Sina auf heißer Spur
bitter. âLass mal, das hat keinen Zweck!â
âWie meinen Sie das?â
âSelbst wenn alle Vögel sterben sollten, ist das juristisch gesehen nur ein Fall von Sachbeschädigung. Hier wurde nicht eingebrochen und Menschen sind auch nicht zu Schaden gekommen. Und die Vögel sind kein Vermögen wert, also wird sich kein Polizist der Welt ein Bein ausreiÃen, um den Täter zu fassen.â
âDas Ganze gilt nur als Sachbeschädigung? Sind Sie sich da sicher?â, fragte Hannah.
âLeider. Das ist, wie wenn einer einen Zaun besprüht oder Mülltonnen umwirft.â
âNur dass man den Zaun hinterher streichen und die Mülltonnen wieder aufstellen kannâ, sagte Hannah.
âDas ist gemein und ungerechtâ, flüsterte Sina.
Dr. Knopfler nickte düster. Danach versanken sie wieder in Schweigen.
Dann passierten mehrere Dinge auf einmal.
Sues Offroader fuhr auf den Hof und parkte neben dem Wagen von Dr. Knopfler. Die Türen sprangen auf und Sue und Mike stiegen aus.
Washington erhob sich sofort und rannte zu Sue.
Im gleichen Moment regte sich etwas unter der Decke. Eines der Stockentenmännchen streckte den grünen Hals ins Freie. Dann schob sich der Rest des Körpers nach drauÃen.
âErnieâ, flüsterte Hannah. âEr lebt!â
Der Erpel hockte reglos am Rand der Decke. Jetzt begann er sich zu putzen. Als er mit dem Kopf unter seinen rechten Flügel fuhr, verlor er das Gleichgewicht und fiel um.
Sina, Hannah und Dr. Knopfler zogen gleichzeitig die Luft ein.
â Whatâs going on?â, fragte Sue. â Whatâs wrong? â
Ernie rappelte sich wieder hoch und fuhr fort, sich zu putzen, als ob nichts geschehen sei. Dr. Knopfler schob sein Stethoskop in die Ohren, um ihn abzuhören, aber als er nach dem Erpel griff, zappelte der so wild, dass er ihn wieder loslieÃ. Ernie schüttelte sich, dann stolzierte er weg. Er schwankte ein bisschen beim Gehen, aber sonst schien er völlig normal.
Sue gab ein seltsames Geräusch von sich. Es klang wie ein Krächzen. Mit schreckgeweiteten Augen starrte sie auf die Decke, unter der die Vögel lagen.
âSie sind nicht tot!â, rief Sina.
Inzwischen war die ganze Decke in Bewegung. Nach Ernie erwachten die Gans Agathe, ein Seidenhuhn, der Truthahn und das Truthahnweibchen, eine weitere Gans und zwei Kaulhühner aus ihrer Ohnmacht. Fassungslos beobachteten Sue und Mike, wie sich die Vögel schüttelten und dann in alle Himmelsrichtungen davontaumelten. Die Hühner begannen sofort nach Körnern und Insekten zu scharren, als wären sie völlig ausgehungert.
âKann uns vielleicht irgendeiner erklären, was hier geschehen ist?â, fragte Mike.
Sie kauerten zu fünft um die Pferdedecke, auf der jetzt nur noch eines der Zwergseidenhühner und die kleine Wachtel lagen. Paula und Rosa. âWacht wieder auf, please, wake up â, flehte Sue. Sie hielt die Hände gefaltet, als ob sie betete.
âIch nehme die beiden mit in die Praxis und leg sie unter die Wärmelampe.â Dr. Knopfler beugte sich nach vorn und griff behutsam zu, dann hielt er in jeder Hand einen kleinen Vogelkörper.
Als er aufstehen wollte, begann Paula zu zappeln.
âSie kommt zu sich!â, jubelte Sina. âGott sei Dank!â
Vorsichtig legte der Tierarzt Paula wieder ab. Einen Moment lang blieb sie benommen sitzen. Dann rappelte sie sich hoch und marschierte weg.
â Hurray! â, rief Sue und fiel Mike um den Hals. â Well done! â
Dr. Knopfler blickte dagegen auf die kleine Wachtel, die noch immer regungslos in seiner groÃen Hand lag. Jetzt setzte er sein Stethoskop auf die flaumige, braunweiÃe Brust. Das Bruststück erschien Sina auf einmal grotesk groà im Vergleich zu dem zierlichen Vogelkörper.
âOje.â Der Tierarzt schüttelte den Kopf.
â What? â, fragte Sue. Ihre Stimme zitterte.
âTut mir leid.â Dr. Knopfler lieà Rosa ganz behutsam aus seiner Hand auf die Decke gleiten. âDie Kleine hat wohl zu viel von dem Gift erwischt. Sie hat es nicht geschafft.â
âRosa!â, rief Hannah. âOh nein! Es ist meine Schuld, es ist ganz allein meine Schuld!â
Sie begann hemmungslos zu weinen.
âWas redest du denn da, Hannah!â Sina legte einen Arm um die Freundin. âDu kannst doch nun wirklich nichts dafür.â
âWenn ich
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