Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie kamen nach Bagdad

Sie kamen nach Bagdad

Titel: Sie kamen nach Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Aluminiumpfannen, Tassen, Untertassen und Teekannen, gehämmerte Kupfergefäße, Silberwaren und Amara, billige Uhren, Emailbecher, Stickereien und bunt gemusterte Teppiche aus Persien. Messingbeschlagene Truhen aus Kuwait, abgelegte Röcke und Hosen und wollene Kinderjäckchen. Gestepppte Bettdecken, bemalte Glaslampen, Stöße von Tonkrügen und Töpfen.
    Nach seinem langen Aufenthalt in abgelegenen Regionen kam dieser lärmende Wirrwarr Carmichael sonderbar vor, aber alles war, wie es sein sollte. Er entdeckte keinen Misston, kein Zeichen des Interesses an seiner Person. Er schien niemandem aufzufallen. Und doch spürte er mit dem Instinkt eines Menschen, der seit Jahren weiß, was es heißt, ein Gejagter zu sein, ein wachsendes Unbehagen – ein dumpfes Gefühl drohender Gefahr.
    Er bog zuerst in eine dunkle, schmale Seitengasse zur Rechten, dann in eine zur Linken ein. Hier kam er zwischen den kleinen Buden zu einem Eingang in einen Hof, um den herum sich die verschiedensten Läden befanden. Carmichael ging zu einem, wo Ferwahs hingen – die Schaffellmäntel aus dem Norden. Er blieb stehen und betastete versuchsweise einen. Der Besitzer des Ladens bewirtete eben einen Kunden mit Kaffee. Es war ein großer bärtiger Mann, der etwas Grünes an seinem Tarbusch trug, was ihn als einen Pilger kennzeichnete, der in Mekka gewesen war.
    » Besch hadah?« , fragte Carmichael.
    »Sieben Dinar.«
    »Zu viel.«
    Der Pilger sagte: »Sie werden die Teppiche also in meinem Khan abliefern, nicht wahr?«
    »Zuverlässig«, antwortete der Kaufmann. »Reisen Sie morgen ab?«
    »Bei Morgengrauen nach Kerbela.«
    »Kerbela ist meine Stadt«, sagte Carmichael. »Es ist fünfzehn Jahre her, dass ich das Grab Husseins zuletzt gesehen habe.«
    »Es ist eine heilige Stadt«, sagte der Pilger.
    Der Händler sprach über seine Schulter hinweg zu Carmichael: »Ich habe billigere Ferwahs im Hinterzimmer.«
    »Ich brauche einen weißen Ferwah aus dem Norden.«
    »Ich habe einen im anderen Zimmer.« Der Kaufmann wies auf eine Tür an der rückwärtigen Innenwand.
    Das Ritual war planmäßig abgelaufen – ein Gespräch, wie man es täglich in jedem Souk hören kann –, auch die Reihenfolge stimmte, die Schlüsselworte waren alle da: Kerbela, weißer Ferwah. Aber als Carmichael an dem Mann vorbeiging, um das Zimmer zu durchqueren und in das Hinterzimmer zu gelangen, hob er seine Augen zum Gesicht des Kaufmanns – und wusste sofort, dass es nicht das Gesicht war, das er zu sehen erwartet hatte. Obwohl er den betreffenden Mann nur einmal zuvor gesehen hatte, täuschte ihn sein scharfes Gedächtnis nicht. Es bestand zwar eine Ähnlichkeit, sogar eine sehr große Ähnlichkeit, aber es war nicht derselbe Mann. Er blieb stehen und sagte im Ton leichten Erstaunens: »Aber wo ist Salah Hassan?«
    »Er ist vor drei Tagen gestorben. Er war mein Bruder. Seine Angelegenheiten liegen in meinem Händen.«
    Ja, das war wahrscheinlich ein Bruder, die Ähnlichkeit war frappierend. Und es war möglich, dass der Bruder auch vom Departement eingesetzt wurde. Die Antworten waren jedenfalls korrekt gewesen. Trotzdem war Carmichael von nun an noch mehr auf der Hut, als er das düstere Hinterzimmer betrat.
    Ein weißer Ferwah lag sorgfältig gefaltet auf einem kleinen Kaffeetisch. Carmichael ging hin und hob ihn auf. Darunter kam ein abgetragener, etwas auffallender europäischer Straßenanzug zum Vorschein. Die Brieftasche mit Geld und den Beglaubigungsscheinen steckte bereits in der Brusttasche. Ein unbekannter Araber hatte den Laden betreten und ein Mr Walter Williams von der Firma Cross & Co. Importeure und Schiffsagenten, würde herauskommen und gewisse im Vorhinein für ihn getroffene Verabredungen einhalten. Es gab natürlich einen wirklichen Mr Walter Williams – man wollte so wenig Risiken wie möglich eingehen –, einen Mann mit einer makellosen geschäftlichen Vergangenheit. Alles, wie es im Programm vorgesehen war. Aufatmend begann Carmichael seinen zerfetzten Waffenrock aufzuknöpfen. Alles verlief nach Plan.
    Auf dem Tisch vor Carmichael stand eine große kupferne Kaffeekanne und diese Kaffeekanne war jüngst im Auftrag eines amerikanischen Touristen, der sie demnächst abholen wollte, poliert worden. Das Blitzen eines Messers spiegelte sich in dieser glänzenden, gewölbten Oberfläche – ein ganzes Bild spiegelte sich in ihr, verzerrt, aber deutlich genug: der Mann, der hinter Carmichael durch die Vorhänge schlüpfte, das lange gebogene Messer,

Weitere Kostenlose Bücher