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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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bezeichnende Andeutung von ›in fremdes Gehege kommen‹ fallen ließ, was in der Goldgräbersprache so viel bedeutet, als Besitz von etwas ergreifen, worauf einem anderen ältere Ansprüche zustehen – so war die ganze Sachlage völlig klar. Sie musste mit einem Mann auf und davongegangen sein und zwar entweder mit einem Liebhaber oder mit einem Gatten, wobei übrigens die größere Wahrscheinlichkeit für letzteres sprach.«
    »Aber wie in aller Welt haben Sie die beiden aufgefunden?«
    »Das wäre freilich schwierig gewesen, allein Freund Lestrade hielt Anhaltspunkte hierfür in Händen, von deren Wert er selbst keine Ahnung hatte. Die Anfangsbuchstaben waren natürlich von höchster Wichtigkeit, aber noch viel wertvoller war der Nachweis, dass der Gesuchte im Lauf der letzten Woche sich in einem der ersten Gasthöfe Londons seine Rechnung hatte ausstellen lassen.«
    »Was brachte Sie darauf, dass es einer der ersten Gasthöfe sein müsse?«
    »Die ausgesucht hohen Preise. Acht Schilling für ein Bett und acht Pence für ein Glas Sherry wiesen auf einen der allerteuersten Gasthöfe hin. Es gibt nicht viele hier, die ihre Preise in so unvernünftigem Maß schrauben. Schon in dem zweiten Gasthof, in der Northumberland Avenue, ersah ich aus dem Fremdenbuch, dass ein Mr Francis H. Moulton aus Amerika erst am Tag vorher ausgezogen war, und bei Durchsicht der auf seinen Namen eingetragenen Posten entdeckte ich wörtlich diejenigen, worüber er Rechnung erhalten hatte. Etwaige für ihn eintreffende Briefe sollten ihm nach 226 Gordon Square nachgesandt werden. So fuhr ich dahin und hatte das Glück, das liebende Paar zu Hause zu treffen. Ich erlaubte mir, ihnen einige väterliche Ratschläge zu erteilen und ihnen klar zu machen, dass sie in jeder Beziehung besser tun würden, weder die Welt noch insbesondere Lord St. Simon über ihr Verhältnis zueinander irgendwie in Zweifel zu lassen. Ich machte ihnen den Vorschlag, hier mit dem Lord zusammenzutreffen, und wie Sie gesehen haben, sind sie darauf eingegangen.«
    »Damit haben sie aber nicht viel erreicht«, bemerkte ich. »Sein Verhalten war kein sehr liebenswürdiges.«
    »Ach,Watson«, erwiderte Holmes heiter, »Sie wären auch vielleicht nicht gerade besonders liebenswürdig, wenn Sie sich nach all den Mühen und Sorgen des Brautstandes mit einem Schlag um Gattin und Vermögen betrogen sehen müssten. Ich meine, wir haben allen Grund, Lord St. Simon recht milde zu beurteilen und unserem Glücksstern zu danken, dass wir voraussichtlich niemals in eine ähnliche Lage geraten werden. Kommen Sie, setzen Sie sich hierher zum Feuer und reichen Sie mir meine Violine, wir haben ja jetzt nur noch das eine Problem zu lösen, wie wir uns diese finsteren Herbstabende auf möglichst angenehme Weise vertreiben.«

D IE G ESCHICHTE DES B ERYLL –K OPFSCHMUCKES
    »Holmes«, sagte ich eines Morgens, während ich am Erkerfenster stand und auf die Straße hinabschaute, »da kommt ein Verrückter gegangen. Ich finde es sehr unrecht, dass seine Angehörigen ihn so allein umherlaufen lassen.« Mein Freund erhob sich träge aus dem Sessel und trat, die Hände in den Taschen seines Schlafrocks, hinter mich, um mir über die Schulter zu sehen. Es war ein klarer, frischer Februarmorgen, der tags zuvor gefallene, tiefe Schnee bedeckte den Boden und glitzerte hell in der Wintersonne. In der Mitte der Straße war er durch den Verkehr bereits in eine braune Masse verwandelt; zu beiden Seiten dagegen und auf den erhöhten Rändern der Fußsteige lag er noch so weiß wie er gefallen war. Das graue Pflaster dazwischen war, obwohl gekehrt und abgekratzt, noch gefährlich glatt und vielleicht deshalb weniger belebt als sonst. In der Tat war der Herr, dessen sonderbares Benehmen meine Aufmerksamkeit erregt hatte, der einzige Fußgänger, der aus der Richtung herkam, wo der Metropolitan-Bahnhof lag. Es war ein Mann in den fünfziger Jahren, groß und stattlich, eine vornehme Erscheinung mit breitem, scharfgeschnittenem Gesicht und von achtunggebietender Gestalt. Er trug dunkle, aber feine Kleidung: schwarzen Rock, glänzenden Seidenhut, elegante braune Gamaschen und perlgraue Beinkleider von tadellosem Schnitt. Zu dem würdigen Eindruck seines ganzen Äußeren stand jedoch sein Benehmen in auffallendem Gegensatz; er lief nämlich in großer Hast und machte dabei von Zeit zu Zeit einen kleinen Sprung, wie es bei eintretender Ermüdung Leute zu tun pflegen, die nicht gewohnt sind, ihren Beinen viel

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