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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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Ulrichskapelle. Mathias, den alle Pracht und Herrlichkeit der
oberen Gemächer nicht hatten aus seiner Wehmut reißen können, ward hier sein
größtes Erlebnis zuteil. Er wurde später nicht müde, davon zu erzählen und
seinem Entsetzen Ausdruck zu verleihen.
    Wir standen in drangvoller Enge um
einen Sarkophag mit dem Steinrelief Heinrichs III. Der Führer erklärte:
    »In diesem Sarkophag befindet sich das
Herz Heinrichs des Dritten, und zwar in einer achteckigen vergoldeten
Kapsel...«
    »Guck, Wubbel«, Andreas beugte sich zu
dem Kleinen, »da drin isch des Herz von nem Kaiser!«
    Der Wubbel zeigte sich nicht sonderlich
beeindruckt, Mathias hingegen schüttelte sich vor Grausen.
    »‘s Herz? Wie ham se des denn rauskriegt? Huh, isch des
grauslich! Ham se den ermordet?«
    Er konnte sich fast nicht trennen von
diesem Ort des Schreckens, paßte er doch vortrefflich zu seiner derzeitigen
schwarzen Gemütsverfassung. Er stand und starrte auf den Sarkophag, berührte
ihn auch vorsichtig mit den Fingern und trottete schließlich als letzter die
Wendeltreppe hinauf.
    »Wie bei de Indianer«, murmelte er,
»wie bei de Indianer!«
    Der Wubbel ließ sich müde von seiner
Mami vorwärtsschleifen. Die großen Räume, die langen Gänge, die vielen Menschen
— nirgendwo eine Maus — , bloß dieser Mann, der mit seinem Stock herumzeigte
und redete, all das machte den Wubbel ganz fertig. Ach, wie hätte er jetzt so
gern ein Schläfchen gehalten! Aber wo? Auf dem Boden? Nein, das war ihm denn
doch zu kalt. Er ließ seine Augen schweifen, und siehe, da stand ein Stühlchen,
hoch und mit einem Kissen drauf, so wie es der Wubbel von zu Hause gewohnt war.
    Vorsichtig zog er seine Finger aus Mamis
Hand, und weil sie gerade mit dem Mann redete, merkte sie nichts. Der Wubbel
aber eilte davon, lief zum Stuhl, kletterte hinauf, ließ sich nieder, rutschte
noch ein bißchen hin und her, um die rechte Bequemlichkeit zu erlangen, und
fiel unverzüglich in tiefen Schlaf.
    »Und hier, meine Damen und Herren«,
sagte der Führer, nachdem er noch dieses und jenes erklärt und Fragen
beantwortet hatte, »hier sehen Sie den berühmten Kaiserstuhl.« Er drehte sich
um und verstummte. Auf dem Kaiserstuhl saß ein kleiner Junge, das Köpfchen
ruhte auf der Armlehne, die Füßchen baumelten ins Leere. »Es ist strengstens
verboten...«, hob der Führer an, dann verklärte ein Lächeln seine Züge, und er
fuhr im Flüsterton fort: »1871 nahm Kaiser Wilhelm der Erste auf diesem Stuhl
Platz. Lassen Sie ihn schlafen!«
    Er schob Gabi zurück, die ihren Wubbel
von dem Kleinod herunterziehen wollte. Er wies auf die Schönheit der Lehnen
hin, erklärte den Sandsteinsockel und die Reliefs, zählte auf, wer alles sonst
noch auf diesem Stuhl gesessen, derweil Wubbel sanft und selig schlief, manche
Besucher empört und manche freundlich dreinblickten und die Familie sich
schämte.
    Dann nahm Stefan seinen Sohn vom
Kaiserstuhl herunter und trug ihn dem Schluß der Führung entgegen.
    »Sie sind ein guter Mensch«, sagte er
zu dem Führer, »jeder andere hätte einen Tobsuchtsanfall bekommen.«
    »Ach, wissen Sie«, erwiderte der gute
Mensch, »ich war ja froh, daß er schlief! Er hat mir heut schon den letzten
Nerv geraubt mit seinem Gequengel. Aber wenn er schläft, ist er wirklich
allerliebst.«
    Stefan dankte mit säuerlichem Lächeln
und reichlichem Trinkgeld.
    »Gucket no«, rief Andreas, als wir
wieder draußen auf der Treppe standen, »gucket no, was da los isch!«
    Auf dem Rasen um die Reiterbilder herum
herrschte reges Treiben. Die jungen Leute lagen nicht mehr behaglich im Gras,
sie schrien und wehrten sich. Die Polizei hatte eingegriffen, um das Ärgernis
zu entfernen, doch kaum war ihr das auf der einen Seite gelungen, so lag auf
der anderen wieder alles im argen.
    »Jette!« schrien Beate und Florian und
stürzten sich in das Handgemenge. Henriette befand sich in Nöten. Ein Polizist
hielt sie am Arm. Sie zeterte und versuchte, sich loszureißen.
    »Lassen Sie meine Tochter los!«
donnerte Florian und baute sich drohend vor dem Polizisten auf.
    »Ist das Ihre Tochter?«
    »Ja natürlich! Sie saß hier in der
Sonne und hat auf uns gewartet.«
    »Hah, daß ich nicht lache! Krawall hat
sie gemacht wie die anderen auch!«
    Henriette bekam einen Stoß und landete
in Florians Armen.
    »Und was ist mit Yogi?« schrie sie.
»Floh, bitte, hau ihn raus!«
    Yogi lag auf dem Boden. Ein Polizist
zerrte an seinen Beinen, ein anderer an seinen Armen. Aber er

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