Silberband 017 - Die Hundertsonnenwelt
Bildschirme. Auch seine wildeste Phantasie vermochte sich nicht vorzustellen, was der Absturz des Schiffes auslösen konnte. Er wußte nur, daß tausend Terraner in furchtbarer Gefahr waren. Der erfahrene Bronston hatte bereits seine Schlüsse aus der unfreiwilligen Bahn des Posbischiffs gezogen.
»Wenn es über dem Stützpunkt aufprallt, können wir sofort umkehren«, sagte er düster. »Das wird niemand überleben.«
Imarez blickte auf die Scheibe des Planeten, der sich vor dem Schlachtschiff träge hinwegschob. Natürlich war das eine Täuschung, denn es war der Raumer, der sich bewegte. Imarez wagte nicht daran zu denken, was mit den Wissenschaftlern geschehen konnte. Durch seinen Befehl hatte er diese Ereignisse praktisch heraufbeschworen.
Wie gebannt verfolgten sie den Sturz des Robotschiffs.
»Dr. Bryant ruft uns«, gab Walsh mit unsicherer Stimme bekannt. »Er will neue Informationen haben.«
Imarez spürte, wie sich sein Magen zu einem schmerzenden Knoten zusammenzog. Gewaltsam riß er sich zusammen.
»Sagen Sie ihm, daß wir zur Rettung bald landen werden«, ordnete er an.
Er übersah die stumme Frage in den Augen des Leutnants. Walsh schluckte krampfhaft und wandte sich wieder seiner Aufgabe zu.
Es ist schlimm, wenn man einen Mann belügen muß, dachte Imarez. Besonders, wenn er nur noch wenige Augenblicke zu leben hat.
Der Kommodore sah, daß die beiden Würfelschiffe, die bereits zur Landung angesetzt hatten, ihr ursprüngliches Vorhaben aufgaben. Die Robotkommandanten hatten anscheinend erkannt, was mit dem beschädigten Schiff geschehen würde. Die zwei Fragmentschiffe zogen sich in den Raum zurück.
Der Aufprall des riesenhaften Schiffes entfesselte Energien, die über dreißigtausend Gigatonnen TNT entsprachen. Die ungebremste Fallgeschwindigkeit und die ungeheure Masse trieben das Schiff fast fünf Kilometer tief in den brüchigen Boden von Surprise.
Der ganze Planet wurde von Beben durchgeschüttelt. Bronston lehnte sich in dem Pilotensitz zurück, als könne er die Geschehnisse nicht fassen.
»Dr. Bryant ruft«, meldete sich Walsh. »Er will wissen, was passiert ist. Er sagt, daß der Planet auseinanderfliegen wird.«
Imarez kam in Bewegung. Der Aufprall war von den Wissenschaftlern überlebt worden, also konnte er nicht in der Nähe des Stützpunkts stattgefunden haben.
»Wir landen sofort zwei Schiffe in unmittelbarer Nähe des Stützpunkts, um die Forscher aufzunehmen«, befahl der Kommodore. Ein Blick auf den Bildschirm zeigte ihm einen Teil des Planeten. Eine lodernde Flamme kroch darüber hinweg: hervorbrechende Magmamassen, die aus dem zerbrechenden Boden hervorströmten. Auf Surprise, einer von Natur aus schon höllischen Welt, herrschten jetzt apokalyptische Zustände. Imarez war sich darüber im klaren, daß die Landung von Schiffen ein Risiko sein würde.
»Der Stützpunkt beginnt einzustürzen«, teilte Walsh mit bebenden Lippen mit. »Wir sollen uns beeilen.«
Surprise füllte jetzt den Panoramabildschirm vollkommen aus. Die Verwüstungen, durch den Absturz des Fragmentschiffs ausgelöst, waren unvorstellbar. Ein gewaltiger Spalt, in dem eine Großstadt Platz gefunden hätte, zeichnete sich am Rand der kleinen Welt ab. Ein weiterer Riß zeigte sich in seinen Anfängen im unteren Teil des Bildes. Es sah aus, als sollte der gesamte Planet explodieren. Die lodernde Flammenzunge breitete sich weiter aus, in unzähligen Verästelungen brach sie über das ungeschützte Land. Auch an anderen Stellen drang flüssiges Magma an die Oberfläche, die zu einer kochenden Hölle wurde.
Die freiwerdenden Energien ließen keine gute Verbindung zu den auf Rettung hoffenden Wissenschaftlern zu. Walsh, der immer wieder mit Dr. Bryant sprach, schien mit seiner Nervenkraft am Ende zu sein. Für einen kurzen Augenblick wurden die von Imarez zur Rettung befohlenen Schiffe auf dem Bildschirm sichtbar, zwei kugelförmige Riesen aus Arkonstahl, die in den Aufruhr hinabsanken.
Der Kommodore blickte zur Borduhr. Die Posbischiffe waren verschwunden. Surprise war für sie wertlos geworden, ebenso wie für die Laurins und die Terraner. Innerhalb kurzer Zeit würde Outside einen weiteren Planeten verlieren. Der unterirdische Stützpunkt der Mechanica-Bewohner würde mit dieser Welt untergehen.
Major Tschu-Kameh zog den letzten Mann in die Schleuse herein. Der Mann wehrte sich und schrie etwas, aber Tschu-Kameh ging nicht darauf ein. Jede Sekunde, die sie noch länger in dieser Hölle bleiben
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