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Sie und Er

Sie und Er

Titel: Sie und Er Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea de Carlo
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es nicht«, sagt Clare. »Warum schaust du mich dauernd so an?«
    »Weil ich Angst um dich habe, Clarie«, sagt Paula. »Das weißt du genau. Ich will dich nie wieder in dem Zustand sehen wie vor vier oder fünf Jahren mit Alberto, oder womöglich noch schlimmer.«
    »Ich weiß«, sagt Clare. »Aber warten wir’s mal ab, bevor wir uns Sorgen machen, okay?«
    »Was willst du abwarten, Clarie?«, fragt Paula. »Stefano kauft eine neue Wohnung, um mit dir zusammenzuziehen! Du wirst doch jetzt nicht alles über den Haufen werfen wollen, bloß wegen einem, den du selbst als den verkehrten Typen bezeichnest?!«
    »Ach, das habe ich nur so gesagt«, verteidigt sich Clare.
    »Aber gesagt hast du es.« Paula lässt nicht locker.
    »Jedenfalls ist zwischen uns nichts passiert. Und das wird es auch nicht. Höchstwahrscheinlich hat er mich schon wieder vergessen.« Sie bemüht sich, so entschieden wie möglich zu klingen, aber der letzte Satz gibt ihr einen Stich ins Herz und in die Lunge, ihre Stimme kippt.
    »Das Problem ist, dass du ihn nicht vergessen hast«, sagt Paula. »Zumindest habe ich nicht diesen Eindruck.«
    »Das ist kein Problem.« Clare ist durchaus klar, wie widersprüchlich ihre Äußerungen sind, unhaltbar, kindisch und peinlich.
    »Du denkst ununterbrochen an ihn«, sagt Paula. »Und setzt deine Beziehung zu Stefano aufs Spiel wegen einer Sache, die wahrscheinlich nur in deinem Kopf existiert, die es gar nicht gibt.«
    »Komm, Paula«, sagt Clare. »Sieh’s nicht so tragisch.«
    »Wie sollte ich es denn sehen?«, fragt Paula. »Clarie?«
    »Ich habe ja kapiert, was du meinst«, sagt Clare. »Ehrlich.«
    »Ja, aber versprich mir, dass du diesen Deserti nicht mehr anrufst«, sagt Paula.
    »Einverstanden.« Sie will das Thema endlich abschließen.
    »Auch wenn er sich wieder bei dir melden sollte«, sagt Paula.
    »Er wird sich nicht melden.« Deutliches Bedauern schwingt in ihrem Tonfall mit, sie kann es nicht verhindern.
    »O doch«, sagt Paula. »Wahrscheinlich ist sein Verhalten reine Berechnung und gehört zu den bewährten Strategien eines Verführers.«
    »Er ist kein Verführer«, sagt Clare, »Jedenfalls nicht mit mir.«
    »Ein Verführer ist ein Verführer, Clarie. Punkt.« Hier schöpft Paula bestimmt aus ihrer Erfahrung mit Riccardo Erlandi, der sie in Florenz über eineinhalb Jahre zappeln ließ, bevor er ihr enthüllte, dass er verheiratet war und mindestens noch zwei weitere Geliebte hatte. »Versprich mir, dass du ihn nicht mehr anrufst.«
    »Ja«, sagt Clare.
    »Ich will es aus deinem Mund hören«, drängt Paula.
    »Ich habe es doch gerade gesagt«, erwidert Clare.
    »Sag: Ich verspreche es«, sagt Paula.
    »Versprochen«, sagt Clare schleppend. »Können wir jetzt über etwas anderes reden? Ich hatte dich angerufen, um ein bisschen mit dir zu plaudern.«
    »Du hast mich angerufen, um mit mir genau darüber zu reden«, sagt Paula. »Deiner Schwester kannst du nichts vormachen, Clarie.«
    »Na gut«, sagt Clare. »Aber jetzt reden wir über etwas anderes. Bitte!«
    Sie wechseln das Thema, auch wenn Daniel Deserti immer im Hintergrund lauert wie ein Jaguar, der im Bambus herumstreicht.
    Als sie sich schließlich verabschieden und die Verbindung unterbrechen, bleibt sie mit schweißnassem T-Shirt vor dem Computer sitzen; ihre Haut glüht.
    Sie tipptin das Browser-Fenster ein, öffnet die Webseite. Wieder betrachtet sie die beiden Fotos von Daniel Deserti, liest seine zu knappe Biographie und bemüht sich dabei, alles durch die Augen ihrer Schwester zu sehen, was ihr natürlich nicht gelingt. Ihre Eindrücke sind genauso wie vorher, vielleicht noch stärker; nur sind sie jetzt überschattet von der Vorstellung, sie vor dem Rest der Welt verteidigen zu müssen. Dennoch fragt sie sich, wie begründet das instinktive Misstrauen ihrer Schwester wohl ist; wieweit sie es in Betracht ziehen müsste. Das Versprechen einzuhalten, ihn nicht mehr anzurufen, könnte alles vereinfachen, scheint ihr, und eine Last von ihr nehmen, sie wieder frei atmen lassen. Doch gleich darauf fühlt sie wieder das Gift all dieser Eindrücke und Empfindungen, Träume und Ängste im Blut, die sie seit seiner Ankunft vor dem Häuschen auf dem Hügel umtreiben, oder vielleicht auch schon seit sie im Zug sein Buch gelesen hat, seit sie im strömenden Regen die Tür des schrottreifen alten Jaguar geöffnet hat.
    Beim letzten Mal stand auf der Seite Veranstaltungen nichts, jetzt ist ein Termin für morgen um 21 Uhr angekündigt, in

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