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Silberflügel: Roman (German Edition)

Silberflügel: Roman (German Edition)

Titel: Silberflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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gehört, die aus dem Echoraum aufstiegen, die Geschichten, die endlich freigelassen und nun für immer im Himmel verloren waren.
    Vor Sonnenaufgang fanden sie eine verlassene Scheune. Die Dachbalken hingen durch, Dach und Wände ließen Streifen von Sonnenlicht herein, in denen Staubkörnchen tanzten, und der Geruch von Tieren und ihrer Losung war noch unangenehm streng. Aber die Scheune schien frei von Vogelnestern und sicher zu sein. Die Fledermäuse hängten sich erschöpft an die hohen, verrottenden Balken und die meisten fielen sofort in einen tiefen Schlaf.
    Schatten drückte sich eng an seine Mutter. Sein Brustbein schmerzte noch von dem langen Flug. Immer, wenn er die Augen schloss, sah er den Baumhort brennen. Ariel rückte ein wenig zur Seite und schaute ihn an.
    „Es ist nicht deine Schuld“, sagte sie leise.
    „Niemand wird bis ans Ende meines Lebens mit mir reden.“
    „Sie werden drüber wegkommen. Sie haben gesehen, wie mutig du warst. Du hast versucht, die Heimstatt zu retten, das ist mehr, als die meisten anderen getan haben. Ich bin sehr stolz auf dich.“
    Er entgegnete nichts, aber von dem Lob wurde ihm ganz warm.
    „Frieda hat mich in den Echoraum mitgenommen“, sagte er schließlich. Es schien schon so lange her zu sein.
    Nach einer kleinen Weile fragte seine Mutter: „Und was hast du gehört?“
    „Die alten Geschichten. Von der großen Schlacht zwischen Vögeln und Vierfüßlern. Auch vom Großen Versprechen habe ich gehört.“
    „Nicht viele Fledermäuse kümmern sich heutzutage um diese Geschichten.“
    „Aber mein Vater schon, nicht wahr?“
    „Ich nehme an, Frieda hat dir davon berichtet.“ In ihrer Stimme schwang Ärger mit. Dann seufzte sie leicht und resigniert. „Sie hat ihre Gründe, nehme ich an. Aber ich weiß nur, dass der Wunsch, die Sonne zu sehen, Fledermäusen den Tod bringt. Vielleicht sind die Geschichten wahr, wer weiß. Vielleicht sind wir ja einstmals bei Tageslicht geflogen und brauchten kein Geschöpf zu fürchten. Aber nun leben wir in der Nacht, haben seit Millionen von Jahren in der Nacht gelebt. Ist das wirklich so schlimm? Jedenfalls lohnt es sich nicht, dafür zu sterben.“
    „Aber es ist nicht recht“, sagte er hartnäckig. „Wir sollten nicht verbannt sein. Wir haben nichts getan. Und was die Eulen machen …“
    „Schatten, so sind nun mal die Dinge.“
    „Aber was ist mit dem Großen Versprechen? Mein Vater glaubte, es hat etwas mit den Ringen zu tun.“
    „Nun, Cassiel hatte immer ungewöhnliche Ideen gehabt. Und nachdem er beringt war, war er noch mehr davon überzeugt, dass das Große Versprechen kurz vor seiner Erfüllung stand. Der Ring sei ein Zeichen, hat er geglaubt.“
    „Wonach hat er gesucht, als er getötet wurde?“
    „Wollte er mir nicht sagen. Er war sehr aufgeregt und sagte, er müsse gehen und etwas überprüfen. Aber er versprach, dass er in zwei Nächten wieder zurück wäre. Vielleicht wollte er sich mit anderen Fledermäusen treffen. Vielleicht wollte er die Menschen suchen, die ihn beringt hatten, ich weiß es nicht. Nach zwei Nächten verließ die ganze Kolonie Hibernaculum zur Sommerwanderung. Ich bin noch eine Nacht geblieben, und dann noch eine, für alle Fälle. Dann wusste ich, die Eulen mussten ihn erwischt haben. Daher bin ich aufgebrochen und habe die anderen eingeholt.“
    Schatten sagte nichts. Zum ersten Mal konnte er sehen, wie furchtbar es für sie gewesen sein musste, allein auf ihren Mann zu warten, dann aufgeben zu müssen und sich wieder der Kolonie anzuschließen und zu wissen, dass sie ihn nie wieder sehen würde.
    „Frieda hat gesagt, es gäbe andere, die beringt worden sind.“
    Ariel nickte. „Und die meisten sind auch verschwunden, vor Cassiel. Es sind nicht mehr viele übrig, ein paar Männchen.“
    „Vielleicht wissen die, wohin er in jener Nacht geflogen ist.“
    Sie blickte ihn wild an. „Es spielt keine Rolle, Schatten. Hör zu. Ich möchte, dass du am Leben bleibst. Als alle sagten, du würdest sterben, und du so klein warst, da habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben. Es ist ein Wunder, dass du überlebt hast, wirklich.“
    Sie sah plötzlich so müde aus, dass Schatten sein Gesicht vorsichtig gegen ihr Fell drückte. Er wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte. „Tut mir Leid“, sagte er.
    „Hast du Angst vor der Reise nach Süden?“
    Er konnte sich nicht daran erinnern, dass er es ihr jemals gesagt hatte. Sie wusste es anscheinend auch so.
    „Ein bisschen, denke

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