Silberband 065 - Die Altmutanten
sich in sein Privatlaboratorium, das außerhalb des Bereichs der Hauptschaltzentrale lag.
Obwohl er dadurch wertvolle Zeit verlor, wollte er durch eine Analyse des menschlichen Knochens die Zeitspanne messen, die seit dem Untergang Lemurias vergangen war. Obwohl alles darauf hinwies, daß mehr als nur 32 Jahre vergangen waren, war er noch immer voller Hoffnungen und Zweifel.
Er mußte sie ein für allemal beseitigen.
Das ließ sich durch eine uralte, aber nichtsdestoweniger wirksame Methode bewerkstelligen, nämlich die Radiokohlenstoffmethode.
Menschen nehmen bekanntlich das 14 C durch die pflanzliche Nahrung auf; dieser Zyklus bewirkt, daß die Radiokohlenstoff-Konzentration in den Geweben lebender Organismen mit der des Kohlendioxyds übereinstimmt. Wenn jedoch ein Organismus abstirbt, kann er keinen Radiokohlenstoff mehr aufnehmen, und durch den radioaktiven Zerfall verringert sich die Radiokohlenstoff-Konzentration.
So verhielt es sich auch mit dem menschlichen Knochen, von dem Onacro eine Probe entnahm, chemisch in Gas umwandelte und in einer Art Spektrometer ionisierte.
Onacro sah gebannt zu, wie das ionisierte Gas zu einem Lichtstrahl gebündelt und durch ein Magnetfeld geleitet wurde. Während die Auffächerung der Isotope noch anlief, schaltete er bereits den Bildschirm ein. Wenige Sekunden später zeichnete sich in Form von Linien das Isotopen-Spektrum ab.
Der Biogenetiker hielt den Atem an, als er über den angeschlossenen Computer die Vergleichswerte anforderte.
Die Positronik warf nur eine Zahl aus: neun!
Das bedeutete, daß der menschliche Knochen neun Radiokohlenstoff-Halbwertszeiten alt war. Umgerechnet waren das ziemlich exakt fünfzigtausend Jahre!
Also hatte Alaska Saedelaere die Wahrheit gesagt. Es gab kein lemurisches Reich mehr, er und seine 592 Wissenschaftler waren die letzten Lemurer!
Aber es gab noch Menschen. Waren die Überlebenden vor fünfzigtausend Jahren alle nach Andromeda geflüchtet? Waren Saedelaere und Corello deren Nachfahren? Warum nicht? Schließlich sprachen sie Lemurisch nahezu perfekt – die geringen sprachlichen Unterschiede waren unbedeutend …
Onacro hatte geglaubt, daß ihn die C-Analyse einer Lösung näher bringen würde. Aber jetzt erkannte er, daß der Fragenkomplex ins Unermeßliche gestiegen war.
Er mußte sich sofort mit Lowo Phantroc in Verbindung setzen und dann versuchen, mit Alaska Saedelaere ins Gespräch zu kommen. Der Maskenträger war zwar in starkem Maße von Corello abhängig, aber wie sich gezeigt hatte, besaß er eine gewisse Bewegungsfreiheit und gelegentlich sogar einen eigenen Willen.
Er mußte versuchen, von Saedelaere weitere Informationen zu bekommen.
Was hatte der Maskenträger noch gesagt? Verständigen Sie Perry Rhodan!
Wer war das? Ein Feind Corellos? Befand er sich in Reichweite der Station unter dem Meeresboden?
Onacro spielte das Tonband ab, das an sein unabhängiges Bildsprechgerät angeschlossen war. Das Band war erst wenige Zentimeter gelaufen, als plötzlich Lowo Phantrocs Stimme ertönte.
»Onacro, seien Sie auf der Hut. Corello hat …«
Die Stimme brach plötzlich ab. Aus dem Lautsprecher kam kein Ton mehr.
Onacro vergaß alle Vorsicht und stellte die Bildsprechverbindung zur Schnellbrüter-Halle her. Er schaltete die Kamera aus, so daß der Bildschirm des Empfängers dunkel blieb.
Als das Freizeichen aufleuchtete, sprach Onacro leise ins Mikrophon: »Phantroc, können Sie mich hören?«
Er wartete eine Weile, dann wiederholte er seine Worte. Nach der vierten Wiederholung bekam er Antwort.
»Hier ist Phantroc. Wo sind Sie, Onacro? Corello sucht überall nach Ihnen.«
»Ich bin in meinem Privatlaboratorium …«
»Bleiben Sie dort! Ich komme zu Ihnen.«
Onacro wollte noch entgegnen, daß Phantroc auf eine günstigere Gelegenheit warten solle, doch der Biochemiker hatte die Verbindung bereits unterbrochen. Hoffentlich merkte Corello nicht, daß sich Phantroc davonschlich, und …
Vom Korridor her erklangen schwere Schritte. Sie stammten von mehreren Personen.
Onacro wartete nicht, bis sie seine Tür erreicht hatten, sondern sprang durch die Öffnung in der Wand in den Geheimgang. Noch bevor sich die Energiebarriere verdichtet und der Wandstruktur angepaßt hatte, sah Onacro, wie drei Kampfroboter ins Laboratorium stürmten.
Der Biogenetiker schüttelte verständnislos den Kopf. Warum hatte Phantroc die Roboter auf ihn gehetzt?
6.
Corello hatte also seine Flucht bemerkt. Das ging klar aus
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