Sharpes Sieg
Zwölfpfünder-Kanonen, gezogen von Elefanten.
Als Sharpe und McCandless ihre Pferde zu Wallace trieben, hielten die Elefantenführer die Dickhäuter an, und die Kanoniere beeilten sich, die vier Geschütze auszuschirren. Sharpe nahm an, die Batterie würde die Mauern mit Kartätschenfeuer bestreichen, doch die Stille und Tatenlosigkeit der Verteidiger ließ darauf schließen, dass diese von den unverschämten Angreifern nichts befürchteten.
Sir Arthur Wellesley, im Sattel von Diomed, dem es nach dem Aderlass anscheinend wieder gut ging, ritt zu den Geschützen und rief Befehle zum Batteriekommandanten, der die Hand hob, um sie zu bestätigen. Der General wurde von drei Adjutanten in scharlachrotem Rock und zwei Indern begleitet, die wohl – nach der Pracht ihrer Gewänder zu schließen – Kommandanten der alliierten Reiter waren, die losgeritten waren, um eine Flucht aus dem Nordtor der Stadt zu verhindern.
Die Angreifer vom 78. waren jetzt nur noch hundert Schritte von der Mauer entfernt. Sie hatten kein Marschgepäck, nur ihre Waffen. Und immer noch behandelte sie der Feind mit Verachtung. Kein Geschütz feuerte, keine Muskete krachte, keine einzige Rakete wurde von den Wehrgängen abgeschossen.
»Anscheinend wird es leicht werden, McCandless!«, rief Wallace.
»Ich bete darum!«, erwiderte McCandless.
»Der Feind hat ebenfalls gebetet«, sagte Sevajee, doch McCandless ignorierte die Bemerkung.
Und dann, abrupt und beängstigend, endete die Stille.
Der Feind ignorierte den Angriff nicht mehr. Stattdessen explodierte aus den Mauerschlitzen und aus den hohen Schießscharten der Bastionen und von den Mauerzacken längs der Brustwehr ein Sturm von Geschützfeuer. Vor Sekunden war die Mauer klar in der Morgensonne zu sehen gewesen, und jetzt war sie von einer dichten Pulverrauchwolke umgeben. Die ganze Stadt war von Rauch eingehüllt, und der Boden rings um die angreifenden Soldaten wurde vom Einschlag der Kugeln aufgewühlt.
»Zehn Minuten vor sieben«, schrie McCandless gegen den Lärm an, als ob die Zeit wichtig sei.
Raketen, wie Sharpe sie in Seringapatam gesehen hatte, schossen von der Mauer, um ihre Rauchspur in verrückten Winkeln über den Köpfen der Angriffstrupps zu hinterlassen, doch trotz der Wucht der Eröffnungssalve der Verteidiger schien sie wenig Schaden anzurichten. Ein Rotrock taumelte, doch die Angrifftrupps rannten immer noch, und dann hörte Sharpe einen schmerzerfüllten Schrei. Sein Kopf fuhr nach rechts herum, und er sah, dass ein Elefant von einer Kanonenkugel getroffen worden war.
Der Elefantenführer des Dickhäuters riss an dem Haltestrick, doch der Elefant riss sich los, von seiner Wunde wie rasend gemacht, und stürmte geradewegs auf Wallaces Männer zu. Die Highlander verstreuten sich. Die Kanoniere hatten begonnen, ihre geladene Sechspfünder-Kanone vorwärts zu ziehen. Als sie erkannten, dass sie im Weg des verletzten Dickhäuters waren, gaben Sie das Geschütz auf und flüchteten vor dem verrückten Elefanten. Die gerunzelte Haut an der linken Flanke war rot vom Blut. Wallace schrie etwas Unverständliches, gab seinem Pferd die Sporen und preschte aus dem Weg. Der Elefant, den Rüssel erhoben und die Augen weiß, donnerte an McCandless und Sharpe vorbei.
»Armes Mädchen«, sagte McCandless.
»Ist es eine sie?«, fragte Sharpe.
»Alle Zugtiere sind weiblich, Sharpe. Gefügiger.«
»Sie ist nicht gefügig, Sir«, sagte Sharpe. Er beobachtete, wie der Elefant an der Nachhut der Armee vorbeidonnerte und durch ein Stoppelfeld trampelte, verfolgt vom Elefantenführer und einer aufgeregten Schar kleiner Kinder, die den angreifenden Soldaten von ihrem Lager aus gefolgt waren und jetzt mit schrillen Schreien die Jagd nach dem Elefanten genossen. Sharpe beobachtete das Treiben, und dann duckte er sich unwillkürlich, als eine Musketenkugel dicht über seinen Tschako pfiff und eine andere vom Lauf der Sechspfünder-Kanone abprallte.
»Jetzt nicht zu nahe ran, Sharpe«, mahnte McCandless.
Sharpe zügelte gehorsam seine Stute.
Colonel Wallace rief seine Männer wieder in Formation. »Verdammte Tiere«, schnarrte er zu McCandless.
»Ihre Mutter hatte keinen Rat bezüglich Elefanten, Wallace?«
»Nein, keinen, den ich einem frommen Mann weitergeben könnte, McCandless«, sagte Wallace und ritt zu den in Unordnung geratenen Kanonieren der Sechspfünder-Kanone. »Nehmt die Ziehstricke, ihr Lahmärsche! Beeilung!«
Das 78. Regiment hatte die Mauer links vom Tor erreicht. Die
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