor sich hatte, versprach er ihnen, dass für das Boot bezahlt werden würde. »Der volle Preis«, sagte er, »aber nicht jetzt. Wir haben kein Geld bei uns, doch bei meiner Ehre, ich werde hierher zurückkehren und euch den Preis bezahlen, auf den wir uns einigen. Und wenn die Franzosen fort sind«, beendete er seine Rede, »dann werdet ihr die Genugtuung haben, zu wissen, dass ihr geholfen habt, sie zu besiegen.« Er verstummte, wandte sich ab und bekreuzigte sich, und Sharpe erkannte, dass seine Rede die Männer berührt hatte. Die Entscheidung war noch immer schwierig, denn ein Versprechen auf Geld in der Zukunft war eine Sache für Träumer, und Patriotismus kämpfte mit Geldgier, aber endlich erklärte sich ein Mann einverstanden. Er würde dem jungen Offizier vertrauen und ihm sein Boot verkaufen.
Viel machte das Boot nicht her, es war lediglich ein alter Kahn, der benutzt worden war, um Leute über die Mündung des Zêzere zu schaffen. Es war achtzehn Fuß lang, hatte einen hohen, gebogenen Bug und ein breites flaches Heck. Der Fährmann hatte das Boot versteckt, indem er es im Zêzere versenkt hatte, aber die Männer des Dorfes holten die Steine heraus, brachten das Boot zum Schwimmen, gaben ihnen die Ruderstangen, und dann verlangten sie, dass Vicente sein Versprechen, für das Gefährt zu bezahlen, wiederholte. Erst dann erlaubten sie Sharpe und seinen Gefährten, an Bord zu gehen.
»Wie weit ist es bis nach Lissabon?«, fragte Vicente.
»Binnen eines Tages und einer Nacht wird es euch dorthin bringen«, sagte der Fährmann, dann sah er zu, wie sein Boot ungeschickt hinaus auf den Fluss gerudert wurde. Sharpe und Harper saßen an den Riemen, und keiner von ihnen war solches Gerät
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