Sharpes Gold (German Edition)
den Pferden festgebunden waren. »Was machen sie da, Sir?«
»Das sind Disteln.«
Sharpe begriff. Entlang der Pfade und zwischen den hohen Felsen wuchsen riesige, häufig mannshohe lila Disteln, und die Spanier nahmen sich ein Pferd nach dem anderen vor und stopften die Köpfe dieser dornigen Pflanzen unter ihre leeren Sättel. Das erste Pferd begann sich zu wehren und stieg auf die Hinterhand, wurde jedoch festgehalten, bis es mit einem anschließenden Peitschenhieb über die Kruppe losgelassen wurde. Das Tier ging rasend vor Schmerzen durch, und der Gefangene wurde ruckartig von den Füßen gerissen und in einer Staubwolke hinter dem aufgeschreckten Pferd hergezogen.
Das zweite Pferd folgte. Es wich nach links und rechts aus, raste im Zickzack hinter dem ersten her in Richtung Dorf. Die drei Spanier stiegen auf und saßen reglos auf ihren Pferden. Einer hatte eine lange Zigarre in der Hand, und durch das Fernrohr konnte Sharpe ihren Rauch erkennen, der über die Felder davonwehte.
»Gütiger Himmel.« Knowles starrte ungläubig nach unten.
»Kein Grund, blasphemisch zu werden.« Kearseys schroffer Tadel verbarg nicht die Aufregung in seiner Stimme.
Die beiden nackten gefesselten Männer waren im aufgewirbelten Staub nicht zu sehen. Erst als die Pferde einen Felsen umrundeten, erhaschte Sharpe einen kurzen Blick durch die Staubwolke auf einen Körper, der rote Striemen aufwies. Dann ging das Pferd erneut durch. Inzwischen waren die Franzosen sicher bewusstlos, erlitten keine Schmerzen mehr, aber die Partisanen hatten sich nicht verrechnet: Sharpe sah, dass sich zum ersten Mal im Dorf etwas bewegte. Das Tor zu Cesar Morenos großem Haus wurde aufgestoßen, und heraus kamen die Kavalleristen, die sich dort den ganzen Morgen über versteckt hatten. Sharpe sah himmelblaue Hosen, braune Jacken und hohe Pelzmützen. »Husaren.«
»Warten Sie. Das Beste kommt noch.« Kearsey konnte seine Bewunderung nicht verhehlen.
Die Husaren galoppierten mit gezogenen Säbeln die Straße entlang, auf die beiden Pferde mit ihren Grauen erregenden Anhängseln zu. Es hatte den Anschein, als sollte der spanische Schlachtplan enttäuschend enden, mit der Rettung der beiden blutigen, verschrammten Franzosen durch die Husaren. Aber noch ehe sie das nördliche Ende der Dorfstraße erreicht hatten, wurden die beiden Pferde auf die Kavallerie aufmerksam. Sie blieben stehen.
»Jesus«, murmelte Harper. Er hatte sich Sharpes Fernrohr angeeignet. »Der eine Halunke rührt sich noch.«
Sharpe konnte ihn sehen. Einer der beiden Franzosen war keineswegs bewusstlos, sondern versuchte, sich blutüberströmt aufzurichten. Aber plötzlich wurde er herumgerissen, mit einem entsetzlichen Ruck erneut auf die Straße geworfen, und die Pferde setzten sich in Bewegung, fort von den Husaren. Sie trennten sich und galoppierten in wilder Panik davon. Kearsey nickte befriedigt. »Die wagen sich nicht in die Nähe französischer Kavalleristen, es sei denn, sie werden geritten. Sie sind es zu sehr gewohnt, vor ihnen davonzulaufen.«
Drunten im Tal herrschte Chaos. Die Pferde, denen die Disteln große Schmerzen bereiteten, schlugen irrsinnige Kreise über die Felder. Die Husaren gaben alle Disziplin auf und versuchten, sie einzuholen, und je näher die Franzosen kamen, desto weiter lenkten die spanischen Pferde den ungeordneten Haufen nach Norden. Sharpe schätzte, dass es einhundert Franzosen waren, die in wahllosen Gruppen kreuz und quer über die Felder ritten. Er wandte sich dem Dorf zu und sah dort weitere Berittene auf der Straße verhalten und die Jagd beobachten. Er fragte sich, wie ihm zumute wäre, wenn es um seine eigenen Männer ginge, und wusste, dass er es den Franzosen gleichtun würde. Er würde versuchen, sie zu retten.
»Gut.« Knowles schien instinktiv Partei für die Franzosen ergriffen zu haben.
Eines der Pferde war eingefangen und beruhigt worden, und abgesessene französische Kavalleristen machten sich daran, ihnen das Zaumzeug abzunehmen und den Gefangenen loszubinden. Eine Trompete ertönte, rief die verstreuten Husaren zur Ordnung, die immer noch hinter dem zweiten Pferd her waren, und genau diesen Moment, als die Trompetenklänge die Senke erreichten, nutzte El Católico, um seine Reiter aus den nördlichen Hügeln angreifen zu lassen. Sie stürmten auf ganzer Front auf die verstreuten, zahlenmäßig unterlegenen Franzosen ein. Sie ritten auf schwarzen, braunen und grauen Pferden, schwenkten Säbel und Degen jeglicher Art und
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