Silberband 015 - Mechanica
fest, daß ihm das
Sprechen unsagbare Schmerzen bereitete. Er stöhnte leise.
Sengus Stimme war voller Sorge. »Was ist passiert, Doc? Sind Sie verletzt? Wo befinden Sie
sich?«
»Ich komme sofort«, stieß MacDowell mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Kalter Schweiß stand
auf seiner Stirn, und er übergab sich heftig.
Ich muß aufstehen, dachte er.
Aber es ging nicht. Er konnte sich kaum bewegen. Ein riesiger Käfer krabbelte über die
Sichtscheibe seines Helmes, und MacDowell konnte die präzise Arbeit seiner dünnen Beine
beobachten. Die gelassene Selbstverständlichkeit, mit der das Insekt über ihn hinweglief, dämmte
seine aufsteigende Panik ein.
»Sind Sie wieder in Ordnung?« fragte Sengu.
»Gehen Sie voran«, brachte MacDowell hervor. »Warten Sie nicht auf mich.« Es ist die
Wirbelsäule, dachte er. Sie muß gebrochen sein.
Sengu sagte irgend etwas, aber seine Stimme war nicht mehr als ein brummender Ton, ein
unangenehmes Krächzen ohne jeden Sinn. MacDowells Augen trübten sich.
Es war ein völlig undramatischer Tod, den er hier erlitt. Ein erschrecktes Tier hatte ihn
umgerannt, und er war durch einen bedauerlichen Zufall über einen Ast gestolpert. Ein Unfall,
mehr nicht.
Das war also das Ende. Chester MacDowell, der ausgezogen war, um einen Hauch der Unendlichkeit
zu gewinnen, starb so einsam wie er gelebt hatte.
»Wir stellen keine Landstreicher ein!«
MacDowell versuchte zu lächeln, denn wenn Sengu ihn fand, sollte der Mutant erkennen, daß er
in seinen letzten Minuten ohne Angst gewesen war. Plötzlich glaubte MacDowell auf einer Wiese zu
liegen. Es war Nacht, und aus der Ferne hörte er das Brummen der Autos. Die Sterne erschienen ihm
klarer als sonst, als hätte sie eine unbegreifliche Kamera näher an ihn herangebracht.
Ein Mann im Schaukelstuhl saß neben ihm, und seine gleichmäßigen Pendelbewegungen machten
MacDowell müde. Ab und zu wurde der Lärm der Fahrzeuge etwas lauter und erinnerte fast an eine
erregte menschliche Stimme. Wind kam auf, sein lauer Atem fächelte MacDowells Gesicht, und ein
Geruch wie frische, regennasse Tannenzweige strömte mit ihm heran.
Die Sterne waren ganz nahe, fast wie ein Tuch, das sich über ihm ausbreitete …
Als Sengu ihn eine knappe Stunde später fand, war er bereits tot.
Der Roboter blieb stehen, und Kakuta verrenkte seinen Hals, um besser sehen zu
können. Noch hatte er sich nicht aus der Gefangenschaft befreit, denn er hoffte, auf diesem Weg
am schnellsten sein Ziel zu erreichen. Was er jetzt erblicken konnte, machte ihn allerdings nicht
zuversichtlicher.
Keine bedeutungsvoll wirkenden Geräte oder Kontrollen waren zu erkennen. Wände und Decke waren
von gleichmäßigem Muster und scheinbar glatt geschliffen. Die Greifarme, die ihn umfangen
hielten, verstärkten ihren Druck, und der Mutant verzog sein Gesicht.
Der Roboter schien sein Ziel noch nicht erreicht zu haben, denn er machte Anstalten, Kakuta
noch weiter durch den Gang zu schleppen. Der Japaner entschloß sich zu einem Versuch.
»Kann mich hier jemand verstehen?« rief er laut und bediente sich des Intergalaktischen.
Der Roboter starrte ihn aus glänzenden Linsen an, ohne die geringste Reaktion zu zeigen.
»Wir können hier nicht ewig stehen bleiben«, meinte Kakuta freundlich. »Gibt es keine
Möglichkeit, daß wir uns einigen?«
Arthur gab ein krächzendes Geräusch von sich und rollte weiter.
Direkt vor ihnen war ein Teil der Wand zur Seite geglitten und gab den Blick auf eine Kammer
frei, die in dem Mutanten Erinnerungen weckte. Dieser Raum kam ihm irgendwie bekannt vor. Bevor
er sich näher mit seinen Vermutungen befassen konnte, war der Roboter an seinem Ziel angelangt.
Seine Greifarme lockerten sich, und Kakuta stand plötzlich wieder auf eigenen Füßen. Er warf der
Maschine einen mißtrauischen Blick zu, den diese mit intensivem Summen erwiderte.
Tako Kakuta legte die Stirn in Falten und breitete die Arme aus.
»Wir kommen uns also näher«, sagte er.
Der Roboter wandte sich jedoch ab und rollte hinaus.
»Halt, alter Freund!« rief Kakuta hinter ihm her. »Willst du mich hier allein lassen?«
Arthur äußerte sich nicht über seine weiteren Absichten, und die Kammer verschloß sich hinter
ihm. Kakuta vernahm ein eigenartiges Geräusch, als streiche jemand mit einem breiten Besen über
rauhen Boden. Er fragte sich, ob dieser Raum sein Gefängnis darstellen sollte. In diesem Fall
würde es kein Problem für ihn sein, sich
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