Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)
Autoren: Madeleine Roux
Vom Netzwerk:
würde auch nichts nutzen, denn Phil ist ein Riesenkerl mit den Schultern eines Quarterbacks und genug Gewicht, um uns beide ohne Anstrengung umzuwerfen. Schon ist er über den Platz gerannt und hastet zu seinem Auto, doch bevor er es erreicht hat, hält ihn etwas auf.
    Ich kann es nicht erklären. Jeder weiß, wie ungemütlich und herzerweichend es ist, einen ausgewachsenen Mann weinen zu sehen, aber wenn es sich um deinen Boss handelt, ist es noch schlimmer. Kurz vor seinem Auto sinkt er auf die Knie und wiegt ruckartig den Oberkörper vor und zurück, als bekäme er Stromschläge. Der Tankverschluss steht offen. Mit dem nächsten Auto, Janettes, ist es das Gleiche. Kein Sprit. Er wurde abgesaugt, gestohlen.
    Phil ist mit uns gekommen, um zu fliehen. Das ist jetzt klar. Ich hätte diese Möglichkeit bedenken sollen. Am liebsten würde ich ausrasten, ihn hochzerren und durchschütteln und ihm ins Gesicht schlagen. Aber ich kann es nicht. Ich will ihn fragen: Wo wolltest du hin? Was glaubst du, wo man hingehen kann?
    Stattdessen gehe ich zu ihm und lege ihm freundlich die Hand auf die Schulter. Er ist vollkommen verkrampft, ein einziger Knoten aus Nerven und Frustration. »Ist schon in Ordnung, wir werden es den anderen nicht sagen.«
    Wir müssen in Bewegung bleiben, weiter vorstoßen, aber ich weiß nicht, wie ich ihn aus seiner Verzweiflung reißen kann. Es ist nur eine weitere Welle des Schreckens, eine weitere in der endlosen Serie unwillkommener Überraschungen. Phil hört nach einer Weile auf zu zittern und kommt auf die Füße. Er sabbert sich auf den Handrücken, als er versucht, sich Rotz und Tränen von Wangen und Kinn zu wischen. Eine Träne hat sich in seinem Spitzbart verfangen, aber ich sage nichts darüber.
    »Hinten drin liegen Golfschläger«, sagt er mit einer traurigen, ruhigen Stimme. Er zieht einen Schlüsselring aus seinen Khakihosen und geht zum Kofferraum. Darin wartet eine glänzende Ledertasche voller Golfschläger, deren dicke Köpfe mit Hauben bedeckt sind wie jene von Delinquenten am Galgen. Phil beugt sich hinüber und zieht vorsichtig, fast liebevoll einen der Schläger heraus. »Ist er nicht eine Schönheit?«
    Doch, das ist er.
    »Hier, einen für jeden von uns.«
    Phil reicht mir einen Schläger und sagt, es handele sich um einen Driver. Er ist leicht, unnatürlich leicht angesichts der ernormen Größe des Metallkopfes. Ich ziehe das Häubchen ab, und selbst im matten, trüben Licht glänzt das silbrige Material. DIABLO ist ins Metall geätzt.
    »Wir nehmen die Driver und die Eisen«, sagt Phil, reicht Ted einen Schläger und behält selbst zwei.
    Er scheint sich wieder zu fangen. Ich habe den Eindruck, einfach die Schläger wieder in der Hand zu halten hat ihm ein Stück Normalität zurückgegeben.
    Höchste Zeit, uns wieder in Bewegung zu setzen. Es macht mich nervös, so lange auf freiem Feld herumzustehen. Ich stelle mir fortwährend vor, wie hinter der Stützmauer rechts von uns eine ganze Armee Stöhner gegen uns vorrückt. Wir gehen zurück zur Laderampe, wo Ted Phil auf den Rücken klopft und ihm für die Schläger dankt.
    Die Feuerleiter hängt von den oben liegenden Wohnungen herab und endet ein Stück über der Rampe. Ich bin zu kurz, um das Ende alleine zu erreichen. Ted baut mir eine Räuberleiter, indem er die Hände zu einem Steigbügel formt und mich hochstemmt. Eigentlich bin ich gar nicht scharf darauf, als erste eine Leiter hochzusteigen, die mich sehr gut in einen Raum voller Untoter führen kann. Aber da hängt ein schimmernder neuer Golfschläger an meinem Gürtel, und ich habe nichts dagegen, ihn auszuprobieren. Nicht, dass ich der Axt müde geworden wäre – es ist einfach schön zu wissen, etwas in Reserve zu haben.
    Die schmiedeeiserne Feuertreppe ist eisig kalt. Kleine Rostgrate, die mir in die Hände schneiden, bedecken sie. Ich klettere, so schnell ich kann, und hoffe, dass ich oben bin und durch ein Fenster schlüpfen kann, bevor die Kreaturen, die womöglich drinnen warten, überhaupt mitkriegen, dass wir im Anmarsch sind. Wir wissen immer noch nicht, wie sie uns eigentlich orten – nur mit ihrem Geruchssinn? Oder ist es etwas viel Schlimmeres, eine böse übernatürliche Gabe, im Moment des Todes erworben?
    Meine Zähne klappern, als ich die Metallplattform mit dem Lattenboden erreiche. Wenn der Adrenalinspiegel erst mal sinkt, dringt die eisige Kälte ein, kriecht in deine Kleider und friert deine Knochen ein. Das Fenster direkt vor der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher