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Sherlock Holmes und die Theatermorde

Sherlock Holmes und die Theatermorde

Titel: Sherlock Holmes und die Theatermorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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Aschenflöckchen vom Ärmel. »Ich bin ein vielbeschäftigter Mann, Mr. Holmes, und meine Zeit wird stark beansprucht von meiner musikalischen Arbeit und von anderen Dingen.« Er hustete und drückte mit abgewendetem Blick seine Zigarette aus. »Aber die Bitte des Mädchens rührte mich, und ich erklärte mich bereit, sie anzuhören. Wir trafen uns am nächsten Nachmittag in einer kleinen Teestube in der Marylebone Road. Es war unwahrscheinlich, daß man uns dort erkennen würde, und selbst für diesen Fall wäre es schwierig gewesen, unserem Treffen eine anrüchige Bedeutung zu geben.
    ›Sagen Sie mir‹, bat ich, nachdem wir unsere Bestellung aufgegeben hatten, ›sagen Sie mir, was Ihnen so zusetzt.‹ – ›Ich will Ihre Zeit nicht mit Vorreden verschwenden‹, sagte sie. ›Ich habe vor kurzem die Bekanntschaft eines Herrn gemacht, mit dem mich eine große Zuneigung verbindet. Er ist absolut perfekt, und sein Verhalten mir gegenüber ist immer ausnehmend korrekt gewesen. Beide mit den strikten Verhaltensregeln im Savoy vertraut, haben wir die größte Umsicht walten lassen. Aber, oh, Sir Arthur, er ist so vortrefflich, daß selbst Mr. Gilbert nichts einzuwenden haben könnte! Ich bin verliebt!‹ rief sie. ›Und er auch!‹ – ›Aber meine Liebe‹, versicherte ich ihr eifrig, ›das ist kein Grund für Tränen, sondern für Glückwünsche! Was Mr. Gilbert betrifft, so gebe ich Ihnen mein Ehrenwort, daß er auf Ihrer Hochzeit tanzen wird!‹
    An diesem Punkt, Mr. Holmes, begann sie mitten im Restaurant zu weinen; sie tat allerdings ihr Bestes, es zu verbergen, indem sie sich ein kleines Batisttaschentuch vors Gesicht hielt. ›Es wird keine Hochzeit geben‹, schluchzte sie, ›weil er bereits verheiratet ist. Das hat er mir gerade mitgeteilt.‹ – ›Wenn er Sie in dieser Weise hintergangen hat‹, erwiderte ich voll Erstaunen, ›dann ist er Ihrer Zuneigung nicht wert, und Sie sind ohne ihn besser dran.‹ – ›Sie verstehen mich nicht‹, sagte sie, ihre Haltung wiedergewinnend, ›er hat mich nicht hintergangen – nicht wie Sie glauben. Seine Frau ist invalide, bettlägerig in einer Pflegeanstalt in Bombay. Sie –‹«
    »Einen Moment«, unterbrach Sherlock Holmes und öffnete die Augen. »Sagte sie ›Bombay‹?«
    »Ja.«
    »Bitte, fahren Sie fort.« Seine Augen schlossen sich wieder.
    »Seine Frau kann weder hören noch sprechen noch gehen‹, berichtete sie mir, ›weil sie vor fünf Jahren einem Schlaganfall zum Opfer fiel. Dennoch ist er an sie gekettet.‹ Es gelang ihr nicht, eine Spur von Bitterkeit zu verbergen, und ich war – und bin auch jetzt noch – nicht bereit, ihr daraus einen Vorwurf zu machen. ›Er hatte Angst davor, mir seine Lage zu schildern‹, fuhr sie fort, ›weil er glaubte, er werde mich verlieren. Aber als er die Kraft unserer gegenseitigen Zuneigung erkannte, wurde ihm klar, daß er mir die Wahrheit nicht vorenthalten durfte. Und jetzt weiß ich nicht, was ich tun soll!‹ schloß sie und zog wieder ihr Taschentuch hervor, während ich grübelnd ihr gegenüber an dem Tischchen saß.
    Mr. Holmes, Sie können sich vorstellen, wie mir zumute war. Die junge Frau hatte mich in eine schwierige Lage gebracht. Ich bin Mitbesitzer des Savoy und unterstütze – zum mindesten in der Theorie – Mr. Gilberts Bestrebungen für seine Angestellten; meine Pflichten waren also klar vorgezeichnet. Aber ich bin ein Mensch und, was mehr ist, ein Mann, der sich mit einem ganz ähnlichen Problem auseinanderzusetzen hatte * , und daher diktierten mir Gefühle und persönliche Erfahrungen etwas anderes.«
    »Was für einen Rat gaben Sie ihr?«
    Er blickte den Detektiv fest an. »Ich riet ihr, ihrem Herzen zu folgen. Oh, ich weiß, was Sie sagen werden, aber wir leben nur einmal, Mr. Holmes – das ist jedenfalls meine Überzeugung –, und ich finde, wir sollten uns so viel Glück nehmen, wie wir können. Ich versprach, ihr Geheimnis Mr. Gilbert nicht preiszugeben, und daran habe ich mich auch gehalten, aber ich machte ihr klar, daß ich sie vor den Konsequenzen nicht schützen konnte, sollte er darüber von anderer Seite erfahren.«
    »Ich beginne zu verstehen«, sagte Holmes, »obwohl noch vieles undurchschaubar bleibt. Sagte sie irgend etwas über den jungen Mann, das eine Identifizierung ermöglichen würde?«
    »Sie tat ihr Bestes, das zu vermeiden. Einer Indiskretion kam sie noch am nächsten, als sie verriet, daß sich die Ehefrau in einem Sanatorium in Bombay befand.

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