Silver Moon
paar Meter weiter war die Einfahrt zum Hof sichtbar. Mia saß aufgeregt neben mir.
»Halt bitte an! Ich steige lieber hier aus und schleiche wieder an den Waldrand, die müssen mich nicht unbedingt sehen.«
»Ich denke, die sind so nett?«, konterte ich. »Ja, das sind sie auch. Aber die wollen bestimmt nicht, dass ich mich den ganzen Nachmittag bei ihren Pferden herumtreibe. Nein, ich beobachte die Tiere lieber vom Wald aus. Da hinten ist eine Mulde im Gras, da liege ich immer, dort ist es schön!«, erzählte sie mir und deutete auf eine Wiese mit vielen Wildblumen. »Also gut, dann wünsche ich dir einen schönen Tag und geh nicht zu spät nach Hause, du weißt, was sonst geschehen kann!« Mia wurde augenblicklich ernst und nickte betroffen. »Natürlich, Kira. Und dir viel Glück!«
Ja, das konnte ich gebrauchen. Mir war unwohl, als ich meinen Kombi auf den Hof der Moores lenkte. Ein großes Bauernhaus mit vielen kleineren Nebengebäuden erwartete mich, darunter auch die rote Hütte, von der Mia erzählt hatte. Gleich davor blühte ein großer Magnolienbaum mit wunderschönen purpurfarbenen Blüten. Ich wusste im ersten Moment gar nicht, wo ich mich hinwenden sollte, und sah mich hilflos um. Plötzlich kam eine junge Frau, die schwarze, kurze Haare hatte und ein langes Kleid trug, aus der riesigen Scheune. In ihrer rechten Hand hielt sie einen Eimer – sie kam lächelnd auf mich zu.
»Hallo, kann ich dir irgendwie helfen?«, fragte sie freundlich.
»Ich vermute ja …«, begann ich stotternd und wusste nicht recht weiter. »Ich bin eigentlich wegen zwei Anliegen hier. Äh, du gehörst doch zu den Moores, oder?«, vergewisserte ich mich.
»Ja, ich bin Anouk Moore«, sagte sie, stellte den Eimer ab und reichte mir ihre Hand. »Kira Bach, freut mich. Äh, ich komme wegen eurem Hund … jedenfalls vermute ich, dass es euer Hund ist«, begann ich und Anouk wurde abrupt ernst.
»Moment bitte, ich hole meinen Großvater!«, sagte sie hektisch und verschwand augenblicklich. Ich war verunsichert und stand wieder alleine auf dem Hof. Was war das für eine Reaktion gewesen? Sie schien aufgewühlt, als ich das Thema Hund angesprochen hatte. Ich selbst wurde auch nervös und trat von einem Bein auf das andere, bis plötzlich die Tür des großen Hauses aufging und Anouk mit einem alten Mann zurückkam.
»Das ist mein Großvater, Robert Black Bird!«, stellte sie mir den älteren Herrn mit den grauen langen Haaren vor, der mich interessiert beäugte. »Freut mich, Herr … äh …«, stockte ich und wusste nicht, wie ich den Mann anreden sollte. Er spürte meine Verlegenheit und griff ein. »Für die Jüngeren bin ich Tunkasila, das bedeutet Großvater, aber nenn mich einfach Bob, das tun hier fast alle!«
»Bob, gut …«, stammelte ich und hatte den Faden verloren.
»Du weißt, wo unser Hund ist?«, fragte der alte Mann und betonte das Wort Hund eigenartig. Ich glaubte zu wissen, weshalb.
»Nun ja, ich denke es ist Ihr … Hund … Wolfshund «, brachte ich es auf den Punkt und in den Gesichtern von Anouk und Bob ging ein Leuchten auf. Robert Black Bird fasste sich ans Herz und begann zu lächeln – wie erleichternd das war.
»Geht es ihm gut?«, fragte Anouk und sah mich wissbegierig an, auch die Augen von Bob ruhten neugierig auf mir. Ich nickte verlegen. »Ja, einigermaßen, denke ich jedenfalls. Aber er wurde angeschossen. Meine Schwester hat ihn gestern gefunden und wir haben ihn in eine nahe gelegene Hütte gebracht. Ich bin Krankenschwester und habe seine Wunde versorgt, heute geht es ihm schon viel besser!« Die Moores hingen an meinen Lippen. Ganz unvermittelt kam Bob zu mir, nahm meine Hände und drückte sie leicht. Meine Verlegenheit steigerte sich und ich sah beschämt zu Boden.
»Hab Dank, wir stehen auf Ewig in deiner Schuld!«
»Nicht der Rede wert, das habe ich gern getan! Er ist so ein wunderbarer … Hund . Werden Sie ihn abholen?«, fragte ich vorsichtig und kannte die Antwort. Da ich aber auch die Reaktion seiner Familie kannte und deren tiefe Zuneigung für Prinz nicht zu übersehen war, glich es einer Erleichterung zu hören, dass Bob ihn schnellstens holen wollte. »Mein Bruder Kai ist bei ihm. Sie sind beide im Wald, in einer Hütte. Diese ist braun und das Dach ist mit Laub bedeckt, sie ist nicht weit ent…«
»Ich kenne die Hütte und werde mich gleich auf den Weg machen! Kann unser Hund laufen oder sollte ich besser eine Trage mitnehmen?«, wollte Bob wissen. »Er humpelt, aber
Weitere Kostenlose Bücher