Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
soll's - ich kann genausogut Portugiesisch lernen.«
Ich wollte schon hinter ihr hergehen, als diese angelsächsische Einstellung, die ich habe, sich meldete: »Nein, so kann man nicht entscheiden, welche Sprache man sprechen wird.« So ging ich zurück und trug mich, sehr zu meinem Bedauern, für den Spanisch-Kurs ein.
Etwas später war ich zu einem Treffen der Physikalischen Gesellschaft in New York und stellte fest, daß ich neben Jaime Tiomno aus Brasilien saß, und er fragte: »Was machen Sie nächsten Sommer?«
»Ich habe vor, Südamerika zu besuchen.«
»So! Warum kommen Sie nicht nach Brasilien? Ich besorge Ihnen eine Stelle am Physikalischen Forschungszentrum.«
Nun mußte ich das ganze Spanisch auf Portugiesisch umstellen!
Ich fand einen portugiesischen Doktoranden in Cornell, und er gab mir zweimal die Woche Stunden, so daß ich das, was ich gelernt hatte, abwandeln konnte.
Im Flugzeug nach Brasilien saß ich zunächst neben jemandem aus Kolumbien, der nur Spanisch sprach: ich unterhielt mich nicht mit ihm, um nicht alles wieder durcheinanderzubringen. Aber vor mir saßen zwei, die Portugiesisch sprachen. Ich hatte noch nie richtiges Portugiesisch gehört; ich hatte nur diesen Lehrer gehabt, der sehr langsam und deutlich gesprochen hatte. Und jetzt sitzen da diese beiden und reden in einem wahnsinnigen Tempo, brrrrrrr-a-ta brrrrrrr-a-ta , und ich verstehe nicht mal das Wort für »ich« oder einen Artikel oder sonst irgendwas.
Als wir zum Auftanken in Trinidad zwischenlandeten, ging ich schließlich zu den beiden Burschen hin und fragte sehr langsam auf portugiesisch oder in der Sprache, die ich für Portugiesisch hielt: »Entschuldigen Sie... können Sie verstehen ... was ich jetzt zu Ihnen sage?«
»Pues não, porque não ?« - »Ja sicher, wieso nicht?« antworteten sie.
Da erklärte ich so gut es ging, daß ich jetzt seit ein paar Monaten Portugiesisch gelernt, es aber noch nie im Gespräch gehört hätte und daß ich ihnen im Flugzeug zugehört hätte, aber nicht ein Wort verstehen könne.
»Oh« , sagten sie lachend, »não e Portugues! E Ladão! Judeo!« Was sie sprachen, stand zu Portugiesisch in dem Verhältnis, in dem Jiddisch zu Deutsch steht. Man kann sich also vorstellen, wie jemand, der Deutsch gelernt hat, hinter zwei Leuten sitzt, die Jiddisch reden, und versucht herauszukriegen, worum es geht. Es ist offenbar Deutsch, aber es klappt nicht. Das kann nur heißen, daß er nicht besonders gut Deutsch gelernt hat.
Als wir wieder an Bord des Flugzeugs gingen, zeigten sie mir noch einen Mann, der Portugiesisch sprach, und ich setzte mich neben ihn. Er hatte in Maryland Neurochirurgie studiert, so daß es leicht war, sich mit ihm zu unterhalten - jedenfalls solange es um cirurgia neural, o cerebreu und andere so »komplizierte« Dinge ging. Die langen Worte lassen sich eigentlich recht leicht ins Portugiesische übersetzen, denn der einzige Unterschied sind ihre Endungen: die Endung »-tion« im Englischen heißt im Portugiesischen »-cão«; »-ly« heißt »-mente« und so weiter. Aber als er aus dem Fenster schaute und etwas Einfaches sagte, war ich aufgeschmissen: »Der Himmel ist blau« konnte ich nicht entschlüsseln.
In Recife stieg ich aus dem Flugzeug (die brasilianische Regierung sollte die Kosten für das Stück von Recife nach Rio übernehmen) und wurde von dem Schwiegervater von Cesar Lattes, der der Leiter des Physikalischen Forschungszentrums in Rio war, seiner Frau und einem anderen Herrn abgeholt. Während die Männer weg waren, um mein Gepäck zu holen, fing die Dame an, sich mit mir auf portugiesisch zu unterhalten: »Sie sprechen Portugiesisch? Wie schön! Wie kommt es, daß Sie Portugiesisch gelernt haben?«
Ich antwortete langsam, mit größter Mühe. »Zuerst habe ich Spanisch gelernt... dann stellte sich heraus, daß ich nach Brasilien gehen würde...« Jetzt wollte ich sagen: »Deshalb habe ich Portugiesisch gelernt«, aber mir fiel das Wort für »deshalb« nicht ein. Ich wußte freilich, wie man GROSSE Worte macht, und so beendete ich den Satz folgendermaßen: »CONSEQUENTEMENTE, apprendi Portugues!«
Als die beiden Männer mit dem Gepäck zurückkamen, sagte sie: »Oh, er spricht Portugiesisch! Und mit solch herrlichen Worten: CONSEQUENTEMENTE! «
Dann kam eine Ansage über den Lautsprecher. Der Flug nach Rio war gestrichen worden, und der nächste sollte erst am folgenden Dienstag gehen - und ich mußte spätestens am Montag in Rio sein.
Ich regte mich
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