Shogun
doch gewiß nichts antun? Doch, das würde er – überleg mal, welchen Wert wir als Geiseln in seiner Hand hätten, die Dame Sazuko, Kiritsubo und die anderen? Ist das der Grund, warum wir Befehl erhalten haben, mit dem Schiff zu reisen?
Mariko hatte das Meer immer gehaßt. Allein der Anblick bereitete ihr Übelkeit. Aber wenn ich gehen soll, muß ich gehen, und damit Schluß. Karma.
Als Eisenfaust um die Ecke verschwunden war, hob Oan den Kopf, und alle atmeten erleichtert auf. Asa kam eilends den Gang herunter, ein Sakékännchen in der Hand. Sono folgte ihr mit heißen Tüchern.
Sie sahen zu, wie sie sich um den Barbaren bemühten. Sie sahen die gespannte Maske seines Gesichts, und die Art, wie er den Saké und die Tücher ohne Freude nur mit kaltem Dank entgegennahm.
»Oan-san, warum nicht eine der Damen nach einer Ente schicken?« flüsterte der alte Samurai gutmütig. »Wir setzen sie einfach hin. Wenn er sie will, ist alles gut, und wenn nicht, wird er so tun, als hätte er sie nicht gesehen.«
Mariko schüttelte den Kopf. »Vielleicht würden wir damit alles nur noch schlimmer machen. Es scheint, Oan-san, dieser Barbar hat etwas dagegen, sich über das Kopfkissen-miteinander-Teilen zu unterhalten, neh?«
»Ihr habt recht«, sagte Oan. »Er war doch ganz verträglich, bis Ihr davon anfingt.« Böse funkelte er Asa an.
»Tut mir leid, Oan-san. Ihr habt ganz recht, es ist ausschließlich meine Schuld«, sagte Asa sogleich und verneigte sich, so daß ihr Kopf beinahe den Boden berührte.
»Jawohl. Ich werde diesen Vorfall Kiritsubo-san melden.«
»Oh.«
»Ich bin wirklich der Meinung, die Herrin sollte sich hüten, jemals über das Kopfkissen-miteinander-Teilen mit diesem Mann zu reden«, sagte Mariko diplomatisch. »Ihr seid sehr klug, Oan-san. Ja. Aber vielleicht ist Asa ein glückliches Instrument gewesen, der Dame Kiritsubo-san und vielleicht sogar Herrn Toranaga eine große Verlegenheit zu ersparen! Denkt nur, was hätte passieren können, wenn die Dame Kiritsubo selbst diese Frage im Beisein von Herrn Toranaga gestellt hätte! Wenn der Barbar sich vor ihm derart aufgeführt hätte …«
Oan wand sich innerlich. »Dann wäre Blut geflossen. Ihr habt recht, Mariko-san. Man sollte Asa dankbar sein. Ich werde Kiritsubo-san erklären, daß sie Glück gehabt hat.«
Mariko bot Blackthorne noch mehr Saké an.
»Nein, vielen Dank.«
»Verzeiht nochmals meine Dummheit. Ihr wolltet mir ein paar Fragen stellen?«
Blackthorne hatte beobachtet, wie sie alle miteinander geredet hatten; es irritierte ihn, daß er sie nicht verstehen konnte, und er war wütend, daß er sie ihrer Beleidigungen wegen nicht laut beschimpfen oder den Wachen die Köpfe zusammenstoßen konnte.
»Ja. Ihr sagt, Sodomie sei hier in Japan etwas Normales?«
»Oh, verzeiht, aber könnten wir vielleicht von anderen Dingen sprechen?«
»Gewiß, Senhora. Aber zuerst laßt uns dieses Thema zu Ende bringen, damit ich Euch verstehen kann. Sodomie ist etwas Normales hier, sagtet Ihr?«
»Alles, was mit dem Kopfkissen-miteinander-Teilen zu tun hat, ist normal«, sagte sie trotzig, gereizt durch seinen Mangel an Manieren und seine offenkundige Beschränktheit. Sie erinnerte sich, daß Toranaga ihr aufgetragen hatte, ihm in allem, was nicht gerade die Politik betraf, offen Rede und Antwort zu stehen, ihm jedoch später zu berichten, worüber gesprochen worden sei. Außerdem brauchte sie sich von ihm keinen solchen Unsinn gefallen lassen! »Das Kopfkissen-miteinander-Teilen ist etwas Normales. Und wenn ein Mann einem anderen Mann oder einem Knaben beiliegt, so geht das keinen andern etwas an. Sie schaden damit weder sich noch anderen – weder Euch noch mir. Keinem Menschen!« Wer bin ich denn, dachte sie – eine ungebildete Person oder eine hirnlose Henne? Ein dummer Kaufmann, der sich von einem Barbaren einschüchtern läßt? Nein, ich bin eine Samurai! Jawohl, das bist du, Mariko, aber außerdem bist du sehr töricht. Du bist eine Frau und hast ihn zu behandeln wie jeden anderen Mann, den man beherrschen will: Schmeichle ihm und schmiere ihm Honig um den Bart. Du vergißt deine weiblichen Waffen vollkommen. Woher kommt es, daß du dich ihm gegenüber benimmst wie ein zwölfjähriges Mädchen? Bewußt gab sie ihrem Ton dann etwas Sanftes. »Aber wenn Ihr glaubt …«
»Sodomie ist eine schlimme Sünde, etwas Böses, eine gottverfluchte Verruchtheit, und die Halunken, die sie betreiben, gehören zum Abschaum der Menschheit!« schnitt
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