Silberband 033 - OLD MAN
der Insel besiegt worden
waren. Seit dieser Zeit hatte sich das Solare Imperium der friedlichen Aufbauarbeit widmen
können.
Dennoch hatte die Wachsamkeit der Imperiumsflotte nicht nachgelassen.
In der sogenannten ›Sicherheitszone Terra-Luna‹ wimmelte es von Patrouillenkreuzern und von
kleineren Einheiten bis hinab zum Moskito-Jäger. Trägerschiffe hingen gleich kolossalen
Bienenstöcken im Raum, bereit, innerhalb von Sekunden ihre Wabenhangars zu öffnen und Tausende
von Raumzerstörern und Raumjägern auszuspeien, die es infolge ihrer enormen Wendigkeit, ihrer
Impulskanonen und ihrer HÜ-Schutzschirme mit jedem nichtterranischen Schlachtschiff aufnehmen
konnten.
Über die Ortungsschirme der FRANCIS DRAKE huschte ein unablässiges Feuerwerk grünschimmernder
Tasterreflexe. Das Freihändlerschiff bewegte sich in einer elliptischen Bahn um Erde und Mond,
dicht vor der Sicherheitszone, und wartete auf Landeerlaubnis.
Und diese ließ nicht lange auf sich warten. Der Kommandant der Raumüberwachung auf Luna
meldete sich und gab bekannt, daß die Landeerlaubnis für Feld Luna-II-B erteilt wurde.
Nachdem die Funkverbindung unterbrochen wurde, wartete Danton noch einige Minuten, dann begann
er zu handeln.
»Kommandant an Funkzentrale!« sagte er ins Mikrophon des Interkoms. »Setzen Sie folgenden
Spruch an die Raumsicherheitsbehörde Zone Terra-Luna ab: Danke für Landeerlaubnis, lande mit
Beiboot MISC in angegebenen Koordinaten, Roi Danton, Ende!«
Er ließ das Mikrophon am federnden Haltearm zurückschnellen und hieb auf die
›Rettungsschaltung‹ an der Armlehne seines Kontursessels.
Gleichzeitig mit dem Aufflackern einer roten Warnlampe und einem durchdringenden Pfeifsignal
wurde der Sitz einschließlich Inhalt in ein stabilisiertes Feld gehüllt und versank im Boden.
Die Fahrt durch die Rettungsröhre zum 420 Meter entfernten Hangar dauerte vier Sekunden.
Während der leere Kontursitz zurückschoß, bestieg Roi Danton das kleine, elliptische Beiboot,
warf sich in den Pilotensitz und aktivierte den Antrieb.
Zehn Sekunden nach dem Einschalten der Rettungsschaltung schoß ein acht Meter durchmessendes
Phantom aus dem Tubenhangar, nahm Fahrt auf und raste auf den kraterbedeckten Erdmond zu.
Neun Minuten später setzte die MISC sanft wie ein fallendes Blatt innerhalb der strahlenden
Kreisfläche des Felds Luna-II-B auf.
Roi schaltete den Antrieb ab und blickte auf die Bildschirme der Außenoptik.
Backbords ragten die zerrissenen Wälle der Kraterruine Hipparch silberweiß in den schwarzen
Taghimmel, die Schatten waren kurz und scharf abgegrenzt; es war Mondmittag an dieser Stelle der
Oberfläche. Durch ein kaum wahrnehmbares Flimmern verriet sich der weitgespannte Schutzschirm
eines Abwehrforts; die eigentlichen Verteidigungsanlagen befanden sich unter der Oberfläche.
An Steuerbord zeigten die Bildschirme eine ganz andere Szenerie. Roi zählte achtundzwanzig
halbkreisförmig angeordnete Kuppelbauten; die Projektorbunker für Zugstrahlen und
Situationsschutzschirme. Innerhalb der von ihnen eingeschlossenen Fläche standen mehrere
dickbauchige Transportschiffe der Imperiumsflotte, über ihre düster glänzenden, metallenen Leiber
ragte der Koloß eines nagelneuen Ultraschlachtschiffes rund tausend Meter hinaus. Das Schiff
stammte anscheinend aus der Fertigung der Luna-Werften und wartete darauf, von der
Übernahmekommission freigegeben und an seinen Bestimmungsort überführt zu werden.
Roi lächelte unwillkürlich angesichts des spiegelglatten Raumhafenbelags. Er entsann sich noch
gut seines ersten Mondfluges; damals war er sechs Jahre alt gewesen und hatte davon geträumt,
Militärkommissar von Luna zu werden. Der völlig ungeschützte und dennoch glatte Boden des
Besucherhafens hatte ihn veranlaßt, sich an Onkel Reginald zu wenden, der mit ihm anläßlich
seines sechsten Geburtstages zum Mond geflogen war, da Vater und Mutter einen unaufschiebbaren
Staatsbesuch auf Plophos absolvieren mußten.
Auf die Frage, wie es käme, daß die Start- und Landefläche trotz des beständigen Meteorregens
absolut unversehrt bliebe, hatte sein Patenonkel lachend entgegnet, daß die lunare Meteorgefahr
nichts weiter sei als das Relikt jener Schauergeschichten, die im 20. Jahrhundert kursierten.
In Wirklichkeit, so erklärte er, sei die Meteorgefahr auf Luna nur um ein geringes größer als
auf der Erde, denn obwohl die durchschnittliche lunare Atmosphärendichte nur ein
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