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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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streichelt. Es darf geraucht werden, Genossen.«
    Die zehn holten aus ihren Taschen Tabak aus dem russischen Gefangenenlager, Zeitungsfetzen und anderes Papier, rollten sich ihre Zigaretten und rauchten die ersten Züge. Hansekamm öffnete das Fenster. Der Gestank des Krautes, das sie Tabak nannten, biß in seine Luftröhre.
    »Wann springen wir ab?« fragte Leonid Germanowitsch Duskow.
    »Sofort nach Ihrer Springausbildung. Bis dahin haben Sie noch viel zu lernen. Im Eiltempo.«
    Am Abend gab es russisches Essen: Kohlsuppe, Pellmeni – das sind in Nudelteig gewickelte Fleischbällchen –, dazu Rote Bete, Sauergurken und marinierte Pilze. Als Nachtisch servierte man Kronsbeeren mit Sahne. Üppig, üppig! Der russische Kriegsgefangene, der die Bedienung übernommen hatte, fühlte sich wiederum ins Märchenland versetzt, vertilgte alle Reste und bekam in der Nacht einen solchen Durchfall, daß er laut jammerte, er müsse sterben. Sein Magen verkrampfte sich, sein Darm zuckte, es lief aus ihm heraus wie jauchiges Wasser. Am Morgen lag er schlaff auf seinem Bett und stierte aus hohlen Augen den Küchenfeldwebel an, der ihn zur Arbeit abholte.
    »Raus!« brüllte der Koch aus Dortmund. »Wer frißt und scheißt, kann auch arbeiten!«
    »Ich tott !« jammerte Dementi Jefimowitsch Awilow . »Ganze Nacht Bumbumbum in Arsch. Nix mehr Kraft. Ganze Nacht … pfff ssst bumm …«
    Es half nichts. Awilow mußte in die Küche und das Frühstück zu den zwölf Offizieren hinauftragen. Marmelade, Eier, Schinkenröllchen, duftenden Tee, heißes Brot, gerade aus dem Ofen gezogen. Bei dem köstlichen Geruch drehte sich Awilows Magen noch einmal um. Nach dem Servieren hockte er in der Küche, trank Pfefferminztee und sagte zu dem Küchenfeldwebel:
    »Nix essen, wo alles da … Ist wie Hölle, Feldwebel …«
    »Was sind das für zehn Genossen da oben?« fragte der Dortmunder. »Hast du was gehört, Iwan?«
    »Nix gehört.«
    »Was denkst du, was sie sein könnten?«
    »Nix denken.«
    »Du mußt doch was gehört haben?! Ein paar Worte.«
    »Nix gehört.«
    »Leck mich am Arsch.«
    »Nix Hunger.«
    Zu Mittag gab es Alexandrowna-Salat, Schweinekoteletts mit saurem Rahm und gedünstetem Kraut, zum Abschluß kleine Plätzchen, die man Zuckerrubel nannte.
    »Ein Paradies«, sagte Dementi Jefimowitsch Awilow auf russisch zu dem Küchenfeldwebel, der ihn natürlich nicht verstand. »In einem Paradies leben wir hier. Und ich muß in den Eimer spucken. Ist das gerecht gegenüber einem so armen Menschen, wie ich es bin?«
    Milda Ifanowna kam am nächsten Tag wieder zum Unterricht. Jetzt trug sie einen gelben Rock und eine rote Bluse, deren drei obere Knöpfe der Hitze wegen offenstanden und dreierlei sehen ließen: eine glatte, angebräunte Haut, den Rand eines weißen Büstenhalters und den Ansatz von zwei Brüsten, rund, knackig, sich unter der Bluse weiterwölbend und der Phantasie weiten Spielraum lassend. Sie hatte sich sogar etwas geschminkt und um das glänzend schwarze Haar ein mit Blüten besticktes Band geschlungen.
    Die zehn atmeten hörbar durch die Nase. Es war ein Unding, Rennebergs Ansicht zu respektieren, Milda Ifanowna sei geschlechtslos. Die Verzauberung jedoch verflog sehr schnell, als Milda begann, die zehn der Reihe nach abzuhören. Ob Petrowskij, der jede Antwort mit dem Satz begann »Oh, Himmelstöchterchen, hör zu …«, oder das blonde Lockenköpfchen Iwanow, der beim Vortreten ungeschickt stolperte und sich an Mildas Ausschnitt festklammern mußte (wofür ihn seine Kameraden unverhohlen bewunderten), oder gar Plejin, der jungenhafte Benjamin, der seine Antwort sogar mit seinem hellen Tenor vorsang: sie alle kamen im Laufe der nächsten zwei Stunden heftig ins Schleudern. Renneberg griff nicht ein. Das legt sich, dachte er. Gönnen wir ihnen diese kleinen Späße. Sollen sie sich spreizen wie Pfaue – wie lange können sie es noch?! Wenn sie über Moskau abgeworfen werden, wird ihr Leben zu Ende sein. Eine ganz kurze Spanne ist es nur noch. Lassen wir ihnen die kleine erotische Freude, Mildas Brustansatz zu bewundern und sie mit den Augen auszuziehen. In ein paar Tagen ist alles vorbei …
    Die Umgebung Moskaus.
    Das Absprunggebiet.
    Milda und Hansekamm lösten einander mit ihren Erklärungen ab. Die Detailfotos wurden mit einem Projektor auf eine Leinwand geworfen. Auch die Luftaufnahme mit dem lange erwarteten Kornfeld, in dem ein kopulierendes Paar lag, rutschte durch.
    »Ei, ei, was ist denn das?« sagte

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