Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman
Hemd, das über dem Bettpfosten hing: Der Ärmel war mit schwarzen getrockneten Blutflecken übersät. Er riss ihn heraus, er trat ans Fenster, öffnete es und blickte über die Dächer hinaus aufs Meer. In der Bucht ertönte das Nebelhorn eines großen Frachters, als wolle es den Glocken der Grace Cathedral antworten. Lukas rollte den fleckigen Ärmel zusammen, warf ihn hinaus und schloss das Fenster. Dann schlich er zum Badezimmer und legte das Ohr an die Tür. Er hörte das Wasser rauschen und verließ das Schlafzimmer.
»Ich mache Kaffee, wollen Sie auch welchen?«, fragte er Mathilde.
Sie zeigte ihm ihre Tasse mit der heißen Schokolade.
»Mit den Aufputschmitteln aller Arten habe ich aufgehört; aber ich habe etwas von Pfannkuchen gehört, ich begnüge mich mit zehn Prozent der Beute.«
»Höchstens fünf«, antwortete er und trat hinter die Küchentheke, »und das auch nur, wenn Sie mir sagen, wo die Kaffeekanne ist.«
»Lukas, gestern Abend habe ich Bruchstücke Ihres Gesprächs mitbekommen, und ich hatte wirklich das Gefühl zu träumen. Wenn das zu der Zeit gewesen wäre, als ich noch Drogen genommen habe, würde ich ja nichts sagen … Ich hätte mir keine weiteren Fragen gestellt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Aspirin einen derartigen Trip auslöst, also, worum ging es genau?«
»Wir hatten beide viel getrunken und haben viel Blödsinn geredet. Machen Sie sich keine Sorgen, und nehmen Sie ihre Schmerzmittel weiter. Sie haben keine Nebenwirkungen zu befürchten.«
Mathilde blickte auf das Jackett, das er am Vorabend getragen hatte; es hing über dem Stuhl, der Rücken war von Kugeln durchlöchert.
»Und wenn Sie betrunken sind, gehen Sie dann immer zum Tontaubenschießen?«
»Immer!«, antwortete er und öffnete die Schlafzimmertür.
»Kein schlechter Schnitt, Ihr Jackett, schade nur, dass Ihr Schneider nicht daran gedacht hat, die Schulterpolster zu verstärken.«
»Ich werde ihn darauf hinweisen, verlassen Sie sich ganz auf mich!«
»Ich verlasse mich auf Sie! Gute Dusche!«
Reine kam herein, legte die Zeitung und eine große Tüte mit Gebäck auf die Küchentheke und sah Mathilde forschend an.
»Wenn ich schon Bed & Breakfast mache, soll sich auch niemand über das Frühstück beklagen. Es könnte meiner künftigen Kundschaft zu Ohren kommen, man weiß ja nie. Sind die Turteltauben schon wach?«
»Im Schlafzimmer!«, sagte Mathilde und verdrehte die Augen.
»Als ich ihr gesagt habe, das Gegenteil von allem sei nichts, hat sie das wirklich wörtlich genommen.«
»Sie haben den Typen noch nicht mit nacktem Oberkörper gesehen!«
»Das oder ein Schimpanse – weißt du, in meinem Alter macht das keinen großen Unterschied.«
Reine legte die Croissants auf einen großen Teller und betrachtete neugierig Lukas’ Jackett.
»Sag ihnen, sie sollen es nicht in die Wäscherei am Ende der Straße bringen, da bin ich nämlich Stammkunde. Gut, ich gehe wieder runter.«
Sie verschwand im Treppenhaus.
Lukas und Zofia setzten sich zum Frühstücken zu Mathilde an den Tisch. Sobald Lukas das letzte Croissant gegessen hatte, räumten sie die Küche auf und brachten Mathilde wieder ins Bett. Zofia beschloss, Lukas zu ihrer täglichen Arbeit auf den Docks mitzunehmen. Sie holte ihren Mantel, während Lukas einen angewiderten Blick auf seine zerfetzte Jacke warf. Mathilde lachte, ein Hemd mit nur einem Ärmel sei vielleicht etwas ausgefallen für das Viertel. Sie besaß ein Herrenhemd und würde es ihm gerne ausleihen, wenn er versprach, es in gutem Zustand zurückzubringen. Er bedankte sich. Einige Minuten später, als sie gerade das Haus verlassen wollten, rief Reine sie zur Ordnung. Sie stand, die Hände in die Hüften gestemmt, im Eingang und sah Lukas herausfordernd an.
»Wenn man Sie so sieht, hat man allen Grund zu der Annahme, dass Sie eine gute Konstitution haben. Aber fordern Sie den Teufel trotzdem lieber nicht heraus, sonst holen Sie sich noch eine Erkältung. Kommen Sie mit!«
Sie verschwand in ihrer Wohnung und öffnete einen alten Schrank. Die Holztür quietschte in den Angeln. Reine schob einige Kleidungsstücke zur Seite und nahm ein Jackett vom Bügel, das sie Lukas reichte.
»Sie ist nicht mehr ganz neu, obwohl Glencheck, soweit ich weiß, nicht aus der Mode kommt, aber der Wollstoff hält warm!«
Sie half Lukas in die Jacke, die wie für ihn gemacht schien, und beobachtete Zofia aus den Augenwinkeln.
»Versuch bitte nicht herauszufinden, wem sie gehört hat! In
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