Sie waren zehn
Tiefe Asiens, ein Singen von Tönen, die sich noch außerhalb des Körpers verschmolzen. Und trotzdem blieb es eine menschliche Stimme, jedoch von einer Faszination, gegen die man sich nicht mehr wehren konnte und auch nicht wollte.
»Man sollte sich den Motor einmal ansehen!« sagte Plejin. Seine eigene Stimme kam ihm nun fremd vor. Ein wenig tonlos, flach, ohne Atemstütze, würde ein Gesangslehrer sagen.
»Genossen, wir scheinen auf ein Genie gestoßen zu sein!« Ihr Spott durchfuhr seine Ohren, und er spürte, daß er rot zu werden begann wie ein getadelter Schüler. Sie trat wieder gegen den Reifen, stützte die Hände auf die Hüften und lehnte sich gegen den niedrigen Aufbau. »Nur ran, Genosse! Das ist ein amerikanischer Wagen … ein Mistding.«
»Ich sehe es.«
»Sie nennen es dort drüben Jeep.« Der weibliche Leutnant der Miliz wartete ab, bis einer der Milizionäre die Klammern von der Motorhaube geöffnet hatte und den Deckel hochklappte. »Na, was ist, Sie Leninpreisträger für Technik?! Ein Blick genügt, um Magenschmerzen zu bekommen! Die Amerikaner bauen alles anders!«
Plejin trat an den Jeep heran, beugte sich über den Motor und wühlte in den verschiedenen Kabeln und Verbindungen. Dann richtete er sich auf und fragte sanft:
»Wie blieb er stehen?«
»Gibt es da verschiedene Variationen?« Das erschreckende Weib lachte hell, und wieder schwangen die Töne seltsam nach, als stießen sie in der Luft zusammen. »Er lief plötzlich nicht mehr weiter.«
»Wer saß am Steuer?«
»Ich!« Der weibliche Leutnant zog das schmale Kinn an. Ihre asiatischen Augen wurden noch enger und geschlitzter. Wie alle Frauen, die Auto fahren, hörte sie aus der Frage sofort eine Abwertung heraus. Diese Überheblichkeit des Mannes! Diese Alleskönner. Diese Erdbeherrscher … Nur weil sie ein paar Zentimeter mehr am Körper tragen! »Ich fahre seit sechs Jahren!« fügte sie hart hinzu.
»Hat es gestunken?« fragte Plejin.
Sie schoß einen heißen Blitz gegen ihn ab und stieß die Faust gegen den Kühlerdeckel.
»Zumachen!« befahl sie. »Wenn ein Wagen durch Gestank stehenbleibt, dürften Sie nie in die Nähe eines Autos kommen, Genosse!«
»Hat er gehüpft?«
»Das ist ein Auto und kein Ballettänzer!«
»Ein Zündkabel ist verschmort!« sagte Plejin und warf die Kühlerhaube zu. »Aber da es nicht gestunken hat, kann ich mich irren.«
»Sind Sie Automechaniker?«
»Nein.«
»Es hat ganz kurz gestunken. Nach heißem Gummi …«, sagte einer der Milizionäre. Er wich dem Blick seines Leutnants aus und klappte die Haube wieder hoch. Ihm war ein Weiterkommen wichtiger als ein Streit mit diesem Unbekannten. »Das wird es gewesen sein.«
»Das war es! Es ist unwichtig, ob es lang oder kurz stinkt … man muß nur merken, daß es stinkt! Aber Geruchssinn ist eine Gabe Gottes … nicht jeder hat ihn mitbekommen. Ich heiße übrigens Nikolai Antonowitsch Plejin.«
»Wen interessiert das?« Der weibliche Leutnant trommelte mit den Fingern auf das Autoblech. Es waren lange, zarte, wohlgeformte Finger mit rosa Nägeln und großen, fast weißen Monden. Ihre Bernsteinaugen leuchteten warnend. »Können Sie nur dumm reden oder auch praktisch helfen?«
»Ich will es versuchen. Haben wir Ersatzkabel?«
»Wie soll ich das wissen?«
»Wo ist das Werkzeug?«
»Pfeifen Sie mal, vielleicht meldet es sich!«
»Genossin Leutnant«, sagte Plejin mutig, vermied es aber, ihren Blick einzufangen, der doch nur seinen Atem stocken ließ, »von den sechs Jahren hinter dem Steuer hätten Sie mindestens ein Jahr unter dem Steuer verbringen sollen. Ein Auto ist wie eine Frau; es will von allen Seiten erkannt werden. Was hat man davon, wenn man einer Frau nur auf die Nase blickt und weiter unten ist es wesentlich interessanter?!«
»Hoho!« machte Abram Porfiriewitsch fröhlich, schwieg dann aber sofort wieder, als der weibliche Leutnant sagte:
»Wenn Sie so weiterreden, verhafte ich Sie, Nikolai Antonowitsch!« Ihre Stimme war kalt wie Metall im Schnee. Plejin beeilte sich, dem zuvorzukommen, klappte die hintere Sitzbank hoch, fand in dem Hohlraum tatsächlich das in Segeltuch zusammengerollte Werkzeug und breitete es auf dem Vordersitz aus. Natürlich war kein Kabel vorhanden, aber Plejin zog eine Zange aus der Schlaufe und ließ sie auf- und zuklappen.
»Das wird ein Problem«, meinte er dabei. »Man muß das so sehen: Ein Motor hat viele menschliche Züge. Wenn bei eitlem Menschen zum Beispiel der Darm verstopft,
Weitere Kostenlose Bücher