Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
Verhängnis großziehen würde. Es war nicht wichtig, dass dein Vater ein Vampir gewesen war, du würdest nicht zu jener Welt gehören. Du warst alles, was mir von Elaine geblieben war. Du warst meine Enkelin und ich wollte dich nicht auch noch verlieren. Ich brauchte dich bloß fernzuhalten vom Orden und den Familien, um dir ein einfaches und langes Leben zu ermöglichen …«
Ihr Bedauern zeichnete neue Runzeln auf ihr Gesicht und Winter musste den Blick abwenden.
»Verzeih mir, ich hatte nicht die Kraft, dich deinen Vater lieben zu lehren.«
Mich selbst zu lieben hast du mich nicht gelehrt, Oma , erkannte das Mädchen verzweifelt. Es ist der Teil von ihm, der in mir überlebt, ein Teil, von dem ich mich nie befreien werde, sosehr wir uns alle auch bemühen …
Dann fiel ihr Blick auf die tränenfeuchten Wangen Marions.
Was für einen Sinn hatte es, sie noch mehr zu verletzen?
»Macht nichts«, sagte sie tapfer und umarmte ihre Großmutter lang und fest. »Das ist Vergangenheit, Oma …«
»Mach dir morgen einen schönen Tag mit deinen Freunden«, sagte Marion nach einiger Zeit.
Das Geheimnis lag vielleicht genau darin. Sie saßen in der Küche und nebenan schlief Gareth. Es war die Gegenwart, mit der sie sich auseinandersetzen musste.
»Madison hat sich rührend um mich gekümmert in dieser Zeit. Auch sie hat dich sehr gern.«
»Ich weiß«, erwiderte Winter.
So sehr, dass sie ihr nicht einmal übel nahm, ihretwegen entführt worden zu sein, und ein Fest zur Feier ihrer Rückkehr nach London organisiert hatte, an dem ein Vampir teilnehmen würde.
Die Sehnsucht erwachte ganz plötzlich, ungeachtet der vielen Emotionen an diesem Tag, und Winter wurde sich bewusst, dass sie ihrer Großmutter nie von Rhys erzählt hatte.
»Morgen kommt noch jemand aus Cae Mefus«, sagte sie rasch.
Die Großmutter nickte lächelnd und Winter zwang sich weiterzureden.
»Es ist einer der Vampire der St Dewi’s.«
Marion konnte nicht verhindern, dass sie für einen Augenblick erstarrte, dann entspannte sie sich wieder.
»Der Rat wäre wahrscheinlich nicht begeistert«, sagte sie in neutralem Tonfall.
»Ist das ein Problem? Für dich, meine ich?«
Die Großmutter schüttelte den Kopf und seufzte. »Du bist ein intelligentes Mädchen, mein Schatz. Wir haben schon viel zu viele Entscheidungen für dich getroffen, um dich zu schützen.«
Winter bemühte sich um ein Lächeln, doch innerlich hatte sie das Gefühl, ihre Großmutter soeben hintergangen zu haben.
A n diesem Samstagabend war das Rainbow voll wie immer, aber Winter war glücklich, hier zu sein. Und mit Gareth waren diesmal wirklich alle ihre Freunde da.
»Danke, Mad«, wiederholte sie zum hundertsten Mal.
Madison Winston zuckte die Achseln und lächelte breit.
Sie hatte sich gut erholt von dem schrecklichen Vorfall in Cae Mefus, und die vergangenen Wochen hatte sie genutzt, um die grüne Strähne und die tizianrote Färbung ihrer Haare aufzufrischen.
Die gute alte Mad … Der Beweis dafür, dass nicht die Welt sich geändert hatte, sondern nur ihre Art, sie zu sehen.
»Hör auf!«, schrie Madison, um das Getöse zu übertönen. »Und sieh zu, dass du dich amüsierst. Dafür sind wir schließlich hier, oder nicht?«
Winter nickte voll guten Willens und wandte sich wieder der Bühne zu, wo die Sin-derella gerade zu einem neuen Song ansetzten.
»Hey, dein Bruder hat sich wirklich verbessert, Mad«, sagte sie nach den ersten samtenen Basstönen.
Dann setzte der Sänger halblaut ein. Winter murmelte ganz automatisch den Songtext mit. Es war eine Coverversion der Eels, eine kurze, romantische Ballade, die ihr schon immer gefallen hatte.
My beloved monster and me, we go everywhere together.
Sie spürte Rhys’ Arm, der ihre Taille umfing, und legte ihren Kopf an seine Schulter.
But if you lay her down for a kiss, her little heart it could explode …
»Ich bin froh, dass du gekommen bist«, flüsterte sie ihm ins Ohr.
»Ich werde immer für dich da sein, das habe ich dir bereits gesagt.«
Madison betrachtete die beiden eine Weile. Sie wusste, dass sie nicht die Einzige war; auch Gareth am Tresen warf ihnen beunruhigende Blicke zu.
Sein Gesichtsausdruck war so traurig, dass sie nicht anders konnte, als zu ihm hinzugehen.
»So verdirbst du dir den Abend …«
Der Junge lenkte den Blick auf sie, brauchte aber eine Weile, bis er sie erkannte.
»Ich glaube nicht, dass es noch schlimmer kommen kann«, erwiderte er und schüttelte den Kopf. Eine aschblonde
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