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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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Vampire!“ Es klingelte. Heiðar öffnete mit Schwung die Tür zu seinem Klassenzimmer. „Guten Morgen!“ Er liess den Blick über die Klasse gleiten. Die Schüler verstummten und setzten sich ordentlich hin. Der schwarze Rucksack flog neben das Lehrerpult. „Sehr schön. Wir befassen uns heute mit den Folgen der Französischen Revolution.“
     
    Die Mittagspause nutzte er für eine kurze Joggingrunde mit Trausti. „Wie lief das Date mit Ólöf? Hattet ihr eine Menge Spass?“ Heiðar kam es vor, als läge seine letzte Affäre schon Jahre zurück. Alles, was vor jenem denkwürdigen 4. Oktober geschehen war, hatte keinerlei Bedeutung mehr. Für ihn zählte bloss noch Rúna, die er allerdings nicht haben konnte, und natürlich die Beziehung zu seinem Vater. Die im Moment aber auch eher auf Sparflamme lief.
     
    „Ólöf? Es war ganz nett. Wir sind essen gegangen.“ Trausti puffte ihn grinsend in die Seite. „Nichts weiter? Wolltest du sie nicht flachlegen? Sie war doch ganz wild auf dich.“ Heiðar verzog unwillig das Gesicht. Er hatte absolut keine Lust über seinen letzten One-Night-Stand zu sprechen. „Ich war hinterher noch bei ihr. Aber ich werde sie nicht wiedersehen. Das war von Anfang an klar.“ – „Das heisst, wir können am Wochende ungehindert losziehen? Ich hab nämlich letzten Samstag zwei süsse Schnecken gesichtet. Mal sehen, ob die auf uns abfahren. Was meinst du?“ Heiðar runzelte mühsam die Stirn. „Ohne mich. Ich hab im Moment viel um die Ohren.“ – „Na hör mal! Was sind das für Töne? Kommst du wenigstens auf ein Bier, heute Abend? Helga und Arna kommen auch mit. Helga wär doch was für dich.“ – „Nein danke. Ich brauch dringend neue Klamotten und wollte gleich nach der Arbeit ins Kringlan fahren.“ Trausti warf ihm einen verständnislosen Blick zu. Bevor er einen Kommentar abgeben konnte, erhöhte Heiðar sein Tempo und lief ihm einfach davon. Trausti schüttelte verwirrt den Kopf und versuchte seinem Freund zu folgen.
     
    Das Einkaufszentrum ausserhalb der City bot auf drei Etagen alles, was man zum Leben brauchte. Heiðar ging schnurstracks zu seinem bevorzugten Herrenmodegeschäft im zweiten Stock und prüfte schnell und gründlich das Angebot. Er wählte eine dunkelblaue geknöpfte Jeans und drei Hemden: ein hellblaues mit dezentem Karomuster, ein dunkelrotes und ein weisses mit feinen grauen Streifen, eilte zur Kasse und bezahlte mit Karte. Warum dauerte es so lange, bis man ihm die Tüte rüberschob? Er wollte einfach bloss raus hier! Das Kringlan war heute zu voll für seinen Geschmack.
     
    Als er flott der Rolltreppe nach unten zustrebte stieg ein flüchtig bekannter Geruch in seine Nase. Der Herzschlag und die dazugehörige Stimme waren auch zu hören. Rúnas Freund. Rúnas Duft, Herzklang und Stimme konnte er nicht ausmachen. Ob er das bedauern sollte? Nein, er war fest entschlossen, nicht weiter darauf zu achten. Dieser Typ ging ihn nichts an und Rúna schon gar nicht! Er wollte nicht in der zweiten Reihe warten, bis sie ihn vielleicht irgendwann erhörte, musste sie so schnell wie möglich vergessen. Obwohl das unmöglich war, weil er niemals etwas vergass. Erfolglos versuchte er, nicht in die Richtung zu blicken, aus der Stimme, Herzschlag und Geruch kamen. Seine Neugier siegte. Heiðar liess den Blick in die Jeans-Boutique zu seiner Rechten schweifen. Der grosse Blonde wartete vor der Umkleidekabine. Er wirkte nicht unsympathisch, mit seinem schiefen Lächeln, das er ständig angeknipst hatte. Der Glückliche! Wusste er überhaupt, was er besass?
     
    Der schwarze Vorhang der Umkleidekabine wurde zur Seite geschoben und ein junger Mann mit hellbraunen schulterlangen Haaren trat heraus. „Was meinst du? Ist die nicht schick?“ Er drehte sich lächelnd um die eigene Achse und präsentierte Rúnas Freund eine schmal geschnittene tintenblaue Jeans.
     
    „Die steht dir ausgezeichnet!“, erwiderte Rúnas Freund, trat auf den jungen Mann zu, und – Heiðar stutzte – küsste ihn ziemlich eindeutig und sehr zärtlich auf den Mund. Ein richtiger Kuss. Heiðar fiel es wie Schuppen von den Augen. Das war nicht Rúnas Freund! Der Blonde mit dem schönen Lächeln war vielleicht ein Freund, aber er war ebenso offensichtlich schwul und ziemlich verliebt in den braunhaarigen jungen Jeansträger!
     
    Sein Herz schaffte rekordverdächtige 57 Schläge pro Minute. Gab es eine Chance, dass er Rúna doch haben konnte? Er musste sofort zur Buchhandlung! Hoffentlich

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