Silbernes Band (German Edition)
real.
Durch die Watteschicht drangen gedämpfte Geräusche, als wäre etwas mit Wucht durch den Flur geschleudert worden. Der fiese Typ grinste noch hämischer und kam ihr ganz nahe. „Gestatten, mein Name ist George. Fionn und ich kennen uns schon sehr lange.“ Es rumste abermals. Rúnas Augen weiteten sich, und sie glaubte, keine Luft mehr zu kriegen. Das Spiegelbild zeigte deutlich den Hass in George’s kalten Augen. „Da scheint jemand nicht erfreut zu sein, dass ich mir sein Lieblingsspielzeug ausborge. Ich könnte es ja kaputt machen..“, zischte er boshaft und blies ihr seinen eiskalten Atemhauch ins Gesicht. Etwas knallte an die Tür. Sie ahnte, was da draussen im Flur vor sich ging. Heiðar wurde beim Versuch, sie zu retten, brutal zusammengeschlagen.
Das bösartige Grinsen schien in George’s kalkweissem Gesicht eingefroren zu sein. „Mein Freund Stellan kümmert sich um die halbe Portion. Kannst du es hören?“ Es machte ihm Spass, sie zu quälen. Ob er sich gleich über ihre Kehle hermachte?
Die Geräusche auf dem Flur verstummten. Wo war Heiðar? Hatte dieser Stellan ihn womöglich getötet? „Fionn dachte wohl, er kann sein kleines Geheimnis vor mir verbergen. Ich muss zugeben, ich war sehr erstaunt, als ich feststellte, wozu Unsterbliche fähig sind. Obwohl es keinen Sinn macht, seine Selbstbeherrschung derart zu strapazieren und Kinder zu zeugen – man sieht ja, was dabei herauskommt. Nichts weiter als ein elender Bastard!“ Die eiskalte weisse Hand strich über ihre rechte Wange und weiter zur Kehle. Seine Fingernägel waren aussergewöhnlich lang und glänzten perlmuttfarben, als wären sie lackiert. Sie unterdrückte ein Würgen und verschloss rasch die Augen vor seinem hässlichen Anblick.
„Du riechst köstlich, weisst du das? Und wie lebendig dein Herz pocht.“ Die frostige Klaue griff an ihre linke Brust und drückte zu. Rúna keuchte vor Schmerz. „Ich sollte mich erst auf andere Weise mit dir vergnügen. Was meinst du?“ Sie glaubte, sich übergeben zu müssen, spuckte ihm reflexartig ins Gesicht, um die bittere Galle loszuwerden. „Was bist du für ein kratzbürstiges wildes Biest! Ich mag das.“ Der kräftige Griff um ihren Oberarm verstärkte sich, als wollte er ihre Knochen zermalmen. Sie presste die Lippen zusammen, um nicht aufzuheulen. Ihn anzuspucken war keine gute Idee gewesen, sie durfte diesen Psychopathen auf keinen Fall weiter provozieren. „Lass uns einen kleinen Ausflug machen!“ Er riss schwungvoll die Tür auf und schleppte sie auf den Flur. Heiðar war nirgends zu sehen. Die Angst legte sich wie eine eiserne Klammer um ihren Brustkorb und drohte sie zu ersticken.
Es hatte keinen Zweck sich zu wehren, deshalb liess sie sich anstandslos hinausführen. Aus dem nachtschwarzen Himmel ergossen sich kalte Schauer, begleitet von bissigen Windböen. Der prasselnde Regen durchnässte im Handumdrehen den feinen Strickstoff ihres Kleides. Der kalte Hauch liess sie frösteln. „Vorwärts! Wir haben’s eilig!“ Die eisige Hand zerrte grob an ihrem Arm. Rúna stellte fest, dass Fionns Mercedes weg war. Neben dem leeren Parkfeld stand ein mattschwarzer Maserati. Von kehligem Lachen begleitet, wurde sie in Richtung der Beifahrertür geschubst. Rúna schloss reflexartig die Augen und streckte die Arme vor, um sich abzufangen. Im Fallen hörte sie, wie blitzschnell die Tür aufschwang. Ihre Hände fanden nichts, um sich daran festzuhalten, sie stürzte kopfvoran auf den Beifahrersitz.
„Setz dich hin!“ George packte unsanft ihre Hüften, drehte sie und drückte sie in den kalten Ledersitz. Rúna zupfte hilflos ihr Kleid zurecht, das nach oben gerutscht war, schlang dann ihre Hände ineinander, um etwas Halt zu finden. Ihr Entführer sass schon hinterm Steuer und angelte lässig nach ihrem Sicherheitsgurt. Seine Hand mit der Gurtschnalle glitt betont langsam über ihre Brüste, bevor er den Gurt einklinkte. „Es ist lebenswichtig, sich anzuschnallen, ma Chère. Wir wollen doch nicht, dass dir etwas passiert?“ Er lachte nochmals dreckig, liess den Motor aufheulen und preschte brutal beschleunigend los, natürlich ohne sich selbst angeschnallt zu haben. Rúna versuchte sich den Weg zu merken. Trotz der Panik zwang sie sich, regelmässig zu atmen, wagte aber nicht, den Mund aufzumachen oder sich zu rühren. Sie stellte sich tot, wie das Häschen in der Grube.
„Du bist wirklich ein hübsches Ding, vielleicht etwas mager.“ Die weisse Hand legte sich
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