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Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Titel: Sie sehen aber gar nicht gut aus! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Strzoda
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Fahrrad zu dem Supermarkt, bei dem gerade Sturmhauben im Angebot waren, die nur die Augen des Trägers frei ließen. Das Komplettpaket für den Gelegenheitsverbrecher war damit geschnürt. Frank war zufrieden mit seinen Einkäufen und seinem Plan, den er am darauffolgenden Morgen in die Tat umsetzen wollte.
    SBC – »Suicide by Cop«. So nennen Psychologen die perverse Selbstmordvariante, sich durch Kugeln aus einer Polizeiwaffe hinrichten zu lassen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Grenzenloser Hass auf die Staatsmacht lässt die Täter sich selbst als Opfer der Exekutive hinstellen und sich in den Abendnachrichten feiern. Manche glauben auch daran, dass Selbstmord eine Sünde sei, oder sind einfach nur zu feige, um im stillen Kämmerlein ein paar Schlaftabletten mit Wodka hinunterzuspülen. Daher benutzen sie lieber Polizisten, um sie die Drecksarbeit für sich erledigen zu lassen. So wie Frank.
    6. Februar, 10.30 Uhr. Der Tag X. Frank betrat die Praxis eines niedergelassenen Zahnarztes in der Hauptstraße und verschwand mit seinem eingerissenen, verdreckten Beutel aus Baumwolle auf der Toilette. Es waren an diesem Tag nicht so viele Patienten anwesend, wie er gehofft hatte. Über 20 Geiseln hätten es schon werden sollen. Kurzes Innehalten. Was, wenn eine Geisel aufmüpfig wurde? Was, wenn nicht alles nach Plan lief? Oder der Zahnarzt ihn nicht ernst nahm? Was, wenn ihn überhaupt niemand ernst nahm? Frank schwitzte. Der Schweiß perlte ihm die Stirn hinab, am Hals entlang, um sich anschließend im blassgrünen T-Shirt zu verlieren. Er trocknete sich die feuchten Hände mit einem Stück Klopapier ab. Dann zog Frank die Sturmhaube über und packte die Waffe samt Handgranate.
    »Überfall! Das ist ein Ü-ber-fall!« Köpfe drehten sich zu Frank, der die Tür so fest gegen den Stopper gestoßen hatte, dass die Fenster vibrierten. Starre Blicke, eine Helferin ließ ihre Unterlagen fallen. Blätter flogen durch die Gegend. »Keiner bewegt sich. Verstanden?« Stille. »VERSTANDEN?« Das Nicken aus allen Richtungen erinnerte an das eines sechsjährigen Kindes, das soeben eine Ohrfeige bekommen hatte. Nur das Gluckern der Kaffeemaschine war noch zu hören, als das Telefon der Zahnarztpraxis klingelte. Franks Drohung in Richtung der Helferin wirkte. Das Klingeln verhallte unbeantwortet. Keiner wagte es, auch nur hörbar zu atmen. Plötzlich kam der Zahnarzt kauend aus der Praxisküche und bog um die Ecke. Die Apfeltasche schien ihm förmlich im Hals stecken zu bleiben. Mit weit aufgerissenen Augen blickte er direkt in die Mündung der automatischen Handfeuerwaffe. Dann sprudelte es aus ihm heraus: »Was wollen Sie? Spinnen Sie?«
    »Halt’s Maul, schluck runter, und schwing deinen Kadaver in die Ecke dort drüben!«
    »Was?«
    »Ich knall dich ab! Los jetzt!« Die Mündung der Waffe zeigte in Richtung Zahnarztstirn.
    Die Gesichtsfarbe des Zahnarztes schlug von Rot nach Weiß um, als dieser den Ernst der Lage begriff. Wie befohlen, schlich er dann zu einem Stuhl in der Ecke. Frank deutete mit der Waffe auf eine Helferin. »Zusperren. Die Eingangstür, verstanden?« Klack-klack. Schon geschehen.
    »So, und jetzt will ich keinen Furz mehr hören!«
    Auf die Idee, jetzt noch irgendetwas zu sagen, wäre ohnehin niemand gekommen. Franks Anspannung ließ etwas nach, nachdem alle Geiseln gehorcht hatten. Er stellte sich ans Fenster, sah auf die Hauptstraße und wartete.
    Am selben Morgen, 5.30 Uhr. Zum Kotzen. Mein Außenthermometer zeigte stattliche 21 Grad unter null an. Ich stellte fest, dass der Atem auch in diesem Februar wieder von innen an der Scheibe festfror. Mein violettfarbenes 97er Ford Escort Cabrio mit einer Menge Rost und einem defekten Kühlmittelthermostat hatte leider keine Standheizung. Es war ein reines Sommerauto. Für mich bedeutete das, dass ich auf meinem drei Kilometer langen Weg zur Wache ungefähr 15-mal anhalten musste, um ein neues Guckloch von außen und innen in die Scheibe zu schmirgeln. Alternativ fuhr ich an manchen Tagen mit offenem Seitenfenster und streckte meinen Kopf hinaus – natürlich nur, sofern die Scheibe nicht festgefroren war und sich öffnen ließ. Wenn mir dann die Gesichtszüge einfroren, was meist nicht lange dauerte, hielt ich doch wieder an und kratzte lieber. Gefrorene Finger sind angenehmer als eine gefrorene Visage. Scheißwinter. Ich mochte ihn noch nie.
    Während es langsam hell wurde, saß ich schon lange auf dem Beifahrersitz des Rettungswagens. Das Radio

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