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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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seinen Plan vorstellen mußte.
    Es konnte seine letzte Dienstleistung werden.
    »Auf der Fahrt hierhin«, sagte einer der neuen Mitarbeiter, »haha, da ist ein braves Bauernweibchen in Ohnmacht gefallen, als sie mich sah …«
    Smolka zuckte zusammen. »Sie haben sich sehen lassen?« rief er entsetzt. »Es ist Ihnen befohlen worden –«
    »Nicht zu ändern war's! Die lange Fahrt, das Rütteln – die Innereien flogen mir fast um die Ohren! Und die Blase war voll, Genosse Oberst! Haben Sie mit einer vollen Blase schon einmal in einem hüpfenden Auto gesessen? Keine Qualen der Hölle wiegen das auf! Sollte ich sie platzen lassen? Was hätten Sie über ein Telegramm gesagt: Fahrt abgebrochen. Kann den Urin nicht mehr sammeln?! – Ich rufe also in einer einsamen Waldgegend: ›Halt! Halt! Liebe Freunde, laßt mich zur Entleerung frei!‹ Und kaum hält der Wagen, springe ich hinaus, hetze in den Wald, reiße mir die Hose auf – da kommt ein Bauernmütterchen um einen Busch herum, hat Holz gesammelt, die Gute, sieht mich an und fällt mit offenem Mund in Ohnmacht! – Höhere Gewalt, das müssen Sie zugeben, Genosse Oberst.«
    »Sonst hat Sie niemand gesehen, Nikolai Iljitsch?« fragte Smolka, unberührt von des Mannes ausgestandener Not.
    »Nicht eine Maus! Was sage ich: Nicht eine Laus! Wie befohlen, haben wir im Auto übernachtet.«
    Smolka betrachtete die beiden anderen neuen Mitarbeiter. Sie saßen hinter ihren Wodkagläsern und vor Holzbrettern mit Fleisch und Gurken und grinsten Smolka an. Es gehörte viel Nervenkraft dazu, diesen Anblick ruhigen Gemütes zu überstehen. Nur das Wissen um die Wahrheit verhinderte, daß selbst Smolka in ein Zittern verfiel.
    »Und Sie, Genossen?« fragte er ernst.
    »Keine Begegnung!« antwortete der eine.
    »Nicht eine Fliege!« Der dritte wedelte mit der Hand. Es war eine Bewegung, die zu ihm paßte und die Smolka das Blut in die Schläfen trieb. Vollkommen, dachte er, glücklich und erschreckt zugleich. Einfach vollkommen! »Ich habe jede Fliege, die um mich kreiste, erschlagen!«
    Schon am nächsten Morgen rief Smolka bei General Radowskij an. Die Stimme von Stalins Vertrautem klang müde. Es war Smolka, als röche er sogar durch den Draht den Alkohol. Was das Volk nicht wußte, gehörte für den NKWD zum Alltag, über den man nicht sprach: Von Berija angelegt, gab es ein Dossier, das alle Namen enthielt aus Stalins nächster Umgebung, von allen Personen, die mit ihm soffen, von all den Armen, die er im Suff seelisch zerfleischte, von allen Marionetten, die seine Stiefel leckten, aber sich bei Paraden dem Volk als aufrechte, ernste, würdevolle, unnahbare Männer zeigten. Die Elite des Sowjetstaates: vor Stalin ein Haufen um seine Huld zitternder Günstlinge. Smolka kannte das Dossier. Namen standen darin, die sonst nur Ehrfurcht heischten: Chruschtschow, Bulganin, Mikojan und Malenkow, Shukow, Kossygin, Kalinin und Molotow. Und Berija selbst: er setzte, korrekt wie er war, ein Beamter der Vernichtung, auch seinen eigenen Namen in die Liste. Hinter Molotow stand sogar ein Kreuz … Smolka wußte, daß Stalin gerade Molotow behandelte, als sei er eine Fußmatte. Aber sie alle schluckten es, schluckten Stalins Wodka und Kognak, schluckten Stalins beleidigenden Spott, schluckten, daß er sie Schwachköpfe nannte, schluckten, als er in seinem Sadismus Beifall klatschte, als Mikojan einmal in Tränen ausbrach und wie ein Kind weinte.
    Gestern also mußte es Radowskij erwischt haben. Seine Stimme war wie zerrieben.
    »Seien Sie friedlich, Igor Wladimirowitsch!« sagte Radowskij. »Rußland brauchte 1.500 Jahre, um Rußland zu werden!«
    »Haben Sie mit dem Genossen Stalin gesprochen, Genosse General?«
    »Eine ganze Nacht! Bis ich nichts mehr hörte!«
    »Haben Sie ihm die Befürchtungen vorgetragen?«
    »Vorgetragen? Gesprochen hat er. Getanzt hat er sogar. Dann hat er gesagt, daß er nur noch von Verrätern umgeben sei!«
    »Das wäre ein guter Ansatzpunkt gewesen.«
    »Sie reden wie eine Jungfrau, die einen Abortus erklären soll! Smolka, Sie gehören zu den Wühlmäusen, die sich überall einfressen und über alles Bescheid wissen. Habe ich recht?«
    »Ja!« antwortete Smolka schlicht. Es ist immer gut, dachte er dabei, daß man ein Quentchen intimes Wissen zugibt. Das schafft Freunde und verunsichert Feinde.
    »Stalin hat mir versprochen, mich morgen – also heute – erschießen zu lassen. Eine halbe Stunde später wollte er mir einen neuen Orden verleihen. Wo – frage ich

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