Silberband 010 - Thora
Sie ruhig, mein Junge«, sagte Everson. »Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten.«
Goldstein fuhr hoch. Seine Blicke richteten sich auf die gelähmten Männer. Er wälzte sich
herum und stützte sich auf die Ellenbogen.
»Da liegen sie«, sagte er erschaudernd. Sein nervös gekrümmter Zeigefinger fuchtelte in der
Luft herum. »Alle werden so daliegen, alle.«
»Erzählen Sie mir mehr davon«, beschwor ihn Everson.
Goldstein klammerte sich verängstigt an ihn.
»Wir werden beobachtet«, flüsterte der Telepath mit weinerlicher Stimme. Seine Augen irrten
umher. »Er bringt mich um, wenn ich etwas sage.«
»Niemand wird Sie umbringen. Von wem sprechen Sie? Sagen Sie mir, wer uns beobachtet, reden
Sie doch, Goldstein!« Seine letzten Worte hatte er fast hinausgeschrien.
Goldstein grinste albern. Für einen Moment hatte Everson das seltsame Gefühl, daß er etwas
Entscheidendes übersah. Er konnte seine Gedanken nicht festhalten, sie verflüchtigten sich, als
hätte sie jemand mit einem einzigen Wischer ausgelöscht.
»Es ist Dr. Morton«, sagte da Goldstein mit der Stimme eines Kindes, das eine von Erwachsenen
erlauschte Neuigkeit weiter verbreitet. »Dr. Morton wird mich umbringen«, kreischte er.
Everson ließ von dem Mutanten ab. Dr. Morton löste sich mit blassem Gesicht von seinem Platz.
Seine blauen Augen richteten sich ernst auf Everson. Der Colonel zog den Paralysator.
»Sie sind ja wahnsinnig!« schrie der Arzt. »Goldstein ist nicht bei Sinnen! Wollen Sie ihm
glauben?«
»Er ist Telepath«, sagte Everson. »Meinetwegen ein übergeschnappter Telepath. Er kann aber
immer noch Gedanken lesen – und er verdächtigt Sie, Doc. Sie sind der einzige Mensch an
Bord, der uns in diese Lage bringen konnte, denn Ihre Kenntnisse sind dazu geeignet, diese
Kranken so zuzurichten. Außerdem wurden Sie nicht gelähmt.«
Der bärtige Mediziner trat um einige Schritte zurück. Seine Arme hoben sich anklagend gegen
Everson.
»Jetzt durchschaue ich Sie!« schrie er. »Sie sind der Täter. Wie raffiniert von Ihnen. Wenn
Sie mich jetzt ausschalten, kann Ihnen niemand mehr in den Weg treten.« Er nickte Scoobey und
Weiß zu. »Er ist an allem schuld, glaubt mir.«
Entschlossen hob Everson den Paralysator.
»Haltet ihn auf!« brüllte der Arzt wild vor Empörung. »Haltet ihn auf, bevor es zu spät ist!
Seht ihr nicht, was er für ein teuflisches Spiel mit uns treibt?«
Später hätte Everson nicht mehr sagen können, was ihn dazu bewogen hatte, zu schießen. Morton
taumelte und fiel zu Boden.
»Er ist nur gelähmt«, sagte Everson ausdruckslos. »Schafft ihn da weg.«
»Er sah nicht sehr schuldbewußt aus«, bemerkte Fashong leise.
»Nicht so schuldbewußt wie ich, meinen Sie?« erkundigte sich Everson.
»Es ist vollkommen zwecklos, wenn wir uns unausgesetzt gegenseitig mißtrauen«, erwiderte der
Chinese ruhig. »Wir sollten uns damit abfinden, daß wir die Unterlegenen sind. Wenn wir von
diesem Standpunkt aus versuchen, mit unserem Gegner in Kontakt zu treten, lernen wir ihn
vielleicht kennen.«
»Nur ein Verrückter kann unser Gegner sein«, sagte Everson. »Er verhindert die letzte
Transition und verurteilt sich damit selbst zum Tode.«
Er half Mataal auf die Beine, der sich langsam von der Wirkung der Injektion erholte. Der
Eppaner musterte die vergrößerte Zahl der Gelähmten.
»Ihre Situation hat sich inzwischen anscheinend nicht verbessert«, sagte er nicht ohne Spott.
»Halten Sie mich immer noch für verdächtig?«
Everson schüttelte den Kopf.
»Ich halte meinen Vorschlag für gut«, bemerkte Fashong hartnäckig. »Wir sollten mit unserem
gespenstischen Feind Verbindung aufnehmen, es bleibt uns keine Wahl. Kapitulieren wir also.«
Everson sagte: »Den Zeitpunkt der Kapitulation bestimme ich, Fashong. Außerdem wird sich unser
›Freund‹ erst zeigen, wenn er den Zeitpunkt für geeignet hält.«
Scoobey, der lange Zeit geschwiegen hatte, kam von seinem Platz hoch. Er sprach wie ein Mann,
der ausführlich über ein Problem nachgedacht und die beste Lösung herausgefunden hatte.
»Ich habe einen anderen Plan«, sagte er. »Wir vernichten die Kaulquappe.«
Er wartete, daß einer der Männer etwas sagen würde. Als niemand sprach, fuhr er fort: »Wir
lassen die FAUNA im Raum explodieren. Kommandant Everson kann Ihnen bestätigen, daß diese
Möglichkeit besteht. Es würde zwar bedeuten, daß wir alle sterben – unser Feind jedoch
ebenfalls. Mit einer solchen Aktion
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