Silberband 007 - Atlan
konnte ich nicht mehr in das Auswanderercamp zurückkehren.
Es war gefährlich, die Waffen am Körper zu tragen. Ich hatte noch keine Lizenz erhalten.
Auf meiner Brust hing wieder der lebensnotwendige Zellaktivator. In der großen Blusentasche
der schmucklosen Siedlerkombi trug ich einen starken Lichtwellenumlenker, dessen
Energieversorgung diesmal von einem Miniaturkraftwerk abhängig war.
Mein Psychostrahler hatte eine Reichweite von zwei Kilometern. Die stabförmige Nervenwaffe
steckte in der rechten Beintasche. Mehr hatte ich nicht mitnehmen können.
Ich zahlte und verließ den Wagen. Langsam schritt ich auf die breiten Panzerplasttüren des
Museums zu. Hier wollte mich mein ›alter Freund‹ erwarten.
Zahlreiche Leute gingen aus und ein. Ich bemerkte besonders viele Siedler, deren derbe
Kunstfaserkleidung sich wesentlich von den eleganten Anzügen der Verwaltungsleute
unterschied.
Zwei Polizisten standen in lockerer Haltung vor dem breiten Portal. Als ich an ihnen
vorüberging, erreichte mich ein kurzes Auflachen.
»He da, Frischling, hast du jetzt schon Sehnsucht nach der Erde?«
Ich drehte mich um und schaute die lachenden Männer an. Sie trugen schwere Schockgewehre und
wulstige Funkhelme. Anscheinend standen sie ständig mit ihrer Zentrale in Verbindung.
›Frischling‹ hatten sie mich genannt. Das war der Spitzname für die soeben angekommenen
Neusiedler.
»Ist es hier immer so heiß?« fragte ich etwas kläglich.
Ihr Gelächter steigerte sich noch. Ich ging wortlos weiter, bis ich plötzlich einen
untersetzten, dunkelhaarigen Mann mit einem wallenden Vollbart entdeckte. Er trug Siedlerkleidung
und einen gefährlich aussehenden Energiestrahler.
Er erkannte mich anscheinend sofort. Zwischen den wirren Barthaaren entstand ein klaffendes
Loch, aus dem gleich darauf ein Freudengebrüll ertönte.
Ich war etwas erschüttert. Da hatte Mariis aber einen tollen Burschen geschickt.
Er schlug so hart zu, daß es mir noch tagelang weh tat. Dazu schrie mir der Wüterich Kosenamen
und Glückwünsche ins Ohr, daß ich um mein Gehör bangte.
»Ich bin Gunter Vießpahn«, sagte er leise zwischen zwei Atemzügen. »Los, wir müssen hier
verschwinden.«
Er faßte mich unter und begann lauthals singend auszuschreiten.
»Wenn ein richtiger Mann kommt, haben zwei nichtsnutzige Stadt-Maden Platz zu machen!« brüllte
mein neuer Freund die Polizisten an.
Sie gaben eine Antwort, die ich hier nicht wiederholen kann. Das war ja ein fürchterlicher
Umgangston. Ich war entsetzt, bis ich mich daran erinnerte, daß dieser ganz typisch war für einen
jungen Kolonialplaneten.
Der Bärtige schleifte mich in das Museum hinein, wo es im Kellergeschoß eine angenehm
temperierte Gaststätte geben sollte.
»Bist du aufgefallen?« fragte er leise.
»Ich weiß nicht. Dein Brief wurde gelesen. Mir blieb keine andere Wahl«, gab ich hastig
zurück.
»Schlecht, mein Junge. Was hast du den Schnüfflern erzählt?«
Mit meiner Erklärung war er zufrieden. Ich hatte mich nach den verschlüsselten Andeutungen
zwischen den Zeilen gerichtet. Demnach war Gunter Vießpahn vor zwei Jahren auf Venus gelandet. Er
stammte aus Friesland, wo wir uns angeblich kennengelernt hatten.
Das ›angenehm temperierte‹ Lokal war eine fürchterliche Kaschemme, in der es von Kolonisten
wimmelte. Man machte sich einen Spaß daraus, im Kellergeschoß des Erdmuseums mit allen möglichen
Heldentaten zu protzen. Ich fühlte mich nicht wohl in meiner Haut.
»Wir trinken einen Purly und verschwinden«, belehrte mich Vießpahn. »Sieh dich nicht so
argwöhnisch um. Es ist alles klar. Mariis wartet auf dich. Wir waren vorsichtig.«
Davon war ich nun gar nicht so hundertprozentig überzeugt. Diese Leute kannten die Solare
Abwehr nicht. Ich fragte knapp: »Weiß man, daß du Mariis kennst?«
»Mensch«, lachte er, »sie ist zufällig meine Halbschwester.«
Ich sah Komplikationen auf mich zukommen. In Terrania gab es eine logistische Abteilung.
Mariis hatte zu jenen Studenten gehört, die mich am Tag meiner Flucht gesehen hatten. Fraglos
hatte die Abwehr nachgeprüft, wer sich bei dem Gedränge im Hörsaal in meiner Nähe aufgehalten
hatte. Mariis war dabei gewesen. Dann hatte sie ihr Studium abgebrochen und war zur Venus
heimgekehrt. Sie galt als Verfechterin der Venusrechte und hatte in Diskussionen öffentlich
erklärt, daß sie meine Gefangenschaft für unwürdig hielt.
Das war eine Spur, die Kosnow garantiert nicht
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