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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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„Grüezi, Herr Bradshaw. Bitte, nehmen sie Platz. Kaffee?“ – „Nein danke. Nachmittags nehme ich niemals etwas zu mir.“ Fionn sandte ein höfliches Nicken in Richtung von Frau Tobler, die ihm ein bezauberndes Lächeln schenkte, bevor sie mit wiegenden Hüften den Raum verliess. Erst wurden ein paar Höflichkeiten ausgetauscht, dann gingen sie zum Geschäftlichen über.

    Herr Breiteler informierte seinen Kunden über die Lage an den Kapitalmärkten und wagte einen Ausblick auf die kommende Entwicklung. Er nahm einen Depotauszug zur Hand, um Fionn über die Performance in Kenntnis zu setzen, die im Vergleich zur allgemeinen Marktentwicklung positiv bewertet werden konnte. Sie rekapitulierten die getätigten Transaktionen, und der Berater fragte ihn, ob er Anpassungen der Anlagestrategie wünsche. Fionn war zwar nicht wirklich zufrieden mit der Performance, würde Herrn Breiteler aber weiterhin sein Vertrauen schenken. Er veranlasste zum Schluss die Eröffnung eines Kontos für Rúna, auf das monatlich eine bestimmte Summe überwiesen werden sollte.

    Da Fionn nicht alterte, musste er seine Bank ständig wechseln. Im Fall der Hanse-Bank bedauerte er diesen Umstand, denn der Service war ausgezeichnet, die Beratung persönlich und diskret und die Empfangsdame... einfach köstlich! Herr Breiteler hatte ebendiese köstliche Empfangsdame gebeten, die Kontoeröffnungsunterlagen vorzubereiten. Wenig später klopfte es. Frau Tobler trat ein, hüllte Fionn in ihren umwerfenden Duft und reichte die Dokumente ihrem Vorgesetzten. Herr Breiteler überprüfte die Papiere eingehend, bevor er sie an Fionn weiterreichte. Ein Hauch von Saskia Tobler haftete daran, er atmete unwillkürlich ein. Rúna brauchte die Dokumente bloss noch zu unterzeichnen, zudem benötigte die Bank eine Passkopie.

    Fionn bedankte sich bei Herrn Breiteler und erhob sich. Sein Berater begleitete ihn selbstverständlich zur Tür. Als sie den Empfangstresen passierten, füllte Fionn seine Lungen mit Pfirsich und Sommerbrise, Luft, die er eigentlich gar nicht brauchte. „Auf Wiedersehen, Frau Tobler.“ Er schenkte ihr einen glühenden Blick und verliess das Bankgebäude. Heute Nacht wollte er auf die Jagd gehen.

Besuch auf dem Ponyhof

    Die enge, dicht besiedelte Schweiz war definitiv kein Land für Heiðar. Überall klafften gähnende, schwarze Löcher, die den Eisenbahn- und Strassenverkehr unter Tage beförderten. Er verliess die Autobahn vorzeitig, um nicht durch den 4,6 Kilometer(!) langen Islisbergtunnel fahren zu müssen. Es wäre ihm peinlich, Rúna zu gestehen, dass ihm Höhlen und Tunnels Angst einjagten.

    „Da vorn ist ein Lebensmittelgeschäft. Kannst du kurz anhalten? Ich möchte etwas Leckeres für Fengur besorgen“, bat Rúna, als sie das kleine Dorf im Reusstal erreicht hatten. „Bringst du mir auch was mit?“ – „Bist du etwa eifersüchtig?“ – „Du solltest nicht anderer Leute Pferde verwöhnen, es reicht schon, dass Hnota ständig schamlos bettelt.“ – „Wer gibt ihr denn jedes Mal mindestens ein Leckerli?“ – „Wenn ich das mache, dient es der Vertrauensbildung. Bei dir ist es bloss Verwöhnerei.“ – „Du bist heute mal wieder ganz schön vorlaut. Vergiss einfach, dass ich dir was mitbringe.“ Sie hüpfte aus dem Wagen, schlug die Tür zu und sprintete über die Strasse. Bevor sie den kleinen Laden betrat, winkte sie zuckersüss über die Schulter, er verdrehte gespielt genervt die Augen.

    Das Geschäft war etwa so gross wie der Supermarkt am Skólavörðustígur, wo sie für gewöhnlich einkauften. Rúna nahm sich einen grünen Einkaufskorb und hielt nach Karotten und Äpfeln Ausschau. Die Karotten waren für Fengur bestimmt, die rotglänzenden Äpfel wollten sie selbst essen. Während sie zwischen den Regalen stöberte, lauschte sie dem Gespräch zweier Kundinnen. Worüber unterhielten die sich bloss? Einzelne Worte verstand sie, ansonsten nur Bahnhof. Rúna packte schulterzuckend Kekse und eine Flasche Wasser in ihren Korb. Im Regal daneben lockte diese absolut leckere Milchschokolade, von der sie sich gestern schon eine Tafel gegönnt hatten. Einen einzigen Riegel hatte sie abgekriegt, der Rest war im Vampirtempo verschwunden. Sie überlegte, wie sie es anstellen könnte, die Schokolade vor Heiðar zu verstecken. Bei seinem sensiblen Geruchssinn ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen. Seufzend legte sie ihre Einkäufe aufs Band. Trotz komischem Schweizerdeutsch an der Kasse meisterte sie das Bezahlen

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