Silberband 111 - Geburt einer Dunkelwolke
anders.« Die junge Mutantin wich Jennys Blick aus. »Niemand zwingt ihn dazu.«
»Ihr habt ihm die Psychode zugespielt, damit er sich unüberwindlich fühlt. Ihr habt ihm auf diese Weise suggeriert, dass er nun Herr über Raum und Zeit sei, der Meister, dem die Schöpfung untertan zu sein hat.«
»Boyt ist der Herr der Provcon-Faust«, sagte Eawy ter Gedan heftig. Sie bewegte sich auf gefährlichem Terrain.
Am liebsten hätte sie der Frau alles entgegengeschleudert, was sie wusste oder zu wissen glaubte. Aber eine unachtsame Bemerkung konnte noch im letzten Moment alles gefährden. Wenn Jennifer tatsächlich die Wahrheit ahnte, warum schwieg sie nicht einfach? Das wäre doch ebenso in ihrem Interesse gewesen.
»Ihr wollt Margor in den Tod treiben«, drängte Thyron. »Ist der Preis von fünftausend Menschenleben nicht zu hoch dafür?«
Sprich nicht weiter, Jenny!, dachte Eawy entsetzt. Du zerstörst sonst alles so knapp vor der Entscheidung.
»Margor muss es tun!«, sagte sie mit bebenden Lippen. »Niemand kann ihn daran hindern.«
»Ihr könntet es verhindern! Wo ist Tezohr? Was habt ihr mit ihm gemacht?«
Eawy schüttelte verzweifelt den Kopf. Sie musste Jennifer Thyron ein Zeichen geben, damit sie verstand.
»Tezohr ist in seinem Psychod aufgegangen«, raunte sie hastig. »Da Margor sich damit beschäftigt hat, ist Tezohr in ihm. Das ist gut so!«
Begreif doch endlich, Jenny!
Die Frau schien endlich verstanden zu haben. Ihre Geste wirkte hilflos, überrascht, ungläubig – von allem etwas, und sie nickte stumm, die Lippen zusammengepresst. Eawy ter Gedan atmete auf. Ein rascher Blick in die Runde verriet ihr zudem, dass die Paratender den Inhalt des kurzen Disputs nicht begriffen hatten.
Die Paratender hatten keine Ahnung, dass Boyt Margor ein Produkt der Prä-Zwotter war und die fehlende Komponente, die das Chaos in der paraplasmatischen Sphäre beilegen und sie zu einem vollkommenen Gebilde machen sollte. Wenn Margor keine Negativeigenschaften entwickelt hätte, wäre er längst schon seiner Bestimmung nachgekommen.
Jennifer Thyron und Ronald Tekener kannten die Zusammenhänge. Beide wussten, dass sie – Eawy, Bran und Dun – als Regulatoren für Margor gedacht gewesen waren. Aber war ihnen auch klar, dass Boyt Margor die ihm zugedachte Bestimmung nur erhalten konnte, wenn er sich im Einflussbereich aller Psychode befand? Und wenn es dazu innerhalb der paraplasmatischen Sphäre kam?
Diese Voraussetzungen waren endlich gegeben.
Tezohr hatte den drei Mutanten gesagt, dass dies die letzte Chance sei, die paraplasmatische Sphäre zu vervollkommnen. Er hatte seine Gestalt aufgegeben und war in sein Psychod zurückgekehrt, um Margor besser beeinflussen zu können. Tezohr baute dabei auf Unterstützung durch das Psychod, das Margor seit seiner Geburt als Amulett um den Hals trug – Khara-Kharands Psychod, dessen Parusie Tezohrs Sendungen verstärken sollte.
Margors geistige Verwirrung war zum Großteil auf Tezohrs Einfluss zurückzuführen. Für Eawy war es zugleich ein untrügliches Zeichen dafür, dass Margor die gewünschte Entwicklung durchmachte. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis er alle Voraussetzungen mitbrachte, um die fehlende Komponente für die paraplasmatische Sphäre zu bilden.
Das musste Thyron endlich erkennen!
Ein Blick in Jennifers Augen verriet der Mutantin, dass sie endlich verstand und die Handlungsweise der drei Gäa-Mutanten durchschaute.
Ein Schrei riss Eawy aus ihren Gedanken.
Margor riss sich die SERT-Haube vom Kopf. Er hatte eingesehen, dass er nicht in der Lage war, das Raumschiff durch den Staubmantel der Provcon-Faust zu lotsen. Margor schrie und weinte wie ein kleines Kind. Er versuchte nicht erst, Haltung zu bewahren, und kümmerte sich nicht um die entsetzten Paratender. Er schluchzte und krümmte sich wie unter unsichtbaren Schlägen.
Margor stürzte mit einem letzten Aufschrei zum Antigravschacht und verschwand darin. Eawy ter Gedan wusste, dass er bei seinen Psychoden Schutz suchen würde.
»Ihr habt euer Ziel erreicht«, sagte Jennifer Thyron tonlos. »Aber was soll jetzt aus dem Schiff werden – und aus uns?«
Wie als Antwort heulte der Alarm auf. Die MOONBEAM trieb führungslos im Mahlstrom des paraplasmatischen Staubmantels. Das Ultraschlachtschiff wurde zum Spielball der Elemente.
22.
Boyt Margor sah sich in einem ausweglosen Labyrinth gefangen. Er irrte planlos umher und hatte das Gefühl, im Kreis zu laufen. Er kroch durch
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