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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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gesehen und angenommen, er ist mein Freund.“ Snorris schiefes Grinsen wurde noch breiter. Natürlich konnte man auf die Idee kommen, sie wären ein Paar, das glaubten wohl auch die meisten ihrer Nachbarn. Sie mochten einander, gingen oft Hand in Hand und küssten sich schon mal auf den Mund, da war doch nichts dabei. „Hast du mich wieder betrogen!“, mokierte sich Palli mit theatralischer Geste und wandte sich dann mit gespielter Entrüstung an Rúna: „Kannst du bitte in Zukunft nur noch mit deinem Heiðar turteln!“ Er schnalzte nochmals missbilligend, und dann lachten sie alle.
     
    „Dein Schellfischauflauf schmeckt übrigens sagenhaft. Du hast dich glatt selbst übertroffen“, lobte Rúna, um hoffentlich von Heiðar ablenken zu können. „Danke, mein Herz. Zum Nachtisch gibt’s Schokopudding. Das heisst, sofern du mir verrätst, wann du deinen Traummann mit nach Hause bringst...“ Snorri war zwar ein Schatz, aber leider auch schrecklich neugierig. Geheimnisse vor ihm zu haben war fast unmöglich. Rúna verdrehte die Augen. „Ich will ihn doch erst mal kennenlernen. Aber ihr könnt ja morgen Abend durchs Wohnzimmerfenster linsen, wenn er mich abholen kommt.“ – „Also ich finde, dass er dich hier in der Wohnung abholen sollte. Das hat viel mehr Stil. Und wir wären ganz zufällig zu Hause“, schlug Palli vor. „Mal sehen, was sich machen lässt. Vielleicht brauch ich ja etwas länger im Bad, dann wäre es unhöflich, ihn in der Kälte warten zu lassen. Aber versucht ja nicht mit ihm zu flirten!“, warnte sie mit blitzenden Augen. Ihre Wangen waren schon wieder ganz rot. „In Ordnung. Du lässt dir Zeit im Bad, damit wir mit ihm flirten können.“ Bevor sie ihn schlagen konnte, schob Snorri ihr blitzschnell eine Schüssel Schokoladenpudding vor die Nase. Damit konnte man die wilde Rúna leicht besänftigen.
     
     

Geständnisse

    Die Angestellte des Kaffi Mokka sah dem schwer Verliebten schmunzelnd hinterher, wie er in lockerem Trab den Skólavörðustígur überquerte und in einer Seitenstrasse verschwand. Es störte Heiðar nicht im Geringsten, dass schon wieder eine Parkbusse unterm Scheibenwischer klemmte. Musste wohl an dem köstlichen Nebel aus Wollgras, Flieder und Frühlingssonne liegen, der ihn betörte. Dazu hörte er ständig den Klang ihrer schönen Stimme. Ihr hingehauchter Kuss hatte eine seidige Wärme auf seiner Wange hinterlassen.

    Er fuhr erst mal nach Hause. Fionn konnte ruhig eine Weile warten. Immer noch durstig, holte er sich einen Krug Wasser und machte den Fernseher an, um sich die Nachrichten anzusehen. Der Sprecher verlas eine Vermisstmeldung: Die zwanzigjährige Auður Stefánsdóttir, wohnhaft in Garðabær, war Samstagnacht in Reykjavík verschwunden. Ihren Wagen hatte man ordentlich geparkt vorgefunden, aber sie blieb vermisst. Heiðar starrte entsetzt auf das eingeblendete Foto auf dem Fernsehschirm. Es war die hübsche Brünette, die ihn angesehen hatte, bevor sie in der Hotelbar verschwunden war. Hatte Fionn die Frau auf dem Gewissen? Ob es klug war, ihn danach zu fragen? Immerhin wollte er sich heute mit ihm versöhnen. Andererseits war er selbst in den Schlagzeilen. Sein Vater hatte den Artikel über das tote Pferd bestimmt gelesen und seine Schlüsse gezogen. Heiðar schaltete den Fernseher aus und machte sich auf den Weg zum Hotel Borg .

    Fionn erwartete ihn in der geöffneten Zimmertür. „Es freut mich, dass du hergekommen bist, mein Sohn.“ Das schöne Gesicht blieb unbewegt, Heiðar wusste nicht, was das bedeutete. In der luxuriösen Umgebung fühlte er sich gleich wieder etwas unwohl. Zögerlich setzte er sich seinem Vater gegenüber in den bequemen Sessel.

    Fionn kam gleich zur Sache: „Ich möchte gerne unseren Konflikt beilegen und hoffe, du siehst das genauso.“ – „Unbedingt. Es wäre schade, wenn wir deswegen gleich alles hinschmeissen. Das können wir immer noch, wenn wir feststellen, dass unsere Eigenheiten unvereinbar sind. Aber du musst akzeptieren, dass du dich nicht in alles einmischen kannst.“ – „Du hast natürlich Recht, mein Sohn. Da ich mich für dich verantwortlich fühle, fällt es mir schwer, mich zurückzuhalten. Unsterbliche neigen dazu, alles zu kontrollieren. Mir ist klar geworden, dass es ein Problem für dich darstellt, wenn ich die Frau, die du begehrst, ins Hotel mitnehme. Du musst mir glauben, dass ich sie nicht angerührt habe, es war reine Neugierde. Du solltest wissen, was sie mir erzählt hat. Es

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