Shogun
Amtsgeschäften zu stören – was sie ja in der Tat getan hätte.
»Ein schöner Junge«, sagte er stolz und hielt das Baby mit geübter Hand. »Und Ihr, Sazuko, Ihr seht jünger und reizender aus denn je. Wir müssen sofort noch mehr Kinder haben. Die Mutterschaft steht Euch.«
»Oh, Euer Gnaden«, sagte sie. »Ich habe solche Angst gehabt, ich würde Euch nie wiedersehen und Euch nie Euren jüngsten Sohn zeigen können. Wie werden wir denn dieser Falle entgehen … Ishidos Armeen, meine ich?«
»Seht doch nur, was für ein prachtvoller Junge! Nächste Woche werde ich ihm zu Ehren einen Schrein bauen und ihn mit …« – er hielt inne, halbierte die Summe, an die er zuerst gedacht, und halbierte auch diese Hälfte noch einmal – »… und ihn mit zwanzig Koku im Jahr ausstatten.«
»Oh, Euer Gnaden, wie großzügig von Euch.« Ihr Lächeln verriet kein Arg.
»Ja«, sagte er, »das genügt für einen elenden Parasiten von Priester, um ein paar Namu Amida Butsu zu sprechen, neh?«
»Aber gewiß doch, Euer Gnaden. Soll dieser Schrein in der Nähe von Yedo errichtet werden? Ach, wäre es nicht zu schön, wenn er an einem Bach oder gar einem Fluß stehen könnte?«
Widerstrebend stimmte er zu, obgleich ein solch erlesener Standort mehr kosten würde, als er für seinen launischen Einfall eigentlich hatte ausgeben wollen.
»Oh, vielen Dank, Euer Gnaden.« Die Dame Sazuko sprach nicht weiter. Sie saßen auf einer schattigen Veranda, und Naga kam auf sie zugeeilt.
»Verzeiht, bitte, Vater. Aber Eure Samurai aus Osaka. Wie wollt Ihr sie sehen, einzeln oder alle zusammen?«
»Einzeln.« Dann plauderte Toranaga mit seiner Gattin weiter, die jedoch augenblicklich höflich bat, er möge sie entschuldigen; denn sie wußte, daß er am liebsten sofort mit den Samurai gesprochen hätte. Er bat sie zu bleiben, doch sie bat, er möge sie gehen lassen, und so stimmte er zu.
Eingehend fragte er die Männer aus, siebte das, was sie berichteten, holte gelegentlich einen Samurai noch einmal zurück, um sich bestätigen zu lassen, was andere gesagt. Als die Sonne unterging, hatte er alle gehört. Dann nahm er rasch eine leichte Mahlzeit zu sich – die erste des Tages –, schickte alle Wachen außer Hörweite und ließ Kiri kommen.
»Zuerst sagt mir, was Ihr getan habt, was Ihr gesehen habt und wovon Ihr Zeuge gewesen seid, Kiri-chan.«
Es war Nacht geworden, ehe seine Neugier ganz befriedigt war, obwohl sie bereitwillig erzählt hatte.
»Eeeee«, machte er. »Das wäre aber ums Haar schiefgegangen, Kiri-chan. Ja, das hätte leicht schiefgehen können!«
»Ja«, stimmte Kiri zu. Sie hatte die Hände auf ihrem ausladenden Schoß gefaltet. Dann fügte sie mit größter Zärtlichkeit hinzu: »Alle Götter, große und kleine, haben über Euch gewacht, Euer Gnaden, und über uns. Bitte, verzeiht mir, daß ich am Erfolg gezweifelt, ja, an Euch gezweifelt habe. Die Götter haben über uns gewacht.«
»Es sieht ganz so aus, ja, sehr sogar.« Toranaga schaute hinaus in die Nacht. Die Flammen der Fackeln wurden von einer leichten Brise hin und her bewegt. Ein schöner Mond stand am Himmel, Toranaga konnte die dunkleren Flecken darauf erkennen und überlegte wie abwesend, ob sie wohl Land und der Rest Eis und Schnee wären, warum der Mond da war und wer dort oben wohl leben mochte. Ach, es gibt so vieles, was ich gern wüßte, dachte er.
»Darf ich eine Frage stellen, Tora-chan?«
»Was denn, Dame?«
»Warum hat Ishido uns ziehen lassen? Was war der wirkliche Grund? Ich an seiner Stelle hätte es nicht getan … niemals. Warum also?«
»Erst sagt mir, wie die Nachricht lautet, die die Dame Ochiba mir schickt.«
»Die Dame Ochiba sagte: ›Bitte, sagt Herrn Toranaga, ich wünschte in allen Ehren, es gäbe eine Möglichkeit, daß sein Zwist mit dem Erben beigelegt werden könnte. Als Zeichen für die Zuneigung des Erben möchte ich Toranaga-sama gern sagen, daß der Erbe viele Male erklärt hat, er wolle keine Armeen gegen seinen Onkel, den Herrn des Kwanto, führen.‹«
»Das hat sie gesagt?«
»Ja, gewiß!«
»Sie muß doch wissen … genauso wie Ishido … wenn Yaemon die Standarte gegen mich erhebt, daß ich dann verlieren muß.« Toranaga ballte seine schwieligen Hände zur Faust und schlug damit auf die Tatamis . »Wenn das ein ehrliches Angebot ist und keine Finte, habe ich es halb bis Kyoto und noch ein bißchen weiter geschafft.«
»Ja«, sagte Kiri.
»Zu welchem Preis?«
»Das weiß ich nicht. Mehr
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