Silberband 065 - Die Altmutanten
dann fragte Kantenburg: »Sie sagten, Sie hätten uns kennenlernen wollen. Warum?«
Illroy erwiderte, ohne zu stocken: »Mein ganzes Leben verlief im sterilen Rahmen einer hochgezüchteten Zivilisation. Die Technik beherrschte es, selbst dann noch, wenn ich schlief. Ich habe auf meinen Reisen Welten gesehen, die nur aus einer einzigen Stadt bestanden, die Menschen lebten in künstlichen Höhlen und Betonschluchten, selten nur konnten sie den Himmel sehen. Aber ich besuchte auch Planeten, deren Oberflächen mit unübersehbaren Wäldern und Steppen bedeckt waren, wo die Ozeane noch klar und sauber waren und man die Luft ohne Zusätze noch atmen konnte. Damals faßte ich den Entschluß, auf einer dieser Welten zu bleiben und dort den Rest meines Lebens zu verbringen. Ich durfte und konnte jedoch nicht desertieren und mußte warten, bis der Auftrag, den wir hatten, erfüllt war. Dann nahm ich meinen Abschied, als ich von den Zeitrittern auf Feuerland hörte. Der Gleiter sollte mich zu Ihnen bringen. Er flog mit automatischer Steuerung und wäre bei der Stadt gelandet. Ein magnetischer Sturm muß es gewesen sein, der die Automatik störte und mich abstürzen ließ.« Er sah Kantenburg an. »Habe ich Ihre Frage beantwortet?«
»Sie wollen also bei uns bleiben und wünschen nicht, daß wir die Außenwelt benachrichtigen?«
»Nein, das wünsche ich nicht.«
Kantenburg sah die Männer fragend an. »Wie denkt ihr darüber? Hat jemand etwas dagegen, wenn er bleibt, als einer von uns? Natürlich steht ihm die einjährige Probezeit auch zu, ehe er sich selbst endgültig entscheidet.«
Niemand erhob Einspruch. Pendor wiederholte seine Einladung. Hatco Illroy nahm sie dankend an.
Karos hatte dem Gast sein eigenes Zimmer überlassen und war in das halbfertige Haus am Nordhang gezogen. Das geschah nicht ohne Grund. In aller Ruhe konnte er sich hier mit dem Funkgerät beschäftigen, das er aus dem Wrack geborgen hatte.
Er besorgte sich einige alte Bücher, die in der Bibliothek standen und von jedem Zeitritter ausgeliehen werden konnten. Niemand interessierte sich für moderne Funktechnik, denn sie war überflüssig. Es fiel auch nicht weiter auf, daß Karos sich gerade Fachbücher über dieses Gebiet auslieh.
Mary Kantenburg fühlte sich vernachlässigt. Immer wenn sie Karos besuchte, hatte dieser keine Zeit für sie, bastelte in seiner Kammer herum und ließ niemanden herein, auch Mary nicht.
Der Bau des Hauses schritt kaum weiter voran, und man konnte den Eindruck haben, daß Karos nur manchmal deshalb etwas daran arbeitete, um lästigen Fragen zu entgehen.
Mary ging zu Karos' Eltern, um mit ihnen zu sprechen. Der Fremde saß stumm am Kaminfeuer und starrte in die Flammen. Er war überhaupt sehr schweigsam geworden und kaum zu bewegen, das Haus zu verlassen. Felda kümmerte sich um ihn. Sie hatte den Eindruck, daß er krank sein müsse.
Pendor hörte geduldig zu, was Mary ihm zu sagen hatte, dann zuckte er die Schultern.
»Ich sehe ihn kaum noch, mein Kind, und ich frage ihn auch nicht, was ihn bedrückt. Er hat nun sein eigenes Haus und kann dort so leben, wie es ihm gefällt. Mir wäre es nur lieber, wenn du bald zu ihm ziehen könntest, damit er nicht so allein ist.«
Sie sah hinüber zu Illroy. »Karos ist erst so merkwürdig geworden, als der Fremde auftauchte.«
»Er hat nichts damit zu tun, denn sie sehen sich ja kaum.«
Sie nickte in Richtung des Kamins. »Was ist mit ihm? Er sieht so traurig aus, fast könnte man Mitleid mit ihm haben. Darf ich mit ihm sprechen?«
»Du kannst es versuchen, Mary, aber du wirst kein Glück haben. Er schweigt meistens und sinnt vor sich hin. Er ist gemütskrank, aber er will nicht, daß man ihm hilft. Vielleicht kann ihm auch niemand helfen.«
»Ich will es wenigstens versuchen«, sagte sie und nahm ihn noch einmal beiseite. »Kannst du Karos fragen, wann wir heiraten sollen?«
Sie ging zum Kamin und setzte sich neben Illroy. Der ehemalige Leutnant blickte nur kurz auf, sah sie aus seinen hellen Augen durchdringend an, dann starrte er wieder ins Feuer.
»Ich muß morgen hinauf zu den Schafen, und dann möchte ich Karos Pendor in seinem Haus besuchen. Warum kommen Sie nicht mit mir? Das Wetter ist milder geworden.«
Wieder sah er sie an, lange und forschend. In seinen Augen war etwas, das sie nicht zu definieren vermochte.
»Ich komme gern mit, wenn Sie es wünschen«, sagte er.
Sie war überrascht, denn sie hatte mit Ausflüchten gerechnet.
»Fein, dann treffen wir uns
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