Sieg der Liebe
Kameraden sind, verstummen sie und siechen dahin. Überdies beißen sie, und dazu kommt, daß sie unter ihrem hübschen Federkleid von Ungeziefer befallen sind.“
„Wie reizend“, erwiderte Jerusa, während sie den Fischer anlächelte und den Kopf schüttelte. „Aber ich glaube, daß er in der Markthalle zu Hause trotzdem ein glänzendes Geschäft machen würde.“
Barker besprach sich ein letztes Mal mit seinem Koch, dann warf er dem Fischer eine Handvoll Münzen zu. „Hai und Kabeljau und ein paar von diesen schönen langoustes sagte er genüßlich. „Oh, wir werden eine köstliche Mahlzeit haben, nicht wahr?“
Eine knappe halbe Stunde später saßen Jerusa, Michel und Captain Barker auf dem Achterdeck unter einem aufgespannten Sonnensegel, das sie vor der gleißenden Sonne schützen sollte. Der Eßtisch, der aus der Kapitänskajüte nach draußen getragen worden war, war gedeckt mit Tellern von gebratenen Fischfilets und Broten.
Jerusa hörte der Unterhaltung nur halb zu. Sie hatte sich in ihren Stuhl zurückgelehnt und nippte träge an ihrem Tee. An einem Morgen wie diesem mit der tiefblauen See und dem wolkenlosen Himmel über ihr, war es nicht schwer, die Sorgen zu vergessen, oder sie wenigstens für eine Weile beiseite zu schieben. Nicht einmal der Anblick von Hay, der vom Ruder aus zu ihnen herüberspähte, konnte ihre Stimmung trüben.
Er hatte kaum noch mit ihr gesprochen, nachdem sie ihm versichert hatte, daß sie nicht die gesuchte Lady sei und er somit für sie auch keine Belohnung bekäme. Außerdem würde sie übermorgen, wenn sie, wie Captain Barker sagte, in Bridgetown eintrafen, Mr. Hay nie Wiedersehen. Sollte er doch nach einer anderen vermißten Lady mit einem reichen Vater suchen.
Jerusa unterdrückte noch ein Gähnen und stellte ihre Teetasse auf den Tisch. „Ich lasse euch jetzt allein“, sagte sie und stand auf. „Ich gehe wieder nach unten.“
Michel warf ihr rasch einen so besorgten Blick zu, daß sie, ohne nachzudenken, ihm die Hand auf die Schulter legte. „Mach dir keine Sorgen“, sagte sie betont locker. „Ich ruhe mich nur etwas aus.“
Er sah ihr in die Augen und lächelte so liebevoll, daß ihr ganz heiß wurde. „Paß auf dich auf, Liebes. Ich komme auch bald nach.“
Rasch zog sie ihre Hand zurück und eilte hinunter. Warum mußte Michel nur so wenig tun, um sie derart zu beunruhigen? Doch bevor sie einschlief, hoffte sie, von ihm zu träumen.
Jerusa hatte sich gerade das Haar geflochten, als die Kabinentür hinter ihr aufging, und drehte sich erfreut um. „Michel, ich wollte gerade ... “
Aber sie hörte mitten im Satz auf, als sie ihn sah und bemerkte, wie er sich am Türrahmen festhielt. Er war bleich, die Stirn schweißnaß, um seine Augen lagen dunkle Ringe. „Jerusa, chärie“, sagte er undeutlich. „Hilf mir.“
Das Schiff schwankte, und Michel stürzte nach vorn. Jerusa packte ihn unter den Armen und brach unter seinem Gewicht beinahe zusammen. Ihr erster Gedanke war gewesen, daß Captain Barker und er sich nach der Mahlzeit dem Rum zugewandt hatten. Aber sie hatte noch nie gesehen, daß Michel mehr trank, als er vertragen konnte, und als sie versuchte, ihn wieder auf die Füße zu stellen und zur Koje zu ziehen, fühlte sie, daß seine Haut vor Fieber glühte.
„Geschafft, Michel“, sagte sie, sobald sie die Koje erreichten. Stöhnend sank er darauf und rollte sich mit geschlossenen Augen auf die Seite. Sie streifte ihm den Mantel ab und warf ihn achtlos zu Boden, dann zog sie vorsichtig die Pistole aus seinem Gürtel, ehe sie ihn zudeckte.
„Der Fisch von dem verdammten Kreolen“, murmelte er mit schwerer Zunge. „Ich ... ich hätte es besser wissen müssen.“ Sanft strich sie Michel das Haar aus der Stirn. Sie erinnerte sich, wie der Fisch in der heißen Sonne auf dem Deck gelegen hatte. Vielleicht verdarben Lebensmittel bei diesem Klima schneller. Nur gut, daß sie selbst keinen verzehrt hatte. „Kann ich dir irgend etwas bringen, Michel?“
„Es wird mir gleich bessergehen. Der Fisch und ich, wir haben uns an der Reling getrennt.“ Michel lächelte matt. „Tres dramatique, ma mie.“
„O Michel.“ Sie überlegte, was sie tun könnte, um ihm sein Los zu erleichtern. Ein feuchtes Tuch für die Stirn, ein wenig Trinkwasser, vielleicht etwas Brühe und Gebäck, sobald er sich etwas erholt hatte. „Ich gehe in die Kombüse und hole ein paar Sachen, aber ich komme gleich wieder.“
Sie war sich nicht sicher, ob er sie gehört
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