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Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Titel: Silbernes Mondlicht, das dich streichelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Verästelungen in den Blättern der Bäume zu erkennen
waren.
    Fasziniert und von Ekel erfaßt
zugleich, schlug Neely die Hände vor den Mund. Während sie Maeves Gesicht
betrachtete, das cremeweiß war und nur einen schwachen Hauch von Farbe auf den
Wangen aufwies, entdeckte Neely Freude in ihren großen blauen Augen und auch
eine Spur von Angst.
    Der Wandteppich war eine grausame
Mahnung, daß noch sehr viele Dinge einer Lösung bedurften, bevor Aidan und
Neely auf ein gemeinsames Leben hoffen konnten. Der Anblick erschütterte und
verängstigte sie.
    »Ist er nicht wunderschön?« fragte
eine Frau neben Neely plötzlich. Sie biß sich nur auf die Lippen und nickte
stumm.
    Die Frau, die ein einfaches braunes
Kleid trug, eine Perlenkette und ein Namensschild, das sie als Mrs. Baxter
auswies, eine Angestellte des Museums, lächelte und zeigte ihre langen, grauen
Zähne. »Dieser Wandteppich ist beinahe zweihundert Jahre alt. Wir haben uns
sehr bemüht, ihn in gutem Zustand zu erhalten.«
    Neely fand endlich ihre Stimme
wieder. »Er ist ...«
    »Ziemlich gräßlich«, stimmte Mrs.
Baxter heiter zu. »Aber das Gewebe selbst beweist doch ein schon fast
übernatürliches Talent, finden Sie nicht?« Sie machte eine Pause und betrachtete
das ominöse Kunstwerk ernst. »Man könnte fast an Vampire glauben, wenn man ein
solches Stück betrachtet!«
    »Ja, fast«, stimmte Neely
erschüttert zu. Von Aidan wußte sie, daß es Valerian gewesen war, der Maeve in
einen Vampir verwandelt hatte, auf ihren eigenen Wunsch hin. Dennoch fand Neely
es schockierend, eine solch perfekte Darstellung des Ereignisses zu sehen.
    Von plötzlicher Übelkeit erfaßt,
verließ sie hastig das Museum. Auf der Straße atmete sie erleichtert auf, doch
da ein Schneesturm aufgekommen war, konnte sie kein Taxi finden.
    Zum Glück lag das Willy-Nilly, eine
Kombination aus Club und Restaurant, nur wenige Häuserblocks entfernt, und
Neely war fast dankbar für die eiskalte Luft, die sie auf dem Weg einatmete.
Als sie die wenigen Stufen in das Kellerlokal hinunter-schritt, fühlte sie sich
schon etwas besser.
    Wendy war bereits da und empfing sie
lächelnd; ihr kastanienbraunes Haar schimmerte unter den fluoreszierenden Lichtern.
In einem altmodischen schwarzen Chiffonkleid, einer geblümten Weste und
hochhackigen Pumps aus irgendeinem Trödlerladen, wirkte sie entzückend
theatralisch.
    Sie umarmten sich, und Wendys blaue
Augen strahlten vor Glück, als sie Neely ihren großen, gutaussehenden Freund
Jason Wilkins vorstellte.
    Neben diesen Menschen begann Neely
sich wieder einigermaßen normal zu fühlen, und da sie wußte, daß das Gefühl
vielleicht leider nur vorübergehend war, klammerte sie sich verzweifelt daran
fest.
    Bei Krügen dunklen Biers und Fisch
und Chips, die auf Zeitungspapier serviert und mit Essig besprenkelt wurden,
plauderten Wendy und Neely angeregt, wobei sie jedoch darauf achteten, Jason
in ihre Unterhaltung einzubeziehen. Wendy erzählte Neely zuerst von ihrem Leben
in London, dann stützte sie die Ellbogen auf den Tisch und forderte: »So — und
wie war diese Geschichte mit dem Senator und dem Drogenkartell, von der du am
Telefon sprachst?«
    Neely berichtete ihr, was sich
ereignet hatte, angefangen von ihren ersten Verdachtsmomenten bis hin zu dem
Augenblick, als sie das gesamte Beweismaterial dem FBI übergeben hatte.
    Wendys Augen wurden immer größer.
»Sie haben dir nicht geholfen?«
    »Ich habe mich zuerst an die
falschen Leute gewandt. Ich nehme an, daß sie die Beweise gleich vernichtet
haben.«
    »Hast du dich an die Polizei
gewandt?« warf Jason ein.
    Neely schüttelte den Kopf. »Nein.
Nach dem Debakel mit dem FBI hatte ich Angst, noch irgend jemandem zu
vertrauen. Ich verbarg die Kopien, die ich von den Dokumenten angefertigt
hatte ...« Sie brach ab, errötete und schaute Wendy dann offen an. »Ich bin zu
deinem Haus in Maine gefahren und habe sie unter einer losen Diele im Schuppen
versteckt. Dann bin ich mit dem Bus nach Bright River gefahren, wo mein Bruder
lebt. Aus verständlichen Gründen hielt ich es für besser, für eine Weile
unterzutauchen.«
    »Vielleicht war es falsch, auf
direktem Weg zu Ben zu fahren«, bemerkte Wendy. Falls sie ahnte, daß zwischen
Neelys Problemen und der Explosion ihres Hauses eine Verbindung bestand, ließ
sie es sich nicht anmerken. »Ich meine, dort hätten sie dich doch zuerst
gesucht.«
    »Ich weiß.« Neely seufzte. »Aber ich
war zu keinem klaren Gedanken fähig, Wendy — ich

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