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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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breitet sich in ihm Übelkeit aus. Verstopft bei einem Auto der Auspuff, verringert sich das Leistungsniveau sofort um …«
    »Sie sind verhaftet, Nikolai Antonowitsch!« unterbrach ihn der weibliche Leutnant mit schneidender Stimme. »Ab sofort unterstehen Sie meinem Befehl! Eine klare Frage: Können Sie den Wagen reparieren?!«
    »Eine klare Antwort, Genossin Leutnant: Ja!« Plejin blickte sie nun doch an. Sein Herz wurde wie ein Bleisack unter ihren Augen und erhitzte beim Pumpen das Blut so stark, daß es wie kochend durch seine Schläfen pulste. Nie wird es wieder eine schönere Frau geben, dachte er – und erschrak vor seiner Begeisterung. Nie kann es eine schönere gegeben haben! Solch eine Frau ist einmalig wie ein Stern, der plötzlich mit strahlendem Glanz inmitten von Milliarden anderer Sterne auftaucht und ihr Licht übertrifft.
    »Dann fangen Sie endlich an!« sagte sie hart. »Wenn alle Mechaniker so viel reden würden …«
    »Ich bin kein Mechaniker, Genossin …«
    »Was sind Sie dann?«
    »Opernsänger.«
    »Hihi!« brüllte seitlich von ihnen Abram und schlug sich auf die Schenkel. »Er singt allein dreistimmig … hoho!« Dann schwieg er abrupt, weil einer der Milizionäre ihm das Knie in den Hintern stieß. So etwas hat man nicht gern, es mindert die Freude.
    »Sänger?« Der weibliche Leutnant musterte Plejin wieder, unschlüssig, ob sie ihm glauben oder ihn wieder anschreien sollte. »Wieso fahren Sie auf einem Bauernkarren durch diese Gegend – als Sänger?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Ich erzähle sie Ihnen, wenn das Maschinchen wieder läuft. Darf ich bei der Reparatur singen? Mir geht dann alles schneller von der Hand. Das war schon immer so: Wenn ich als Kind meiner Mutter beim Wäscheaufhängen half, sang ich aus dem ›Troubadour‹ die Arie ›Lodern zum Himmel‹. Man soll es nicht glauben: Die Wäsche trocknete schneller!« Er sah, wie sie die Fäuste ballte und an die Seiten preßte, und beeilte sich, indem er eine zweite Zange aus dem Segeltuch-Etui riß. »Bei diesem durchgebrannten Zündkabel werde ich singen: ›So gut und schlimm es geht, schling ich das Seil und singe.‹ Erste Norne. ›Götterdämmerung‹ von Wagner.«
    »Singen Sie das gut, Nikolai Antonowitsch!« sagte sie eisig. »Wenn in kürzester Zeit der Wagen nicht läuft, singe ich zurück: ›Nur Todgeweihten taugt mein Anblick; wer mich erschaut, der scheidet vom Lebenslicht.‹ Brünnhilde. ›Die Walküre‹, auch von Wagner …«
    Plejin lehnte sich gegen den Jeep und breitete die Arme aus. »Ich gebe mich geschlagen«, sagte er und spürte in sich einen Brand, der sich durch alle Adern und Muskeln fraß. Daß er überhaupt noch stehen, denken und sprechen konnte, empfand er als ein Wunder. »Sie kennen Wagner!?«
    Sie antwortete nicht, drehte sich weg, zeigte ihm den Rücken und starrte ins Land. Abram Porfiriewitsch tippte verstohlen an seine Stirn. Du Idiot, hieß das Signal für Plejin. Sich mit der Miliz anlegen, und dann noch mit einem Weib in Uniform! Von allen Geistern ist er verlassen, dieser Nikolai Antonowitsch. Laß das Maschinchen wieder laufen und laß sie schnell wegfahren! Hast du nie erlebt, wie sich ein Weib verändert, wenn es kommandieren darf? Wenn es eine Uniform trägt? Einem Wolf kannst du einen Zahn ausreißen – man wird es dir glauben. Aber wenn du erzählst: Brüder, mich hat heute eine Frau in Uniform angelächelt, wird man dich als infamen Lügner aus dem Haus prügeln! Aber woher sollst du das wissen, du bist ja noch so jung! Mein lieber, kleiner Kolka, flick ihnen das Kabelchen! Und dann wollen wir zwei drei Kreuze schlagen, wenn wir sie nicht mehr sehen …
    Natürlich kam alles ganz anders. Es half gar nichts, daß Abram Porfiriewitsch in Kenntnis aller Schwierigkeiten, die eine Bekanntschaft mit der Miliz mit sich bringt, ungeduldig mit der Zunge schnalzte und darauf hinwies, er müsse weiter nach Michailowskoje, sonst bekäme er Schwierigkeiten mit der Sowchose.
    »Laßt den alten Meckerbock ziehen!« sagte der weibliche Leutnant endlich, während Plejin über dem Motor hing und ein Lichtkabel abschnitt, um es als Zündkabel zu verpflanzen. »Ohne meinen Freund«, setzte der Alte mutig an. Aber da fiel ihm Plejin in den Rücken, indem er, mit dem Kopf nach unten, rief:
    »Ich komme nach, Väterchen! Fahr voraus!«
    Abram rollte verzweifelt mit den Augen, trat an Plejin heran und beugte sich neben ihn in den Motorraum.
    »Idiot!« flüsterte er. »Glaub nicht, das

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