Shogun
Wahrsager denken, und an meinen Gebieter und mein Karma, ließ mich nur treiben und schweben …« Im Schatten ihres scharlachroten Sonnenschirms ging sie tiefer in den Hof hinein, um Toranaga aufzusuchen. Der war fast verborgen von den vielen Pferden und Samurai und den Falknern, doch sah sie, daß er immer noch auf der Veranda war und jetzt seinen Cha trank. Fujiko verneigte sich vor ihm. Bald wird die Reihe an mir sein. Vielleicht können wir heute abend ein neues ›Es‹ machen. Ach, bitte …
Draußen vorm Tor bestieg Omi sein Pferd und sprengte mit seinem Gefolge davon, schneller und immer schneller. Der Ritt erfrischte ihn, reinigte ihn, und der beißende Schweißgeruch der Pferde stieg ihm angenehm in die Nase. Er wußte, daß er die große Leidenschaft seines Lebens und alles, was er verehrt hatte, zu ihren Füßen zurückließ. Er war überzeugt, daß er nie wieder eine solche Leidenschaft erleben würde, jene geistvereinende Ekstase, die Mann und Frau entflammte. Aber das mißfiel ihm keineswegs. Im Gegenteil, dachte er mit seiner neugefundenen eiskalten Klarheit, ich segne Toranaga, daß er mich aus der Knechtschaft entlassen hat. Jetzt bindet mich nichts mehr. Weder Vater noch Mutter, noch Kiku. Jetzt bin auch ich zur Geduld fähig. Ich bin einundzwanzig, fast Daimyo von Izu, und es gilt, eine ganze Welt zu erobern.
»Ja, Euer Gnaden?« sagte Fujiko gerade.
»Ihr reist direkt von hier weiter nach Anjiro. Ich habe beschlossen, dem Anjin-san statt Yokohama Anjiro zum Lehen zu geben. Das ganze Gebiet zwanzig Ri im Umkreis des Dorfes gehört ihm mit einem Jahreseinkommen von viertausend Koku. Ihr übernehmt Omi-sans Haus.«
»Gestattet, daß ich Euch in seinem Namen danke, Euer Gnaden. Tut mir leid, aber gehe ich fehl in der Annahme, daß er noch nichts davon weiß?«
»Nein, ich werde es ihm heute sagen. Ich habe ihm befohlen, ein neues Schiff zu bauen, Fujiko-san, einen Ersatz für das verlorene, und Anjiro eignet sich vorzüglich, um dort ein Schiff auf Kiel zu legen. Mit Gyoko-san bin ich übereingekommen, daß ihr ältester Sohn dem Anjin-san alles Geschäftliche abnimmt. Sämtliches Material und die Handwerker werden aus meinem Schatz bezahlt. Ihr werdet ihm helfen, eine Art von Verwaltung aufzubauen.«
» Oh ko , Euer Gnaden«, sagte sie sofort beunruhigt. »Die Zeit, die ich beim Anjin-san bleibe, ist nur noch kurz.«
»Ja. Ich werde ihm eine andere Gattin aussuchen müssen … oder Gemahlin, neh?«
Fujikos Augen verengten sich, als sie aufblickte. Dann sagte Sie: »Bitte, wie kann ich Euch darin behilflich sein?«
Toranaga sagte: »Wen würdet Ihr vorschlagen? Ich möchte, daß der Anjin-san zufrieden ist. Zufriedene Männer arbeiten besser, neh?«
»Ja.« Fujiko dachte nach. Wer würde den Vergleich mit Mariko-sama aushalten? Dann ging ein Lächeln über ihr Gesicht. »Euer Gnaden, Omi-sans augenblickliche Gemahlin, Midori-san. Seine Mutter haßt sie, wie Ihr wißt, und möchte, daß Omi sich scheiden läßt … Midori-san ist eine so bezaubernde Dame.«
»Ihr meint, Omi möchte sich scheiden lassen?« Wieder schien sich eines zum anderen zu fügen.
»O nein, Euer Gnaden, ich bin sogar überzeugt, daß er das nicht möchte. Welcher Mann möchte seiner Mutter schon wirklich gehorchen? Aber so ist nun einmal unser Gesetz, und er hätte sich schon beim ersten Mal scheiden lassen sollen, als seine Eltern es erwähnten, neh? Wenn seine Mutter auch ein unangenehmes Wesen hat, weiß sie doch bestimmt, was am besten für ihn ist. Tut mir leid, aber Gehorsam des Sohnes seinen Eltern gegenüber ist nun einmal ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft.«
»Sehr richtig«, sagte Toranaga und dachte über diese glückliche Aussicht nach. »Und würde der Anjin-san Midori-san für einen guten Vorschlag halten?«
»Nein, Euer Gnaden, nicht, wenn Ihr ihm die Heirat befehlt … aber, tut mir leid, wird es nötig sein, das zu tun?«
»Oh?«
»Vielleicht findet Ihr Mittel und Wege, ihn dazu zu bringen, selbst auf diesen Gedanken zu kommen. Das wäre sicher das beste.«
»Und Ihr wäret einverstanden mit Midori-san?«
»O ja. Sie ist siebzehn, ihr kleiner Sohn ist gesund, sie stammt aus einer guten Samurai-Familie, und folglich wird sie dem Anjin-san prächtige Söhne schenken. Ich weiß, daß sie meinem Gebieter gefällt, denn Mariko-sama hat mir erzählt, sie habe ihn des öfteren damit aufgezogen. O ja, bei ihr könnte er sich geborgen fühlen. Außerdem sind ihre beiden Eltern tot, so kann es
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