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Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Titel: Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen von der Lippe
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reden?«
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    Früher hätte ich gedacht: »Lieber Gott, was hab ich dir getan? Ich will doch nur in Ruhe mit meiner Frau hier sitzen und lecker essen und jetzt muss ich diese kleinen und großen Arschlöcher um mich herum ertragen.«
    Heute denke ich: »Ich bin in einer Stunde hier raus und habe meine Ruhe, diese Eltern haben die Blagen noch 20 Jahre am Hals«, und ein sehr starkes Glücksgefühl durch-strömt mich, das nur noch davon getappt wird, dass ich, wenn der nächste Hoffnungs-träger kreischend an meinem Stuhl vorbei-rennt, kurz das Bein rausstrecke und ihm so den uralten Menschheitstraum vom Fliegen erfülle.

SIE Single
    Meine erste Single war ›Hey Jude‹ von den Beatles, und die habe ich als Schülerin den ganzen Tag allein gehört. Als meine Eltern nach Hause kamen und fragten, was das für komische Musik sei, habe ich sie umgedreht und nur noch ›Devolution‹ gehört. Von meiner zweiten Single sangen die Rolling Stones ›I can’t get no Satisfaction‹, und mir ging es genauso, denn anders als die meisten hatte ich noch keinen Freund. Der Ausdruck
    »Single« bezeichnete damals nur die kleinen schwarzen Platten, und hätte ich meiner Freundin erzählt, dass ich nun auch nicht länger Single sein wollte, hätte sie mich wahrscheinlich sofort einliefern lassen.
    So wurde mein persönliches Adventure-
    Spiel ›Partnersuche‹ von einem Mix aus Musik und Hormonen gestartet und erwies 75
    sich in der Folge als ein durch Lust und Leid geprägtes Unterfangen, bei dem Zwischen-stopps in Himmel und Hölle zum ganz normalen Begleitprogramm gehörten. Natürlich sind es die himmlischen Erfahrungen, die dafür sorgen, dass man die Suche nicht vorzeitig frustriert aufgibt, und sicher sind es großer Liebeskummer und die Angst vor weiteren Enttäuschungen, die manche zu überzeugten Singles werden lassen, die den Rest ihrer Tage lieber als emotionale Ich-AG verbringen möchten. Als mein Mann
    sich gegen Ende des siebten Ehejahres ein Modell des Colts namens Peacemaker Single Action« zu Weihnachten wünschte, hatte sich die Bedeutung des Wortes Single als Bezeichnung für alleinlebende Menschen ohne festen Partner schon im normalen Sprachgebrauch eingenistet. Natürlich machten mich der Zeitpunkt und der Name dieser Waffe skeptisch und ich kaufte ihm das verdammte Ding nicht und verbot ihm obendrein, es sich selbst zu besorgen. »Waffen braucht man nicht«, argumentierte ich.
    »40 Paar Schuhe braucht man auch nicht«, bekam ich zur Antwort. Bei Verheirateten haben diese Zündstoff-Dialoge meist längere Diskussionen zur Folge. Sie sind der Preis, den man für eine intime Partnerschaft zahlt. Was ist die Alternative? Jage ich meinen Mann fort, lande ich früher oder später in einer der unzähligen Flirt-, Partner- und Kontaktbörsen und verbringe meine Abende allein vor dem Computer, um im Internet aus 4,5 Millionen Suchenden einen Neuen zu finden. Dann braucht es weitere 10 Jahre, 76
    bevor ich wieder solche spannenden Dialoge führen kann. Die Zeit habe ich in meinem Alter nicht mehr.
    In der Jetztzeit heißt ›Single Action‹ in der Hauptsache, das Handy schnell zu ziehen.
    Es hängt bei manchen Männern verdammt tief am Gürtel und ich habe den Eindruck, die mobile Handhabung hat mit der Pistolen-jonglage von Yul Brunner in dem Film
    Westworld sehr viel Ähnlichkeit. Was, wenn in 10 oder 20 Jahren ein Handy noch mehr kann als telefonieren, filmen, fotogra-fieren, musizieren und Daten übertragen?
    Braucht man dann noch einen lebendigen Partner?
    Auf dem Markt sind bereits Produkte, die dem Single das Leben erleichtern sollen, z. B. die CD mit Geräuschen, die simulie-ren, es gäbe jemanden in der Wohnung.
    Mein Favorit wäre eine Schnarch-CD zum geselligen Einschlafen. Der neueste Knüller ist die Single-Tapete, die den Eindruck erweckt, es säße ein lebensgroßer Jemand im Zimmer, wahlweise Mann oder Frau, auf einer Couch oder im Sessel. Das ist ja fast wie im richtigen Leben. Echte Männer sitzen auch größtenteils rum und sagen nichts, und was das Putzen angeht, steht der Tape-tenmann dem echten auch in nichts nach.
    Sein eindeutiger Vorteil: Er krümelt nicht, verwüstet nicht die Küche und will auch nicht die Sportschau sehen. Sein Nachteil ist allerdings: Man kann ihn ausschimpfen, ohne dass er Widerworte gibt. Selbst wenn man ihm ein Glas Bier ins Gesicht schüttet, grinst er heiter weiter. Das wäre mir auf 77
    Dauer doch zu öde, da bin ich lieber verheiratet und habe jemanden, der mich

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