Silberband 009 - Das rote Universum
lieferte ihm ein paar Angaben über die aufgefangene
Senderleistung, die von einem Wattmeter am Empfänger registriert wurde. Anhand dieser Angaben
fand Bull eine merkwürdige Gesetzmäßigkeit. Bezeichnete man die Entfernung des Senders vom
Empfänger mit r, dann variierte unter normalen Umständen bei elektromagnetischen Sendern die vom
Empfänger aufgesammelte Senderleistung mit ¹⁄r 2 . War der Sender vom
Empfänger zwanzig Meter entfernt, dann wurde nur ein Viertel der Sendeleistung empfangen, die der
Empfänger erhielt, wenn der Sender nur halb so weit, also zehn Meter entfernt war.
Hier verhielt es sich anders. Ein funktionaler Zusammenhang zwischen empfangener Leistung und
Sendeabstand war vorhanden, aber er ging mit ¹⁄r 6 . Wurde die Entfernung
verdoppelt, verringerte sich die empfangene Leistung auf ein Vierundsechzigstel. Das war
verblüffend. Man konnte es nur so erklären, daß in der Luft etwas war, was die abgestrahlte
Sendeenergie in sich aufsog. Reginald Bull gab sich Mühe, eine vernünftige Hypothese zu
entwickeln, die diese Vorgänge beschrieb. Das mißlang ihm jedoch völlig, da er über zu wenig
Informationen verfügte. Mißgelaunt machte er sich auf den Rückweg zum Boot und kam dabei an dem
Maulbeerbaum vorbei, dessen Stamm inzwischen bis auf acht Zentimeter zusammengepreßt worden
war.
Er hob den Arm und sah auf das Barometer, das neben anderen Instrumenten in den Plastikstoff
des Schutzanzugs eingearbeitet war. Der Luftdruck betrug im Augenblick 2,8 Atmosphären.
Es geschah zum erstenmal, daß sich Perry Rhodan über das brüllende Gelächter
ärgerte. Während die Space-Jet mit der Geschwindigkeit eines überlasteten Fallschirms auf die
Parklandschaft zusank, dröhnte ihm das Lachen des Wanderer-Wesens in den Ohren und reizte ihn bis
zur Weißglut. Er preßte die Hände gegen die Ohren. Da die Laute auf telepathischem Weg übertragen
wurden, erzielte er damit keinen Erfolg. Er fuhr herum, als ob es eine bestimmte Richtung gäbe,
aus der das Gelächter kam, und schrie in höchstem Zorn: »Hör auf, alter Narr! Es gibt nichts zu
lachen!«
Das Lachen verstummte im selben Augenblick. Perry Rhodan wußte nicht, ob man auf diese Weise
mit ES sprechen konnte, aber das war ihm gleichgültig. Er brauchte das Gelächter nicht mehr zu
hören. Das allein war wichtig.
Er sah seine Freunde zu ihm herüberstarren. Im nächsten Augenblick hörte er die ferne und doch
so laute Stimme: »Nervös, mein Freund?« Sie klang neugierig und freundlich. »Ich an deiner Stelle
wäre es auch. Du bist noch viertausend Kilometer von der Halle entfernt und hast nur noch dreißig
Stunden Zeit. Wie wirst du es schaffen?«
Rhodan zuckte mit den Schultern.
»Ich weiß es nicht«, antwortete er laut, da er wußte, daß sich die Gedanken am besten
formulierten, wenn man sie aussprach. »Ich habe keine Ahnung. Aber verlaß dich drauf, alter
Freund: Ich werde rechtzeitig dort sein.«
Ein zweites Mal donnerte das Gelächter auf.
»Ich amüsiere mich königlich«, fuhr ES fort. »Eine Situation wie diese habe ich selbst noch
nie erlebt. Ich habe ein paar seltsamen Wesen ein Schnippchen geschlagen, die mich auf einer
fremden Zeitebene einfangen wollten, aber das hat mich eine ganze Menge Eiris gekostet.«
»Eine ganze Menge was?« fragte Rhodan.
»Eiris«, antwortete ES bereitwillig. »So nannten wir die raum-zeitliche
Stabilisierungsenergie – damals, als wir noch mit unseren Mündern sprachen.«
»Aha«, machte Rhodan, ohne zu verstehen.
»Natürlich könnte ich die Energie wieder beschaffen«, fuhr ES fort. »Aber da du und deine
Freunde hier sind, habe ich es gar nicht nötig. Ihr veranlaßt alles Notwendige, um mich und meine
Welt wieder auf die normale Bahn zu bringen.«
Rhodan verstand kein Wort, und das gab er auch offen zu.
»Du brauchst es nicht zu verstehen, mein Freund«, antwortete ES amüsiert. »Es geschieht alles
von selbst. Es reicht aus, daß ihr da seid.«
In diesem Augenblick setzte die Space-Jet auf. Es gab einen kräftigen Ruck, jemand schrie vor
Schmerz auf, irgendwo brach klirrend ein Stück Plastik – dann war wieder Ruhe. Rhodan hatte
sich nicht aus dem Gleichgewicht bringen lassen.
»Es ist noch ein zweites Fahrzeug nach hier vorgestoßen!« rief er ES an. »Was weißt du
darüber?«
»So gut wie nichts«, antwortete ES. »Das zweite Fahrzeug befindet sich nicht auf meiner
Bezugsebene. Es ist im Normalraum verblieben, ebenso wie seine
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