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Silberflügel: Roman (German Edition)

Silberflügel: Roman (German Edition)

Titel: Silberflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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bist. Es ist erstaunlich, dass du uns in diesem Sturm gefunden hast.“
    „Reiner Zufall.“
    „Nein“, sagte Penelope, „der Ring hat dich zu uns geführt. Auf diese Weise haben wir alle unseren Weg hierher gefunden. Wir sind verbunden. Das ist einer der Gründe, warum die Menschen uns die Ringe gegeben haben. Damit wir alle zusammenkommen können …“
    Mein Vater. Der Gedanke schoss Schatten in den Sinn. War dies der Ort, zu dem sein Vater gekommen war? Um mit all den anderen beringten Fledermäusen zusammen zu sein?
    „Ist hier ein Cassiel?“, fragte er begierig. „Ein Silberflügel?“
    Schon an Penelopes Gesichtsausdruck konnte Schatten die Antwort ablesen und er fühlte, wie er vor Enttäuschung zusammensackte.
    „Hier ist niemand, der so heißt“, kam eine andere Stimme. Ein älteres Männchen kam zu ihnen herübergeflogen. Er hatte die längsten Ohren, die Schatten je gesehen hatte. Sie standen hoch in die Luft und ließen sein Gesicht vergleichsweise klein erscheinen. Sein Klang-Sehen muss unglaublich sein, dachte Schatten. Er fragte sich, ob diese Fledermaus wie Zephir in die Vergangenheit und Zukunft sehen konnte.
    „Ich bin Schirokko“, sagte er und ließ sich neben ihnen nieder. „Willkommen.“
    Schatten entging nicht, dass diese Begrüßung hauptsächlich an Marina gerichtet war, ihm schenkte Schirokko nur das flüchtigste Nicken. Dafür starrte er angestrengt auf Marinas Ring.
    „Ja, nach der Form und den Markierungen nehme ich an, dass kein ganzes Jahr vergangen ist, seit du den Ring bekommen hast. Habe ich Recht?“
    Sie nickte. „Letztes Frühjahr war das.“
    „Und kennst du seine Bedeutung? Weißt du, dass er Teil von Nocturnas Großem Versprechen ist?“
    Schatten schaute Marina an, und ihre Augen wandten sich traurig ab. Sie sagte nichts.
    „Was ist los?“, fragte Penelope.
    „Ich habe das lange auch geglaubt“, sagte sie leise. „Dass er etwas bedeutet. Aber es stimmt nicht.“
    „Wie kommst du darauf?“
    „Wir haben andere beringte Fledermäuse getroffen, nicht welche von hier, sondern aus dem Dschungel. Sie sind groß, viel größer als wir. Sie konnten Vögel töten, sogar Eulen. Und sie haben Fledermäuse gefressen.“
    Penelope blickte sie schockiert an, und ein entsetztes Gemurmel ging durch den Dachboden.
    „Sprich weiter“, drängte Schirokko sie sanft.
    Marina berichtete alles, was passiert war, seit sie Goth und Throbb getroffen hatten. Die langohrige Fledermaus hörte aufmerksam zu, solange Marina sprach, unterbrach sie nur gelegentlich mit einer Frage. Nachdem sie ihm von der Flugmaschine erzählt hatte, die plötzlich gekommen war, und von den Menschen, die versucht hatten, sie mit Pfeilen zu töten, nickte er.
    „Die Menschen haben diese Fledermäuse aus einem bestimmten Grund eingesperrt.“
    „Goth hat gesagt, sie hätten sie studiert“, bot Schatten an. Er hatte langsam das Gefühl, dass man ihn ignorierte. Auch er war ein Teil dieser Geschichte, und es gefiel ihm nicht, dass Marina alles erzählen sollte. Aber Schirokko schaute ihn nur kurz an, ehe er sich wieder ihr zuwandte.
    „Das haben sie euch gesagt, aber ihr wisst, dass sie Lügner sind. Die Menschen wussten, welche Gefahr die Riesenfledermäuse für uns darstellen würden. Sie wollten diese Fledermäuse aus dem Himmel ausschließen. Es war nicht vorgesehen, dass sie entkommen sind.“
    „Nein“, sagte Marina. „Aber warum sind sie dann beringt worden?“
    Die gleiche Frage hatte Schatten auf der Zunge gelegen, aber sie war ihm zuvorgekommen.
    „Du hast gesagt, ihre Ringe waren schwarz. Dieses Detail ist mir aufgefallen. Keine einzige Fledermaus hier ist schwarz beringt worden. Unsere Ringe sind hell silbern wie die Sonne, weil wir zur Sonne zurückkehren sollen. Keine Fledermaus, die einen schwarzen Ring trägt, kann jemals die Nacht verlassen. Diese Fledermäuse sind sicherlich gekennzeichnet worden, aber nicht als Teil von Nocturnas Plan.“
    Marina blickte kurz zu Schatten und er konnte den Hoffnungsschimmer in ihren Augen sehen. Was Schirokko gesagt hatte, klang vernünftig. Aber da waren noch ein paar Dinge, die keinen Sinn ergaben. Er räusperte sich.
    „Warum haben die Menschen dann versucht uns zu töten?“, fragte er ruhig. „Einer von ihren Pfeilen hat mich beinahe getroffen.“
    Wieder gönnte ihm Schirokko nur einen ganz knappen Blick. Es war ganz so, als wäre er wieder im Baumhort und Chinook ignorierte ihn und keiner hörte ihm zu. Er fühlte sich unangenehm klein.

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