Silberband 065 - Die Altmutanten
die Zunge des Mannes dagegen stieß.
»Ich sehe einen Körper im Stadium des Zerfalls«, formulierte Gianni langsam. Er ging zwei Schritte näher an den Eindringling heran.
»Das sehen Sie richtig«, murmelte der Fremde. »Helfen Sie mir!«
Ein kugelförmiger Robot, etwa sechzig Zentimeter durchmessend, schwebte durch eine eigens dafür geschaffene Öffnung ins Zimmer.
»Ihr Name?« schnurrte er.
Der Fremde beachtete ihn nicht und sah aus trüben Augen den Arzt an.
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen helfen kann … und wie ich es kann!« sagte Gianni. Er meinte es absolut ehrlich.
»Ihr Name, mein Herr?« fragte beharrlich der Anmelderobot.
Der Mann suchte offensichtlich Hilfe, dazu brauchte Gianni nicht einmal mehr einen Blick auf die Haut zu werfen. Wenn schon die Epidermis so aussah, dann waren die inneren Organe ebenfalls betroffen, denn das Aussehen der Haut kam nicht isoliert von irgendeiner Krankheit.
»Helfen Sie mir!« drängte der Fremde. Seine Stimme war lauter geworden und forderte jetzt. Auch die Stimmbänder hatten gelitten, registrierte der Mediziner.
»Bitte Ihren Namen, mein Herr!« forderte der Roboter den Fremden auf. Er fuhr eine Linse, ein Mikrophon und einen Lautsprecher aus. Der Lautsprecher knackte aufgeregt.
Der Mediziner betrachtete gefesselt und mit fachlichem Interesse das alte, fast zersetzte Gesicht.
»Aber …«, sagte er. »Der modernen Wissenschaft des Jahres dreieinhalbtausend sind solche Erscheinungen völlig unbekannt!«
»Das habe ich geahnt!« sagte der Eindringling und begann zu zittern. »Helfen Sie mir! Versuchen Sie, meinen Tod hinauszuzögern! Tun Sie, was Sie können!«
Der Wissenschaftler nickte und versuchte, ein beruhigendes Gesicht zu machen. Wann hatte er zum letztenmal ein solches Hautgewebe gesehen? Er konnte sich erinnern, es mit wissenschaftlicher Gründlichkeit studiert zu haben … Jetzt wußte er es wieder:
In der Pathologie, wo sie unter der Leitung eines berühmten Mediziners künstliches Zellgewebe betrachtet und seziert hatten.
Künstlich gezüchtetes Zellgewebe? Blitzartig folgte die nächste Assoziation. Dieser Mensch hier vor ihm war kein Terraner, der irgendwo diese verderbliche Krankheit aufgelesen hatte, sondern er war Besitzer eines synthetischen Körpers.
Noch heute morgen in den Nachrichten … Der Mediziner erinnerte sich. Alle die Warnungen und Meldungen, die Kommentare und Rhodans Appell, die in den letzten Wochen die Bildschirme von Terra Vision gefüllt hatten.
Der Arzt ahnte nicht, wen er vor sich hatte, aber er wußte, daß es einer der gesuchten Mutanten war.
»Ihr Name! Ich muß Sie dringend auffordern …!« sagte der Anmelderobot und hatte nun auf einmal eine weitaus energischere Stimme. Seine Identifikationslampe blinkte aufgeregt.
»Können Sie mir helfen?« fragte der Fremde und stützte sich mit einer zerfressenen Hand schwer gegen die Wand.
»Ja. Kommen Sie!« sagte Gianni.
Er drehte sich wie eine Marionette um, steckte die Hände in die Taschen seines dunkelgrünen Kittels und ging langsam aus dem Büroraum hinaus. Der Eindringling und der Robot folgten ihm gehorsam.
»Ihr Name! Ich bin gezwungen …«, schrillte die Maschine.
Der Arzt deutete auf einen Untersuchungstisch und sagte: »Setzen Sie sich!«
Der Tisch faltete sich halb zusammen, die Hydraulik fauchte und zischte. Der Fremde setzte sich vorsichtig hinein. Noch immer stand die junge Frau bewegungslos an der Tür und sah in eine ganz andere Richtung. Der fremde Wille hatte sie erbarmungslos im Griff und lähmte sie.
Alarm! dachte Gianni verzweifelt.
Aber er konnte nichts in dieser Richtung tun. Er entschloß sich, mit einem Sprung zum Schalter des Visiphons zu eilen und den Notknopf zu drücken, aber als er an seinem Schreibtisch war, nahm er nur das biopositronische Stethoskop in die Hand.
»Ihr Name!« Die Maschine war jetzt auf ihre Art wütend. »Name, Adresse, Sozialversicherungsnummer – geben Sie mir Ihre Identifikationsplakette!«
Der Arzt zwang sich, nicht an die Programmierung dieses Robots zu denken. Weder er noch die Maschine konnten im entferntesten ahnen, daß in dem Körper, der ausgestreckt auf dem Untersuchungstisch lag und sich nicht rührte, weil seine Energie offensichtlich erschöpft war, der Verstand des vor fünfhundertunddreißig Jahren verstorbenen Teleportermutanten Tako Kakuta ruhte.
»Los! Untersuchen Sie mich schon!« sagte der Mann verzweifelt. Er stöhnte vor Schmerzen.
Der Arzt trat an ihn heran, knöpfte
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