Sheylah und die Zwillingsschluessel
den Kopf. „Also, ich muss doch sehr bitten!“ „Was denn?“, fragst sie ungerührt. „Ich habe Durst gehabt und da hat sich Djego als Opfer angeboten.“ Djego schaute sie immer noch fassungslos an, belustigt, aber fassungslos. „Herrgott“, seufzte sie und gab ihm die Flasche zurück. Zum Schluss hatte er geschaut wie ein geprügelter Hund. „Ich verspreche dir, wenn wir in Lichtingen sind, dann …“, Sheylah stockte. Sie hatte soeben ein allzu bekanntes Geräusch gehört. „Was ist?“, fragte Djego. Dann hörte sie es wieder, ein schweres Flügelschlagen. „Isaak“, sagte sie und schaute die beiden stirnrunzelnd an. „Am Tag?“, fragte Djego. „Irgendetwas stimmt nicht“, sagte Andrey und schaute in die Ferne. „Ich kann ihn hören, er … oh nein“, sagte er und seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. Sheylah und Djego sahen Andrey erwartungsvoll an, doch er rührte sich nicht. „Andrey“, sagte Sheylah beunruhigt und schüttelte ihn. „Nun sag schon, was ist los?“ Er erwachte aus seiner Starre und schaute sie einem Moment verständnislos an, dann drehte er sich zu der Heerschar um und rief: „Skintii!“ „Was?“, rief Sheylah entsetzt. Das Wort Skintii hallte in hunderten Tonlagen und Stimmen wieder, bis es auch den letzten Mann erreichte. „Bist du sicher?“, fragte Djego. Andrey nickte. „Ich kann Isaaks Gedanken hören.“ „Wann werden sie uns eingeholt haben?“, wollte Djego wissen. „In weniger als einer Stunde“, sagte er und sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich. Djego warf ihm einen verblüfften Blick zu. „In einer Stunde, wie soll das gehen?“ Andrey schaute Djego lange in die Augen, bevor er antwortete. „Es sind Loki und seine Jäger.“ Andreys Stimme klang ungewohnt rau und aus Djegos Gesicht wich alle Farbe. Das ließ bei Sheylah sämtliche Alarmglocken schrillen. „Was ist, was macht ihr denn für ein Gesicht?“, wollte sie wissen, aber keiner antwortete ihr. „Wie viele sind es?“, fragte Djego. „Fünfzig“, sagte Andrey. Djego nickte, als hätte er mit nichts anderem gerechnet. „Hallo? Wir haben fünfhundert Mann und die sind nur fünfzig, die machen wir doch locker fertig“, warf Sheylah ein. Sie verstand einfach nicht, wieso die beiden so besorgt waren. Sie schätzte, dass Andrey und Djego mindestens die Hälfte der Skintii allein erledigen würden. Blieb für die restlichen Männer nicht mehr viel zu tun. Sie würden sogar, wenn sie Glück hatten, keine Verluste haben, also was war dann mit den beiden los? Sie kam sich mehr und mehr vor, als habe sie etwas Entscheidendes überhört. Sie wandte sich an Andrey. „Du sagst mir jetzt sofort, wieso ihr beide so ein Gesicht macht!“ Sie wollte Andrey nicht so ängstlich sehen, das war nicht richtig. Er war mehrere hundert Jahre alt, es sollte nichts mehr geben, das ihm Angst machte. „Loki ist Morthons Wächter und er kommt nicht allein“, sagte er. „Normale Skintii sind zu Fuß unterwegs, aber nicht diese. Um zu jagen, haben sie … spezielle Pferde gezüchtet.“ Das Wort speziell gefiel ihr irgendwie nicht. „Wie speziell?“, fragte sie, doch Andreys Antwort ging in einem lauten Krächzen unter. In diesem Moment verdeckte ein riesiger dunkler Fleck den Himmel und alle schauten nach oben. Isaak kam auf die Erde geschossen und landete mit einem lauten Wumm , das die Erde erzittern ließ. Die Pferde scharrten nervös mit den Hufen und die Männer hatten Mühe, sie ruhig zu halten. Einige Ritter wichen sogar zurück oder warfen Isaak respektvolle Blicke zu. Er war gewachsen, fand Sheylah. Ob es ebenfalls an den Kräften des Schlüssels lag? Neela hatte ihr erzählt, dass einige Kalte Wesen mit der Kraft des Schlüssels wachsen würden. Sie wünschte, sie wäre jetzt bei ihr und würde an ihrer Seite stehen. Andrey schaute Isaak lange in die Augen, während er seine Gedanken las. „Steigt von euren Pferden ab“, rief er schließlich und erntete nicht wenige zweifelnde Blicke. „Was soll das?“, fragte Sheylah über die Maßen erschrocken. „Sie sind gleich hier und du willst auch noch auf sie warten?“ Andrey schien ungeduldig, als er antwortete. „Sie werden uns ohnehin einholen, ob wir weiter reiten oder nicht, du hast ja keine Ahnung, wie schnell sie sind. Und ich ziehe es vor, meinem Feind gegenüberzutreten, anstatt mich hinterrücks angreifen zu lassen.“ „Ihr habt es gehört, Männer, macht euch kampfbereit“, rief Djego. Sie stellten die Pferde ein paar hundert Meter
Weitere Kostenlose Bücher