Shogun
Wangen röteten sich. Sie trat bis an das Podest heran, während der Jüngling im Kreis der Zuschauer zurückblieb. Mariko verneigte sich vor Ochiba. »Ich habe nur wenig dazu beigetragen, Ochiba-sama. Das ist allein das Werk des Anjin-san und des Wörterbuchs, das die christlichen Väter ihm gegeben haben.«
»O ja, das Wörterbuch.« Ochiba ließ es sich von Blackthorne zeigen und mit Marikos Hilfe umständlich erklären. Sie war fasziniert. »Wir müssen auch welche bekommen, Herr General. Bitte, befehlt ihnen, uns hundert solcher Bücher zu geben. Damit könnten unsere jungen Männer bald Barbarisch lernen, neh?«
» Ja, das ist ein guter Einfall, Dame. Je rascher wir unsere eigenen Dolmetsche haben, desto besser!« Ishido lachte. »Sollen die Christen ihr eigenes Monopol brechen, neh?«
Ein eisengrauer Samurai in den Sechzigern, der vor den Gästen stand, sagte: »Die Christen halten kein Monopol, Herr General. Wir bitten die christlichen Väter … ja, wir bestehen sogar darauf, daß sie als Dolmetsche und Mittelsmänner fungieren, weil sie die einzigen sind, die mit beiden Seiten reden können und denen beide Seiten trauen. Herr Goroda hat damit angefangen, neh? Und der Taikō damit fortgefahren.«
»Selbstverständlich, Herr Kiyama. Meine Worte sollten keine Mißachtung von Daimyos oder Samurai bedeuten, die zum Christentum übergetreten sind. Ich habe nur von dem Monopol der christlichen Priester gesprochen«, sagte Ishido. »Es wäre besser für uns, wenn unsere eigenen Leute und nicht fremde Priester … oder überhaupt irgendwelche Priester … unseren Chinahandel kontrollierten.«
Kiyama sagte: »Es ist nicht ein einziger Fall von Betrug bekannt, Herr General. Die Preise sind gerechtfertigt, der Handel wird mühelos und sehr geschickt abgewickelt, und die Patres haben ihre eigenen Leute fest in der Hand. Ohne die Südlichen Barbaren gäbe es keine Seide und keinen Handel mit China. Bitte, verzeiht, daß ich es erwähnt habe.«
»Ah, Herr Kiyama«, sagte die Dame Ochiba. »Ich bin überzeugt, Herr Ishido betrachtet es als eine Ehre, daß Ihr ihn berichtigt habt, stimmt's nicht, Herr General? Was wäre der Regentschaftsrat ohne den Rat von Herrn Kiyama?«
»Selbstverständlich«, sagte Ishido.
Herr Kiyama verneigte sich steif, keineswegs unangenehm berührt. Ochiba warf einen Blick auf den Jüngling und setzte ihren Fächer in flatternde Bewegung. »Wie steht es mit Euch, Saruji-san? Vielleicht möchtet Ihr gern die Barbaren-Sprache lernen?«
Der junge Mann errötete unter ihrem eindringlichen Blick. Er war schlank und stattlich und gab sich viel Mühe, männlicher zu wirken, als seine fünfzehn Jahre es erlaubten. »Oh, ich hoffe, daß ich das nicht zu tun brauche, Ochiba-sama, o nein … aber wenn es mir befohlen würde, dann würde ich es versuchen. Ja, dann würde ich mich sehr darum bemühen.«
Sie lachten über seine Art, sich klug aus der Affäre zu ziehen, und Mariko sagte stolz auf japanisch: »Anjin-san, das hier ist mein Sohn Saruji.« Blackthorne verneigte sich vor Saruji, und die Verneigung wurde förmlich erwidert. »Er ist ein prachtvoller junger Mann, neh? Glücklich, so prachtvollen Sohn zu haben, Mariko-sama.« Aus den Augenwinkeln heraus betrachtete er die rechte Hand des Jünglings, die für immer verkrümmt war. Dann fiel ihm ein, daß Mariko ihm einmal erzählt hatte, die Geburt ihres Sohnes sei äußerst langwierig und schwer gewesen. Armer Bursche, dachte er. Wie soll er jemals ein Schwert führen? Er wandte den Blick ab. Niemand hatte bemerkt, wohin sein Auge gegangen war, nur Saruji. Er erkannte Verlegenheit und Schmerz im Gesicht des Jünglings.
»Glücklich, so prachtvollen Sohn zu haben«, sagte er zu Mariko. »Aber das ist unmöglich, Mariko-sama, so großen Sohn zu haben … nicht genug Jahre, neh?«
Ochiba sagte: »Seid Ihr immer so galant, Anjin-san? Sagt Ihr immer so kluge Dinge? Komplimente? Ihr versteht?«
»Nein, tut mir leid, bitte, verzeiht.« Blackthorne schmerzte der Kopf vor lauter Mühe, sich zu konzentrieren. Als Mariko ihm erklärte, was gesagt worden war, sagte er trotzdem mit gespielter Ernsthaftigkeit: »Oh, tut mir leid, Mariko-sama. Ich wußte gar nicht, daß die Damen hier bereits mit zehn heiraten.«
Sie dolmetschte und fügte dann noch etwas hinzu, was sie alle lachen machte. »Was habt Ihr gesagt?«
»Ah!« Mariko bemerkte, daß Kiyama seine Augen unheilvoll auf Blackthorne gerichtet hatte. »Bitte, verzeiht, Herr Kiyama, darf ich
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