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Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.

Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.

Titel: Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Dreißig
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in die Höhe. Ruth nickte kaum merklich. Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen. Aber das getraute sie sich nicht, weil die anderen Schüler sie gewiss ausgelacht hätten. Auch der kleine Zauberer lächelte nur scheu zurück, freute sich aber riesig, dass Ruths Mutter mit seinem Besuch einverstanden war.
    Zu Ehren des Tages durfte der Gummibaum auf seiner Spitze einen Stern tragen. Die Riege der goldgerahmten Rektoren bekam augenzwinkerfrei. Statt dessen durften die würdigen Herren die vorüberkommenden Schüler anlachen, als hätte einer von ihnen den übrigen gerade einen ganz schrecklich lustigen Witz erzählt. Simsala zerbrach sich aber vor allem den Kopf darüber, wie er die Kinder seiner Klasse an seiner Freude teilhaben lassen könnte. Als er Herrn Martin mit den Heften der Erstklässler unter dem Arm eintreten sah, fiel dem Jungen plötzlich etwas ein.
    Der Lehrer ließ die Klasse erst noch etwas rechnen. Danach sangen sie ein Lied. Dann war die Zeit für die Hefte gekommen.
    »Die Wörter mit F sind ein wenig tückisch«, stellte Herr Martin fest. »Warum?«
    »Weil sie sich gar nicht alle mit F schreiben«, versuchte ein Mädchen zu erklären.
    Der Lehrer nickte lächelnd. »Ja, manche hören sich so an, als müssten sie mit F beginnen, und stattdessen beginnen sie mit V oder gar mit Ph. Ich habe euch die Fehler mit roter Tinte angestrichen. In manchen Heften geht es leider ein bisschen arg rot zu.«
    Die Kinder blickten einigermaßen betreten vor sich hin. »Nun schaut euch gut an, was ihr geschrieben habt, und besonders auch das, was ich verbessert habe. Was rot unterstrichen ist, schreibt ihr bitte noch dreimal richtig in eure Hefte«, sagte Herr Martin und drehte sich zum Lehrertisch um, um die Hefte auszuteilen. »Ich helfe Ihnen«, erklärte Simsala da schnell.
    »Wie willst du mir denn helfen?«, fragte Herr Martin. »Sie geben mir ein Heft, und ich trage es dem, dem es gehört, an seinen Platz.«
    Herr Martin war einverstanden, und so machten sie es denn. Der Lehrer rief nun, indem er ein Heft nach dem anderen vom Stapel nahm, nacheinander die Kinder auf, lobte oder ermahnte sie, und dann durfte Simsala die Hefte zu ihnen bringen.
    Weil er selbst dann bereits schon wieder zum Heftestapel schaute, merkte Herr Martin eine ganze Weile gar nicht, was vorging, und die Erstklässler, die es ganz schnell heraus hatten, gaben sich die allergrößte Mühe, möglichst ernst zu bleiben, und grinsten nur ganz leise. Der kleine Zauberer tat gar nicht viel. Er wedelte mit den Heften nur ein ganz klein wenig in der Luft herum. Das aber hatte zur Folge, dass sich die rote Tinte, die Herr Martin benutzt hatte, von den Seiten löste, unten am Heftrand herausgeflossen kam und still auf den Fußboden tropfte. Die Kinder jedenfalls waren begeistert. Herr Martin war durchaus nicht begeistert, als er endlich darauf aufmerksam wurde.
    »Simsala«, sagte er so streng, wie er bisher noch nie zu dem kleinen Zauberer gesprochen hatte, »wofür habe ich mir all die Mühe gegeben, eure Heft nachzusehen, wenn du mit deinem Wedeln alles gleich wieder zunichte machst? Wie wollt ihr denn lernen, was richtig ist und was falsch, wenn ich euch die Fehler nicht anstreichen soll?«
    »Wir wissen es ja auch so.«
    Die Erstklässler versuchten, den kleinen Zauberer zu verteidigen.
    »Seid ihr euch so sicher?«, fragte der Lehrer zurück. Er nahm das Heft von Ruth, die direkt vor ihm saß, um zu prüfen, ob sie wirklich selbst sagen könnte, welche Wörter sie richtig geschrieben hatte und welche nicht. Als er die Seiten, die er verbessert hatte, aufschlug, leuchtete ihm allerdings ein, dass die Kinder es auch so wussten. Zwar war kein falsches Wort mehr rot unterstrichen, aber über allen richtigen Wörtern leuchteten kleine goldene Sternchen. Und das waren bei Ruth eine ganze Menge. »Hm«, nickte Herr Martin, »das ist allerdings auch eine Art. Die muss ich mir merken.«
    Simsala saß über sein Heft gebeugt und konnte nicht begreifen, was er sah. Zwar war auch bei ihm keine Spur von der roten Tinte des Lehrers übriggeblieben, aber es leuchtete ihm auch kein einziges goldenes Sternchen entgegen. Hatte denn der Zauber in seinem eigenen Heft nicht gewirkt?
    Herr Martin merkte, dass das Kind mit etwas unzufrieden war.
    »Was fehlt dir denn, Simsala?«, fragte er den kleinen Zauberer.
    Der Junge wies wortlos auf sein Heft, in dem er mit solcher Mühe - und ganz ohne Zaubern - geschrieben hatte:
    Fater Fogel Feil
    (Der Lehrer hatte

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