Sie waren zehn
Alfred Rosenberg – mit einem Millionenheer losstürmten, um es niederzubrennen, die Frauen zu schänden, die Kinder an der Wand zu zerschmettern, die Männer abzuschlachten.
Die Rollbahn und die Eisenbahnlinie – ohne sie wären die kämpfenden deutschen Divisionen in kürzester Zeit ein hilfloser Haufen. Tag und Nacht rollten die Nachschubzüge über die Gleise. Tag und Nacht brummten die Lastwagen über die Rollbahn. Solange das Blut des Krieges durch diese beiden Adern strömte, floß neue Kraft in die dünnen Linien der deutschen Landser. Hier, im Mittelabschnitt der Ostfront, erwartete man nach den Winter- und Frühjahrsoffensiven der Sowjets im Norden und auf der Krim und in der Ukraine den neuen großen Schlag: den Versuch, massiv durchzubrechen, ohne Rücksicht auf Menschen und Material. Es gab nur ein Ziel: die polnische Grenze. Warschau. Ostpreußen. Heran an Deutschlands Grenze! Brecht die Moral der Deutschen! Überrennt ihre ausgemergelten, hungernden, müden, erschöpften Bataillone. Treibt sie vor euch her wie Hasen, jagt sie aus Mütterchen Rußland, in das sie eingefallen sind, siegestrunken, selbstherrlich, die Lähmung der Überraschung ausnutzend, Städte und Dörfer in Asche legend, die Männer wegtreibend wie Viehherden in die deutschen Rüstungsbetriebe, in Kohlengruben und zum Bau neuer breiter Aufmarschstraßen.
Aber solange sie die Rollbahn haben und den Schienenstrang, wird es schwer werden, Genossen! Ein Körper, der ständig frisches Blut erhält, ist ein starker Körper. Dreht den immer tropfenden Hahn zu, meine tapferen Helden! Schneidet den Deutschen die Adern durch. Jede kleine Wunde verliert Blut. Noch aus dem kleinsten Riß fließt Kraft davon …
Im Raum Orscha - Borissow, wo sich der deutsche Nachschub staute und jedes Dorf an der Bahnstrecke ein großes Lagerhaus geworden war, hatte General Shankowskij in mühevoller Kleinarbeit eine schlagkräftige, unsichtbare Truppe aufgebaut. Offiziere, die aussahen wie vom Wind gegerbte Bauern oder auch wie selbst für einen Krieg unbrauchbare Trottel, waren eingesickert, nachts mit Fallschirmen abgesprungen, hatten sich in den Wäldern von Dobryn und Sorino, beiderseits des Dnjepr, eingerichtet und versammelten die Bevölkerung um sich. Unmerkbar, in kleinen Gruppen, wurden Frauen und Männer an der Waffe ausgebildet. Lernten Minen legen und aus Flaschen, Pulver, einer Zündschnur und einer eingebauten alten Weckuhr Zeitbomben basteln. Sie übten das lautlose Anschleichen, das Tarnen mit Gras und Zweigen, das Ausheben von Erdhöhlen, in die man flüchten konnte und plötzlich unsichtbar wurde; sie übten das Werfen von Messern und den lautlosen Tod: das blitzschnelle Erwürgen mit dünnen Stahlschnüren. Sie sprangen aus Stroh gebaute Puppen, die deutsche Uniformen trugen, katzengleich von hinten an und schnitten ihnen die Kehle durch, und eine Spezialabteilung aus Frauen und halbwüchsigen Mädchen wurde belehrt, daß es keine Schande mehr sei, sich mit einem Deutschen in die Büsche des Bahndamms zu legen und sich bereiten zu lassen.
»Denkt immer daran: Das ist ein Opfer für das Vaterland!« sagten die Instruktionsoffiziere des Generals Shankowskij zu den Frauen, die ihnen stumm zuhörten. »Man kann es nachher abwaschen, alles kann man abwaschen, liebe Genossinnen, es dringt ja nicht in die Seele. Nur die Haut ist's. Eure Brüder geben ihr Leben … was ist dagegen euer Opfer? Alles, was den Feind lähmt, ist ein Sieg für Rußland! Jeder Deutsche, den ihr mit euren Beinen umklammert, ist ein Ausfall für die Nazis. In dieser Stunde können eure tapferen Männer Entscheidendes leisten …« In den Sumpfgebieten der Beresina und der Gaina, zwischen Slobodka und Denissowitschi, Sutoki und Rudnija und weiter östlich zwischen Babinitschi am Dnjepr und Tatarssk an der Wiechna entstand so ein kleines Heer militanter Zivilisten, das General Shankowskij stolz seine ›Vaterländische Befreiungsfront‹ nannte. Die Deutschen sahen es anders. Für sie waren diese Russen Partisanen. Die große, unsichtbare, lautlose, tödliche Gefahr. Der Tod aus dem Hinterhalt. Die schleichende Vernichtung. Der ungreifbare Feind.
Partisanenkampf. Das bedeutete Gnadenlosigkeit auf beiden Seiten. Das war kein Krieg mehr, wo man weiß: da drüben stehen die Gegner – sondern ein Morden nur noch, ein Abschlachten, ein Siegen mit Hinterlist.
»Wir haben in den letzten zwei Monaten 2.359 Sabotageakte und Überfälle auf die Bahnlinie gehabt«, sagte Major
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