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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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geben. Aber... du hattest Recht, er ist gefährlich.“ Ihre Augen weiteten sich vor Schreck, ihre Stimme war bloss noch ein Flüstern: „Hat er dir etwas angetan?“ Heiðar legte beruhigend die Hand auf ihren Arm. „Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit. Ich war ziemlich wütend und habe ihn angegriffen. Er hat mir klar gemacht, dass ich gegen ihn keine Chance habe...“ Seine Mutter schnappte hörbar nach Luft, er beeilte sich deshalb weiterzusprechen: „Mir ist nichts passiert, nur ein paar blaue Flecke. Alles schon verheilt. Aber mir ist klar geworden, dass er sich in gewissen Situationen nicht wie ein Mensch verhält. Er hat seine eigenen Moralvorstellungen.“ – „Worum ging es bei eurem Streit?“, fragte sie vorsichtig. „Es gibt da eine Frau, für die ich mich interessiert habe. Sie arbeitet in der Buchhandlung am Skólavörðustígur. Ich habe Fionn von ihr erzählt. Er hat sie beeinflusst und ins Hotel mitgenommen. Danach hat er ihre Erinnerungen gelöscht.“
     
    Kristín strich besorgt über seinen Handrücken. „Das arme Ding. Hat er sie verletzt?“ - „Fionn sagt, er hat bloss mit ihr geredet. Ich weiss nicht, ob ich ihm glauben kann. Es macht mich ganz verrückt! Ich habe sie am nächsten Tag kurz gesehen, und es schien ihr gut zu gehen.“
     
    „Fionn ist kein Mensch, das wirst du akzeptieren müssen, wenn du weiterhin Kontakt zu ihm haben möchtest. Das musste ich damals auch schmerzlich erkennen, deshalb habe ich ihn verlassen. Vielleicht solltest du ihm aber trotzdem noch eine Chance geben?“ Heiðar nickte stirnrunzelnd: „Das würde ich sehr gerne, zumal die Sache mit dieser Frau im Sand verlaufen ist. Sie hat nämlich schon einen Freund...“ Kristín spürte, wie sehr es ihn schmerzte. Diese Frau schien besonderen Eindruck auf ihn gemacht zu haben. Sie tätschelte tröstend seine Hand und sah in die traurigen Augen. „Wie schade. Ich wünsche dir von Herzen, dass du ein nettes Mädchen kennenlernst, das dich so akzeptiert, wie du bist. Birna würde dich wohl gleich mit nach Hause nehmen. Sie fragt regelmässig nach dir. Ich glaube, du hast sie ziemlich beeindruckt.“ Er versuchte ein gequältes Lächeln. „Danke Mama.“
     
    Er nahm die Thermoskanne vom fahrbaren Nachttisch und goss zwei Becher Kaffee ein. Die Brühe war heute mal wieder extrem dünn, bloss ein kaffeeähnliches Getränk. Um die Kleinur darin zu tunken, damit sie besser rutschten, reichte es alleweil. Heiðar war noch immer pappsatt von dem Pferdeblut und brachte fast nichts runter.
     
    Er blieb noch eine halbe Stunde, bevor er sich mit einem Nicken von der Bettkante erhob. „Was wirst du tun?“ Sie liess ihn nicht ohne eine Antwort ziehen. Heiðar rang einen Moment mit sich. „Ich denke, ich rede nochmals mit Fionn.“ – „Gut so, mach das“, seuftzte sie erleichtert. Er küsste sie auf die Wange und machte sich auf den Heimweg.
     
     

Rabenschwarze Begierde

    Rúna wollte heute Abend in die Stadt. Sie fühlte sich aufgekratzt und beschloss, erst mal auf einen Drink ins Kaffi Sólon zu gehen.

    Das Sólon war schon ziemlich voll, obwohl es noch recht früh war. Rúna öffnete ihren Mantel, streifte ihre Wollmütze ab und schüttelte die frischgewaschenen Locken. Dann nahm sie den von munteren Stimmen erfüllten Raum ins Visier, um sich nach einem freien Tisch umzusehen. Sie stutzte. War das nicht Heiðar, da hinten in der Ecke? Er hatte sie offenbar schon längst gesehen, sie kriegte gerade noch mit, wie er den Blick von ihr abwandte. Sie fühlte ein eigenartiges Kribbeln in der Magengegend.

    Der freie Stuhl an seinem Tisch zog sie magisch an. Ihr Pulsschlag erhöhte sich bei jedem Schritt um ein paar Takte. Als sie den Tisch erreicht hatte, gab er vor, sie nicht zu bemerken, drehte sein Bierglas in den Händen und starrte vor sich hin. „Hallo Heiðar, was für ein Zufall.“ Er hob langsam den Kopf und musterte sie.

    „Darf ich mich zu dir setzen?“ Er verzog abweisend das Gesicht: „Glaubst du, das ist eine gute Idee?“ Rúna schluckte. „Bist du immer so launisch?“ Seine Antwort wartete sie erst gar nicht ab, drehte sich auf dem Absatz um, stolperte zum Ausgang, knöpfte flugs den Mantel zu, zog sich die weisse Mütze über und verliess mit hochrotem Kopf das Lokal.

    Er bestellte sich noch ein Bier. Drehte wieder das Glas in den Händen und starrte vor sich hin. Die süsse Woge, die von ihren frisch gewaschenen Haaren ausgegangen war, hüllte ihn immer noch ein.

    Als das Glas

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